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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 395. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Forts.)
während des Lebens des Erblassers geboren oder wenigstens
erzeugt war (b).

2. Wenn ein zur Erbschaft Berufener dieselbe aus-
schlägt, oder vor ihrem Erwerbe stirbt, so scheint es natür-
lich, daß in Folge dieser thatsächlichen Veränderung der
zunächst nach ihm Berufene an seine Stelle trete, welches
eine successio (ordinum, graduum) genannt wird. Diese
successio ließ man jedoch im alten Civilrecht nicht zu, in-
dem man sich ängstlich an den Buchstaben der Zwölf Tafeln
anschloß; der Prätor ließ dieselbe in den von ihm neu ein-
geführten Klassen der Erbfolge zu (c). Justinian aber
hat dieselbe allgemein zugelassen (d).

Diese zwei vorläufige Regeln vorausgesetzt, haben wir
jetzt genauer den Zeitpunkt zu bestimmen, nach dessen that-
sächlichen Verhältnissen die Intestaterbfolge zu regeln ist.
Als diesen Zeitpunkt können wir allgemein angeben den
Erbanfall, welcher jedoch nach Umständen in zwei ver-
schiedenen Zeitpunkten eintreten kann.

Wir haben in dieser Hinsicht zwei Fälle zu unter-
scheiden.

Der erste Fall ist der, wenn ein Testament vorhanden
ist, und nur durch dessen Entkräftung die Intestaterbfolge

(b) § 8 J. de her. quae ab
int.
(3. 1), L. 6. 7. 8 pr. de suis

(38. 16). -- Ueber die Gleich-
stellung des nasciturus mit dem
natus vgl. oben B. 2 § 62.
(c) Gajus III. § 12. 22. 28.
Ulpian. XXVI.
§ 5.
(d) § 7 J. de legit. agnat.
succ.
(3. 2).

§. 395. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Fortſ.)
während des Lebens des Erblaſſers geboren oder wenigſtens
erzeugt war (b).

2. Wenn ein zur Erbſchaft Berufener dieſelbe aus-
ſchlägt, oder vor ihrem Erwerbe ſtirbt, ſo ſcheint es natür-
lich, daß in Folge dieſer thatſächlichen Veränderung der
zunächſt nach ihm Berufene an ſeine Stelle trete, welches
eine successio (ordinum, graduum) genannt wird. Dieſe
successio ließ man jedoch im alten Civilrecht nicht zu, in-
dem man ſich ängſtlich an den Buchſtaben der Zwölf Tafeln
anſchloß; der Prätor ließ dieſelbe in den von ihm neu ein-
geführten Klaſſen der Erbfolge zu (c). Juſtinian aber
hat dieſelbe allgemein zugelaſſen (d).

Dieſe zwei vorläufige Regeln vorausgeſetzt, haben wir
jetzt genauer den Zeitpunkt zu beſtimmen, nach deſſen that-
ſächlichen Verhältniſſen die Inteſtaterbfolge zu regeln iſt.
Als dieſen Zeitpunkt können wir allgemein angeben den
Erbanfall, welcher jedoch nach Umſtänden in zwei ver-
ſchiedenen Zeitpunkten eintreten kann.

Wir haben in dieſer Hinſicht zwei Fälle zu unter-
ſcheiden.

Der erſte Fall iſt der, wenn ein Teſtament vorhanden
iſt, und nur durch deſſen Entkräftung die Inteſtaterbfolge

(b) § 8 J. de her. quae ab
int.
(3. 1), L. 6. 7. 8 pr. de suis

(38. 16). — Ueber die Gleich-
ſtellung des nasciturus mit dem
natus vgl. oben B. 2 § 62.
(c) Gajus III. § 12. 22. 28.
Ulpian. XXVI.
§ 5.
(d) § 7 J. de legit. agnat.
succ.
(3. 2).
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[485/0507] §. 395. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Fortſ.) während des Lebens des Erblaſſers geboren oder wenigſtens erzeugt war (b). 2. Wenn ein zur Erbſchaft Berufener dieſelbe aus- ſchlägt, oder vor ihrem Erwerbe ſtirbt, ſo ſcheint es natür- lich, daß in Folge dieſer thatſächlichen Veränderung der zunächſt nach ihm Berufene an ſeine Stelle trete, welches eine successio (ordinum, graduum) genannt wird. Dieſe successio ließ man jedoch im alten Civilrecht nicht zu, in- dem man ſich ängſtlich an den Buchſtaben der Zwölf Tafeln anſchloß; der Prätor ließ dieſelbe in den von ihm neu ein- geführten Klaſſen der Erbfolge zu (c). Juſtinian aber hat dieſelbe allgemein zugelaſſen (d). Dieſe zwei vorläufige Regeln vorausgeſetzt, haben wir jetzt genauer den Zeitpunkt zu beſtimmen, nach deſſen that- ſächlichen Verhältniſſen die Inteſtaterbfolge zu regeln iſt. Als dieſen Zeitpunkt können wir allgemein angeben den Erbanfall, welcher jedoch nach Umſtänden in zwei ver- ſchiedenen Zeitpunkten eintreten kann. Wir haben in dieſer Hinſicht zwei Fälle zu unter- ſcheiden. Der erſte Fall iſt der, wenn ein Teſtament vorhanden iſt, und nur durch deſſen Entkräftung die Inteſtaterbfolge (b) § 8 J. de her. quae ab int. (3. 1), L. 6. 7. 8 pr. de suis (38. 16). — Ueber die Gleich- ſtellung des nasciturus mit dem natus vgl. oben B. 2 § 62. (c) Gajus III. § 12. 22. 28. Ulpian. XXVI. § 5. (d) § 7 J. de legit. agnat. succ. (3. 2).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/507>, abgerufen am 19.05.2024.