§. 347. Widerstreit. Territorialrechte in demselben Staate.
In Stadtgebieten sind sie oft für diese einzelne Stadt erlassen, sei es von dem Landesherrn, dem diese Stadt un- terworfen war, oder auch von der städtischen Obrigkeit, mit Zulassung oder Genehmigung des Landesherrn.
Diese Entstehung besonderer Stadtrechte finden wir schon im Römischen Reiche, dessen einzelne Gemeinden nicht nur vor ihrer Vereinigung mit dem großen Ganzen das Recht eigener Gesetzgebung gehabt hatten, sondern dieses Recht auch durch jene Vereinigung nicht schlechthin einbüßten, wenngleich sie den in Rom neu erlassenen Gesetzen stets unterworfen waren (d). Sie sind es, durch welche über- haupt die Römischen Juristen Veranlassung erhielten, auf die hier vorliegende Untersuchung einzugehen (e). Sie bil- den hier, als Particularrechte, den Gegensatz gegen das ge- meine Römische Recht. -- Noch weit ausgedehnter und wichtiger aber waren die Stadtrechte, die sich im Italieni- schen Mittelalter fast in jeder Stadt ausbildeten, und die hier, als Particularrechte, nicht blos gegen das Römische Recht, sondern auch gegen das Lombardische, beide als ge- meine Rechte gedacht, den Gegensatz bildeten (f). Für sie wurde der Name Statuta als Kunstausdruck geltend, der dann auch auf andere Länder übertragen wurde, und an welchen sich die Lehre von den Statuta personalia, realia, mixta anschloß (§ 345 f.).
(d)Savigny Geschichte des R. R. im Mittelalter B. 1 Kap. 2.
(e) S. o. § 344.
(f) Geschichte des R. R. im Mittelalter B. 3 § 42. 189 B. 2 § 76.
§. 347. Widerſtreit. Territorialrechte in demſelben Staate.
In Stadtgebieten ſind ſie oft für dieſe einzelne Stadt erlaſſen, ſei es von dem Landesherrn, dem dieſe Stadt un- terworfen war, oder auch von der ſtädtiſchen Obrigkeit, mit Zulaſſung oder Genehmigung des Landesherrn.
Dieſe Entſtehung beſonderer Stadtrechte finden wir ſchon im Römiſchen Reiche, deſſen einzelne Gemeinden nicht nur vor ihrer Vereinigung mit dem großen Ganzen das Recht eigener Geſetzgebung gehabt hatten, ſondern dieſes Recht auch durch jene Vereinigung nicht ſchlechthin einbüßten, wenngleich ſie den in Rom neu erlaſſenen Geſetzen ſtets unterworfen waren (d). Sie ſind es, durch welche über- haupt die Römiſchen Juriſten Veranlaſſung erhielten, auf die hier vorliegende Unterſuchung einzugehen (e). Sie bil- den hier, als Particularrechte, den Gegenſatz gegen das ge- meine Römiſche Recht. — Noch weit ausgedehnter und wichtiger aber waren die Stadtrechte, die ſich im Italieni- ſchen Mittelalter faſt in jeder Stadt ausbildeten, und die hier, als Particularrechte, nicht blos gegen das Römiſche Recht, ſondern auch gegen das Lombardiſche, beide als ge- meine Rechte gedacht, den Gegenſatz bildeten (f). Für ſie wurde der Name Statuta als Kunſtausdruck geltend, der dann auch auf andere Länder übertragen wurde, und an welchen ſich die Lehre von den Statuta personalia, realia, mixta anſchloß (§ 345 f.).
(d)Savigny Geſchichte des R. R. im Mittelalter B. 1 Kap. 2.
(e) S. o. § 344.
(f) Geſchichte des R. R. im Mittelalter B. 3 § 42. 189 B. 2 § 76.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0043"n="21"/><fwplace="top"type="header">§. 347. Widerſtreit. Territorialrechte in demſelben Staate.</fw><lb/><p>In Stadtgebieten ſind ſie oft für dieſe einzelne Stadt<lb/>
erlaſſen, ſei es von dem Landesherrn, dem dieſe Stadt un-<lb/>
terworfen war, oder auch von der ſtädtiſchen Obrigkeit, mit<lb/>
Zulaſſung oder Genehmigung des Landesherrn.</p><lb/><p>Dieſe Entſtehung beſonderer Stadtrechte finden wir ſchon<lb/>
im Römiſchen Reiche, deſſen einzelne Gemeinden nicht nur<lb/>
vor ihrer Vereinigung mit dem großen Ganzen das Recht<lb/>
eigener Geſetzgebung gehabt hatten, ſondern dieſes Recht<lb/>
auch durch jene Vereinigung nicht ſchlechthin einbüßten,<lb/>
wenngleich ſie den in Rom neu erlaſſenen Geſetzen ſtets<lb/>
unterworfen waren <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#g">Savigny</hi> Geſchichte des<lb/>
R. R. im Mittelalter B. 1 Kap. 2.</note>. Sie ſind es, durch welche über-<lb/>
haupt die Römiſchen Juriſten Veranlaſſung erhielten, auf<lb/>
die hier vorliegende Unterſuchung einzugehen <noteplace="foot"n="(e)">S. o. § 344.</note>. Sie bil-<lb/>
den hier, als Particularrechte, den Gegenſatz gegen das ge-<lb/>
meine Römiſche Recht. — Noch weit ausgedehnter und<lb/>
wichtiger aber waren die Stadtrechte, die ſich im Italieni-<lb/>ſchen Mittelalter faſt in jeder Stadt ausbildeten, und die<lb/>
hier, als Particularrechte, nicht blos gegen das Römiſche<lb/>
Recht, ſondern auch gegen das Lombardiſche, beide als ge-<lb/>
meine Rechte gedacht, den Gegenſatz bildeten <noteplace="foot"n="(f)">Geſchichte des R. R. im<lb/>
Mittelalter B. 3 § 42. 189 B. 2<lb/>
§ 76.</note>. Für ſie<lb/>
wurde der Name <hirendition="#aq">Statuta</hi> als Kunſtausdruck geltend, der<lb/>
dann auch auf andere Länder übertragen wurde, und an<lb/>
welchen ſich die Lehre von den <hirendition="#aq">Statuta personalia, realia,<lb/>
mixta</hi> anſchloß (§ 345 <hirendition="#aq">f.</hi>).</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[21/0043]
§. 347. Widerſtreit. Territorialrechte in demſelben Staate.
In Stadtgebieten ſind ſie oft für dieſe einzelne Stadt
erlaſſen, ſei es von dem Landesherrn, dem dieſe Stadt un-
terworfen war, oder auch von der ſtädtiſchen Obrigkeit, mit
Zulaſſung oder Genehmigung des Landesherrn.
Dieſe Entſtehung beſonderer Stadtrechte finden wir ſchon
im Römiſchen Reiche, deſſen einzelne Gemeinden nicht nur
vor ihrer Vereinigung mit dem großen Ganzen das Recht
eigener Geſetzgebung gehabt hatten, ſondern dieſes Recht
auch durch jene Vereinigung nicht ſchlechthin einbüßten,
wenngleich ſie den in Rom neu erlaſſenen Geſetzen ſtets
unterworfen waren (d). Sie ſind es, durch welche über-
haupt die Römiſchen Juriſten Veranlaſſung erhielten, auf
die hier vorliegende Unterſuchung einzugehen (e). Sie bil-
den hier, als Particularrechte, den Gegenſatz gegen das ge-
meine Römiſche Recht. — Noch weit ausgedehnter und
wichtiger aber waren die Stadtrechte, die ſich im Italieni-
ſchen Mittelalter faſt in jeder Stadt ausbildeten, und die
hier, als Particularrechte, nicht blos gegen das Römiſche
Recht, ſondern auch gegen das Lombardiſche, beide als ge-
meine Rechte gedacht, den Gegenſatz bildeten (f). Für ſie
wurde der Name Statuta als Kunſtausdruck geltend, der
dann auch auf andere Länder übertragen wurde, und an
welchen ſich die Lehre von den Statuta personalia, realia,
mixta anſchloß (§ 345 f.).
(d) Savigny Geſchichte des
R. R. im Mittelalter B. 1 Kap. 2.
(e) S. o. § 344.
(f) Geſchichte des R. R. im
Mittelalter B. 3 § 42. 189 B. 2
§ 76.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/43>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.