§. 381. IV. Formen der Rechtsgeschäfte (Locus regit actum).
bestimmten Ort gebundenen Behörde möglich sind. -- Die Regel: locus regit actum, bezieht sich nun, ihrer Natur nach, lediglich auf Handlungen der ersten Art, weil nur bei diesen der Ort, wo die Handlung vorgenommen wird, von dem wahren Sitz des Rechtsverhältnisses zufällig ver- schieden seyn, und dadurch eine künstliche Aushülfe nöthig machen kann. Eben daher aber ist dieselbe auf die meisten und wichtigsten, das Sachenrecht betreffenden, Handlungen ohne Anwendung. Diese Bemerkung beschränkt sich auch nicht auf unbewegliche Sachen, sie ist vielmehr an sich wahr auch bei beweglichen, bei welchen gleichfalls die Tra- dition nur da geschehen kann, wo sie gerade sind. Nur ist bei den beweglichen Sachen dieser Umstand wenig erheblich und bemerklich, weil der Besitzer den Ort derselben jederzeit willkürlich verändern kann, wodurch sie augenblicklich einer neuen lex rei sitae unterworfen werden.
Der Grund der Unanwendbarkeit jener Regel auf die dinglichen Rechte ist also wesentlich derselbe mit dem bei dem Zustand der Person an sich geltend gemachten Grunde. Er liegt darin, daß bei den dinglichen Rechten der Wille an sich nicht das Entscheidende ist, sondern daß es auf die Beziehung ankommt, in welche die Person mit der Sache, als dem Gegenstand des dinglichen Rechts, tritt. Diese Beziehung kann nun unter Anderem, nach der Bestimmung mancher positiven Rechte, in einer bloßen Willenserklärung bestehen, dieser Umstand aber ist an sich zufällig, dem Wesen des dinglichen Rechts fremd.
VIII. 23
§. 381. IV. Formen der Rechtsgeſchäfte (Locus regit actum).
beſtimmten Ort gebundenen Behörde möglich ſind. — Die Regel: locus regit actum, bezieht ſich nun, ihrer Natur nach, lediglich auf Handlungen der erſten Art, weil nur bei dieſen der Ort, wo die Handlung vorgenommen wird, von dem wahren Sitz des Rechtsverhältniſſes zufällig ver- ſchieden ſeyn, und dadurch eine künſtliche Aushülfe nöthig machen kann. Eben daher aber iſt dieſelbe auf die meiſten und wichtigſten, das Sachenrecht betreffenden, Handlungen ohne Anwendung. Dieſe Bemerkung beſchränkt ſich auch nicht auf unbewegliche Sachen, ſie iſt vielmehr an ſich wahr auch bei beweglichen, bei welchen gleichfalls die Tra- dition nur da geſchehen kann, wo ſie gerade ſind. Nur iſt bei den beweglichen Sachen dieſer Umſtand wenig erheblich und bemerklich, weil der Beſitzer den Ort derſelben jederzeit willkürlich verändern kann, wodurch ſie augenblicklich einer neuen lex rei sitae unterworfen werden.
Der Grund der Unanwendbarkeit jener Regel auf die dinglichen Rechte iſt alſo weſentlich derſelbe mit dem bei dem Zuſtand der Perſon an ſich geltend gemachten Grunde. Er liegt darin, daß bei den dinglichen Rechten der Wille an ſich nicht das Entſcheidende iſt, ſondern daß es auf die Beziehung ankommt, in welche die Perſon mit der Sache, als dem Gegenſtand des dinglichen Rechts, tritt. Dieſe Beziehung kann nun unter Anderem, nach der Beſtimmung mancher poſitiven Rechte, in einer bloßen Willenserklärung beſtehen, dieſer Umſtand aber iſt an ſich zufällig, dem Weſen des dinglichen Rechts fremd.
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§. 381. IV. Formen der Rechtsgeſchäfte (Locus regit actum).
beſtimmten Ort gebundenen Behörde möglich ſind. — Die
Regel: locus regit actum, bezieht ſich nun, ihrer Natur
nach, lediglich auf Handlungen der erſten Art, weil nur
bei dieſen der Ort, wo die Handlung vorgenommen wird,
von dem wahren Sitz des Rechtsverhältniſſes zufällig ver-
ſchieden ſeyn, und dadurch eine künſtliche Aushülfe nöthig
machen kann. Eben daher aber iſt dieſelbe auf die meiſten
und wichtigſten, das Sachenrecht betreffenden, Handlungen
ohne Anwendung. Dieſe Bemerkung beſchränkt ſich auch
nicht auf unbewegliche Sachen, ſie iſt vielmehr an ſich
wahr auch bei beweglichen, bei welchen gleichfalls die Tra-
dition nur da geſchehen kann, wo ſie gerade ſind. Nur iſt
bei den beweglichen Sachen dieſer Umſtand wenig erheblich
und bemerklich, weil der Beſitzer den Ort derſelben jederzeit
willkürlich verändern kann, wodurch ſie augenblicklich einer
neuen lex rei sitae unterworfen werden.
Der Grund der Unanwendbarkeit jener Regel auf die
dinglichen Rechte iſt alſo weſentlich derſelbe mit dem bei
dem Zuſtand der Perſon an ſich geltend gemachten Grunde.
Er liegt darin, daß bei den dinglichen Rechten der Wille
an ſich nicht das Entſcheidende iſt, ſondern daß es auf die
Beziehung ankommt, in welche die Perſon mit der Sache,
als dem Gegenſtand des dinglichen Rechts, tritt. Dieſe
Beziehung kann nun unter Anderem, nach der Beſtimmung
mancher poſitiven Rechte, in einer bloßen Willenserklärung
beſtehen, dieſer Umſtand aber iſt an ſich zufällig, dem
Weſen des dinglichen Rechts fremd.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/375>, abgerufen am 18.07.2024.
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