Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 345. Uebersicht.
Oder in umgekehrter Auffassung (§ 344): Welches sind die
Rechtsregeln, denen eine gegebene Person unterworfen
oder angehörig ist?

Folgende Betrachtung aber muß uns sogleich überzeu-
gen, daß mit dieser Stellung der Frage nicht auszureichen
ist. In dem Gebiet der erworbenen Rechte (c) erweitert
sich die Person nach den von ihr selbst verschiedenen Ge-
genständen dieser erworbenen Rechte hin, und schon aus
dieser Erweiterung an sich entsteht wenigstens die Möglich-
keit des Eintritts der Person in das Gebiet einer ihr ur-
sprünglich fremden Rechtsregel. Diese bloße Möglichkeit
aber gewinnt noch eine ganz andere Gestalt, wenn wir die
besondere Beschaffenheit jener Gegenstände der erworbenen
Rechte in's Auge fassen. Unter diesen Gegenständen finden
wir vor allen auch fremde Personen, deren jede auch
wieder einem eigenthümlichen Gebiet beherrschender Rechts-
regeln angehört, und da es nun ganz zufällig ist, ob zwei,
mit einander in einem Rechtsverhältniß stehende Personen
demselben Rechtsgebiet angehören oder verschiedenen Rechts-
gebieten, so ergiebt sich daraus eine neue, und zwar sehr
ausgedehnte, Quelle von Collisionen zwischen den die Rechts-
verhältnisse beherrschenden Rechtsregeln.

Folgende Uebersicht über die Gegenstände der Rechts-
regeln wird es anschaulich machen, in welcher mannich-
faltigen Weise die Collisionen unter den Rechtsregeln

(c) B. 1 § 53.

§. 345. Ueberſicht.
Oder in umgekehrter Auffaſſung (§ 344): Welches ſind die
Rechtsregeln, denen eine gegebene Perſon unterworfen
oder angehörig iſt?

Folgende Betrachtung aber muß uns ſogleich überzeu-
gen, daß mit dieſer Stellung der Frage nicht auszureichen
iſt. In dem Gebiet der erworbenen Rechte (c) erweitert
ſich die Perſon nach den von ihr ſelbſt verſchiedenen Ge-
genſtänden dieſer erworbenen Rechte hin, und ſchon aus
dieſer Erweiterung an ſich entſteht wenigſtens die Möglich-
keit des Eintritts der Perſon in das Gebiet einer ihr ur-
ſprünglich fremden Rechtsregel. Dieſe bloße Möglichkeit
aber gewinnt noch eine ganz andere Geſtalt, wenn wir die
beſondere Beſchaffenheit jener Gegenſtände der erworbenen
Rechte in’s Auge faſſen. Unter dieſen Gegenſtänden finden
wir vor allen auch fremde Perſonen, deren jede auch
wieder einem eigenthümlichen Gebiet beherrſchender Rechts-
regeln angehört, und da es nun ganz zufällig iſt, ob zwei,
mit einander in einem Rechtsverhältniß ſtehende Perſonen
demſelben Rechtsgebiet angehören oder verſchiedenen Rechts-
gebieten, ſo ergiebt ſich daraus eine neue, und zwar ſehr
ausgedehnte, Quelle von Colliſionen zwiſchen den die Rechts-
verhältniſſe beherrſchenden Rechtsregeln.

Folgende Ueberſicht über die Gegenſtände der Rechts-
regeln wird es anſchaulich machen, in welcher mannich-
faltigen Weiſe die Colliſionen unter den Rechtsregeln

(c) B. 1 § 53.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0033" n="11"/><fw place="top" type="header">§. 345. Ueber&#x017F;icht.</fw><lb/>
Oder in umgekehrter Auffa&#x017F;&#x017F;ung (§ 344): Welches &#x017F;ind die<lb/>
Rechtsregeln, denen eine gegebene Per&#x017F;on unterworfen<lb/>
oder angehörig i&#x017F;t?</p><lb/>
            <p>Folgende Betrachtung aber muß uns &#x017F;ogleich überzeu-<lb/>
gen, daß mit die&#x017F;er Stellung der Frage nicht auszureichen<lb/>
i&#x017F;t. In dem Gebiet der erworbenen Rechte <note place="foot" n="(c)">B. 1 § 53.</note> erweitert<lb/>
&#x017F;ich die Per&#x017F;on nach den von ihr &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;chiedenen Ge-<lb/>
gen&#x017F;tänden die&#x017F;er erworbenen Rechte hin, und &#x017F;chon aus<lb/>
die&#x017F;er Erweiterung an &#x017F;ich ent&#x017F;teht wenig&#x017F;tens die Möglich-<lb/>
keit des Eintritts der Per&#x017F;on in das Gebiet einer ihr ur-<lb/>
&#x017F;prünglich fremden Rechtsregel. Die&#x017F;e bloße Möglichkeit<lb/>
aber gewinnt noch eine ganz andere Ge&#x017F;talt, wenn wir die<lb/>
be&#x017F;ondere Be&#x017F;chaffenheit jener Gegen&#x017F;tände der erworbenen<lb/>
Rechte in&#x2019;s Auge fa&#x017F;&#x017F;en. Unter die&#x017F;en Gegen&#x017F;tänden finden<lb/>
wir vor allen auch fremde <hi rendition="#g">Per&#x017F;onen</hi>, deren jede auch<lb/>
wieder einem eigenthümlichen Gebiet beherr&#x017F;chender Rechts-<lb/>
regeln angehört, und da es nun ganz zufällig i&#x017F;t, ob zwei,<lb/>
mit einander in einem Rechtsverhältniß &#x017F;tehende Per&#x017F;onen<lb/>
dem&#x017F;elben Rechtsgebiet angehören oder ver&#x017F;chiedenen Rechts-<lb/>
gebieten, &#x017F;o ergiebt &#x017F;ich daraus eine neue, und zwar &#x017F;ehr<lb/>
ausgedehnte, Quelle von Colli&#x017F;ionen zwi&#x017F;chen den die Rechts-<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;e beherr&#x017F;chenden Rechtsregeln.</p><lb/>
            <p>Folgende Ueber&#x017F;icht über die Gegen&#x017F;tände der Rechts-<lb/>
regeln wird es an&#x017F;chaulich machen, in welcher mannich-<lb/>
faltigen Wei&#x017F;e die Colli&#x017F;ionen unter den Rechtsregeln<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0033] §. 345. Ueberſicht. Oder in umgekehrter Auffaſſung (§ 344): Welches ſind die Rechtsregeln, denen eine gegebene Perſon unterworfen oder angehörig iſt? Folgende Betrachtung aber muß uns ſogleich überzeu- gen, daß mit dieſer Stellung der Frage nicht auszureichen iſt. In dem Gebiet der erworbenen Rechte (c) erweitert ſich die Perſon nach den von ihr ſelbſt verſchiedenen Ge- genſtänden dieſer erworbenen Rechte hin, und ſchon aus dieſer Erweiterung an ſich entſteht wenigſtens die Möglich- keit des Eintritts der Perſon in das Gebiet einer ihr ur- ſprünglich fremden Rechtsregel. Dieſe bloße Möglichkeit aber gewinnt noch eine ganz andere Geſtalt, wenn wir die beſondere Beſchaffenheit jener Gegenſtände der erworbenen Rechte in’s Auge faſſen. Unter dieſen Gegenſtänden finden wir vor allen auch fremde Perſonen, deren jede auch wieder einem eigenthümlichen Gebiet beherrſchender Rechts- regeln angehört, und da es nun ganz zufällig iſt, ob zwei, mit einander in einem Rechtsverhältniß ſtehende Perſonen demſelben Rechtsgebiet angehören oder verſchiedenen Rechts- gebieten, ſo ergiebt ſich daraus eine neue, und zwar ſehr ausgedehnte, Quelle von Colliſionen zwiſchen den die Rechts- verhältniſſe beherrſchenden Rechtsregeln. Folgende Ueberſicht über die Gegenſtände der Rechts- regeln wird es anſchaulich machen, in welcher mannich- faltigen Weiſe die Colliſionen unter den Rechtsregeln (c) B. 1 § 53.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/33
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/33>, abgerufen am 29.03.2024.