Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
abweichende Recht des Entstehungsorts und des Erfüllungs- orts der Obligation. Es bleiben also nur noch die zweite und dritte Klasse, enthaltend die hypothekarischen Glaubi- ger, zu näherer Betrachtung übrig.
Jeder hypothekarische Glaubiger hat in der That ein zusammengesetztes Recht, dessen beide Bestandtheile eine ganz verschiedene Natur haben; er ist wahrer Glaubiger, hat aber daneben zur Sicherheit seiner Forderung ein ding- liches Recht. Um es nun klar zu machen, wie diese un- gleichartigen Rechte in die Einheit des Concurses eingefügt werden können, ist es nöthig, zuvor einen ergänzenden Blick rückwärts zu werfen auf die oben erwähnte Bildung der Concursmasse, und die hypothekarischen Glaubiger einstweilen noch auf sich beruhen zu lassen.
Die Bildung der Concursmasse durch Aufsammlung und Verkauf der Vermögensstücke macht keine Schwierigkeit, wenn diese sämmtlich in dem Bezirk des Concursgerichts sich befinden. Dagegen ist die Behandlung der Sache in hohem Grade bestritten in Ansehung der Vermögensstücke, die in anderen Gerichtsbezirken, oder gar in einem fremden Lande liegen. Ich will sogleich diesen letzten Fall, als den äußersten, in's Auge fassen. Für denselben wird von Vie- len folgende Behauptung aufgestellt. Der fremde Landes- herr und dessen Richter braucht die Verfügungen unsers Concursgerichts nicht zu befolgen, entzieht sich ihnen auch,
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
abweichende Recht des Entſtehungsorts und des Erfüllungs- orts der Obligation. Es bleiben alſo nur noch die zweite und dritte Klaſſe, enthaltend die hypothekariſchen Glaubi- ger, zu näherer Betrachtung übrig.
Jeder hypothekariſche Glaubiger hat in der That ein zuſammengeſetztes Recht, deſſen beide Beſtandtheile eine ganz verſchiedene Natur haben; er iſt wahrer Glaubiger, hat aber daneben zur Sicherheit ſeiner Forderung ein ding- liches Recht. Um es nun klar zu machen, wie dieſe un- gleichartigen Rechte in die Einheit des Concurſes eingefügt werden können, iſt es nöthig, zuvor einen ergänzenden Blick rückwärts zu werfen auf die oben erwähnte Bildung der Concursmaſſe, und die hypothekariſchen Glaubiger einſtweilen noch auf ſich beruhen zu laſſen.
Die Bildung der Concursmaſſe durch Aufſammlung und Verkauf der Vermögensſtücke macht keine Schwierigkeit, wenn dieſe ſämmtlich in dem Bezirk des Concursgerichts ſich befinden. Dagegen iſt die Behandlung der Sache in hohem Grade beſtritten in Anſehung der Vermögensſtücke, die in anderen Gerichtsbezirken, oder gar in einem fremden Lande liegen. Ich will ſogleich dieſen letzten Fall, als den äußerſten, in’s Auge faſſen. Für denſelben wird von Vie- len folgende Behauptung aufgeſtellt. Der fremde Landes- herr und deſſen Richter braucht die Verfügungen unſers Concursgerichts nicht zu befolgen, entzieht ſich ihnen auch,
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
abweichende Recht des Entſtehungsorts und des Erfüllungs-
orts der Obligation. Es bleiben alſo nur noch die zweite
und dritte Klaſſe, enthaltend die hypothekariſchen Glaubi-
ger, zu näherer Betrachtung übrig.
Jeder hypothekariſche Glaubiger hat in der That ein
zuſammengeſetztes Recht, deſſen beide Beſtandtheile eine
ganz verſchiedene Natur haben; er iſt wahrer Glaubiger,
hat aber daneben zur Sicherheit ſeiner Forderung ein ding-
liches Recht. Um es nun klar zu machen, wie dieſe un-
gleichartigen Rechte in die Einheit des Concurſes eingefügt
werden können, iſt es nöthig, zuvor einen ergänzenden Blick
rückwärts zu werfen auf die oben erwähnte Bildung der
Concursmaſſe, und die hypothekariſchen Glaubiger einſtweilen
noch auf ſich beruhen zu laſſen.
Die Bildung der Concursmaſſe durch Aufſammlung und
Verkauf der Vermögensſtücke macht keine Schwierigkeit,
wenn dieſe ſämmtlich in dem Bezirk des Concursgerichts
ſich befinden. Dagegen iſt die Behandlung der Sache in
hohem Grade beſtritten in Anſehung der Vermögensſtücke,
die in anderen Gerichtsbezirken, oder gar in einem fremden
Lande liegen. Ich will ſogleich dieſen letzten Fall, als den
äußerſten, in’s Auge faſſen. Für denſelben wird von Vie-
len folgende Behauptung aufgeſtellt. Der fremde Landes-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/308>, abgerufen am 28.11.2024.
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