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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 372. III. Obligationenrecht. Örtliches Recht.
ausgeschlossen wird durch eine ausdrückliche abweichende
Willenserklärung (c).

C. Von manchen Seiten ist behauptet worden, daß
unter mehreren an sich denkbaren örtlichen Rechten dasje-
nige jedesmal angewendet werden müsse, nach welchem das
vorliegende Rechtsgeschäft am besten aufrecht erhalten wer-
den könne (d). Aus dem bestehenden Recht läßt sich dieser
Satz in solcher Allgemeinheit wohl nicht begründen, dage-
gen könnte man darauf kommen, ihn als neues positives
Gesetz aufzustellen (e). Allein in folgendem Sinn läßt sich
der Satz dennoch vertheidigen. Wenn die Anwendung der
oben aufgestellten Regeln dahin führen würde, den Vertrag
einem örtlichen Recht (etwa des Erfüllungsortes) zu unter-
werfen, nach welchem er ungültig seyn würde, anstatt daß
er nach dem Rechte des Wohnsitzes gültig wäre, so ist ge-
wiß nicht zu vermuthen, daß sich die Parteien einem ört-
lichen Recht haben unterwerfen wollen, das mit ihrer Absicht
völlig im Widerspruch stände (e1).


(c) L. 19 § 2 de jud. (5. 1)
".. nisi alio loci, ut defen-
deret, convenit ..".
Was hier
von dem Gerichtsstand gesagt wird,
muß eben so von dem örtlichen
Recht gelten, soweit dessen Be-
stimmungen durch Privatwillkür
abgeändert werden können. Vgl.
oben § 369. b. und § 370.
(d) Eichhorn deutsches Recht
§ 37. Noten f. g.
(e) Für einen einzelnen Fall
ist er im Preußischen A. L. R. auf-
gestellt (I. 5 § 113), nämlich für
den Fall verschiedener gesetzlicher
Formen bei einem durch Brief-
wechsel geschlossenen Vertrage.
(e1) So aufgefaßt, stimmt der
Satz ganz überein mit einer be-
kannten Auslegungsregel bei zwei-
deutig gefaßten Rechtsgeschäften.
L. 12 de reb. dub. (34. 5).

§. 372. III. Obligationenrecht. Örtliches Recht.
ausgeſchloſſen wird durch eine ausdrückliche abweichende
Willenserklärung (c).

C. Von manchen Seiten iſt behauptet worden, daß
unter mehreren an ſich denkbaren örtlichen Rechten dasje-
nige jedesmal angewendet werden müſſe, nach welchem das
vorliegende Rechtsgeſchäft am beſten aufrecht erhalten wer-
den könne (d). Aus dem beſtehenden Recht läßt ſich dieſer
Satz in ſolcher Allgemeinheit wohl nicht begründen, dage-
gen könnte man darauf kommen, ihn als neues poſitives
Geſetz aufzuſtellen (e). Allein in folgendem Sinn läßt ſich
der Satz dennoch vertheidigen. Wenn die Anwendung der
oben aufgeſtellten Regeln dahin führen würde, den Vertrag
einem örtlichen Recht (etwa des Erfüllungsortes) zu unter-
werfen, nach welchem er ungültig ſeyn würde, anſtatt daß
er nach dem Rechte des Wohnſitzes gültig wäre, ſo iſt ge-
wiß nicht zu vermuthen, daß ſich die Parteien einem ört-
lichen Recht haben unterwerfen wollen, das mit ihrer Abſicht
völlig im Widerſpruch ſtände (e¹).


(c) L. 19 § 2 de jud. (5. 1)
„.. nisi alio loci, ut defen-
deret, convenit ..“.
Was hier
von dem Gerichtsſtand geſagt wird,
muß eben ſo von dem örtlichen
Recht gelten, ſoweit deſſen Be-
ſtimmungen durch Privatwillkür
abgeändert werden können. Vgl.
oben § 369. b. und § 370.
(d) Eichhorn deutſches Recht
§ 37. Noten f. g.
(e) Für einen einzelnen Fall
iſt er im Preußiſchen A. L. R. auf-
geſtellt (I. 5 § 113), nämlich für
den Fall verſchiedener geſetzlicher
Formen bei einem durch Brief-
wechſel geſchloſſenen Vertrage.
(e¹) So aufgefaßt, ſtimmt der
Satz ganz überein mit einer be-
kannten Auslegungsregel bei zwei-
deutig gefaßten Rechtsgeſchäften.
L. 12 de reb. dub. (34. 5).
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[249/0271] §. 372. III. Obligationenrecht. Örtliches Recht. ausgeſchloſſen wird durch eine ausdrückliche abweichende Willenserklärung (c). C. Von manchen Seiten iſt behauptet worden, daß unter mehreren an ſich denkbaren örtlichen Rechten dasje- nige jedesmal angewendet werden müſſe, nach welchem das vorliegende Rechtsgeſchäft am beſten aufrecht erhalten wer- den könne (d). Aus dem beſtehenden Recht läßt ſich dieſer Satz in ſolcher Allgemeinheit wohl nicht begründen, dage- gen könnte man darauf kommen, ihn als neues poſitives Geſetz aufzuſtellen (e). Allein in folgendem Sinn läßt ſich der Satz dennoch vertheidigen. Wenn die Anwendung der oben aufgeſtellten Regeln dahin führen würde, den Vertrag einem örtlichen Recht (etwa des Erfüllungsortes) zu unter- werfen, nach welchem er ungültig ſeyn würde, anſtatt daß er nach dem Rechte des Wohnſitzes gültig wäre, ſo iſt ge- wiß nicht zu vermuthen, daß ſich die Parteien einem ört- lichen Recht haben unterwerfen wollen, das mit ihrer Abſicht völlig im Widerſpruch ſtände (e¹). (c) L. 19 § 2 de jud. (5. 1) „.. nisi alio loci, ut defen- deret, convenit ..“. Was hier von dem Gerichtsſtand geſagt wird, muß eben ſo von dem örtlichen Recht gelten, ſoweit deſſen Be- ſtimmungen durch Privatwillkür abgeändert werden können. Vgl. oben § 369. b. und § 370. (d) Eichhorn deutſches Recht § 37. Noten f. g. (e) Für einen einzelnen Fall iſt er im Preußiſchen A. L. R. auf- geſtellt (I. 5 § 113), nämlich für den Fall verſchiedener geſetzlicher Formen bei einem durch Brief- wechſel geſchloſſenen Vertrage. (e¹) So aufgefaßt, ſtimmt der Satz ganz überein mit einer be- kannten Auslegungsregel bei zwei- deutig gefaßten Rechtsgeſchäften. L. 12 de reb. dub. (34. 5).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/271>, abgerufen am 24.11.2024.