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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 365. I. Zustand der Person an sich. (Forts.)
wegen behauptet werden müssen, weil in einem Staate
irgend ein Rechtsinstitut des anderen Staates überhaupt
keine Anerkennung gefunden hat.

6. So verhält es sich mit der aus dem bürgerlichen
Tod des Französischen und des Russischen Rechts hervor-
gehenden Rechtsunfähigkeit. Der Richter eines Staates,
dem das Institut des bürgerlichen Todes fremd ist, wird
davon keine Anwendung machen, also das Recht des
Wohnsitzes nicht beachten dürfen (§ 349. d).

7. Ganz Dasselbe gilt von der Rechtsunfähigkeit eines
Negersklaven, wenn dieselbe zur Sprache kommt in einem
Staate, der die Sklaverei überhaupt nicht als ein Rechts-
institut anerkennt (§ 349. e).

B. Andere Fälle, in welchen die Anwendbarkeit unsres
Grundsatzes verneint werden muß, haben den Grund der
Verneinung darin, daß in ihnen gar nicht von der Rechts-
fähigkeit oder Handlungsfähigkeit, die allein hierher gehört,
die Rede ist, daß sie also ihrer Natur nach außer den
Gränzen dieser Lehre liegen, und nur durch täuschenden
Schein dahin gezogen werden können. Dahin rechne ich
folgende Fälle:

1. In manchen Ländern hat der Adel gewisse eigen-
thümliche Rechte im Erwerb des Grundeigenthums oder
in der Erbfolge. Diese Privilegien haben mit unsrer
Lehre gar keinen inneren Zusammenhang. Ob sie blos
dem einheimischen Adel, oder auch dem auswärtigen, zu-
stehen sollen, hängt von dem Inhalt der das Privilegium

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§. 365. I. Zuſtand der Perſon an ſich. (Fortſ.)
wegen behauptet werden müſſen, weil in einem Staate
irgend ein Rechtsinſtitut des anderen Staates überhaupt
keine Anerkennung gefunden hat.

6. So verhält es ſich mit der aus dem bürgerlichen
Tod des Franzöſiſchen und des Ruſſiſchen Rechts hervor-
gehenden Rechtsunfähigkeit. Der Richter eines Staates,
dem das Inſtitut des bürgerlichen Todes fremd iſt, wird
davon keine Anwendung machen, alſo das Recht des
Wohnſitzes nicht beachten dürfen (§ 349. d).

7. Ganz Daſſelbe gilt von der Rechtsunfähigkeit eines
Negerſklaven, wenn dieſelbe zur Sprache kommt in einem
Staate, der die Sklaverei überhaupt nicht als ein Rechts-
inſtitut anerkennt (§ 349. e).

B. Andere Fälle, in welchen die Anwendbarkeit unſres
Grundſatzes verneint werden muß, haben den Grund der
Verneinung darin, daß in ihnen gar nicht von der Rechts-
fähigkeit oder Handlungsfähigkeit, die allein hierher gehört,
die Rede iſt, daß ſie alſo ihrer Natur nach außer den
Gränzen dieſer Lehre liegen, und nur durch täuſchenden
Schein dahin gezogen werden können. Dahin rechne ich
folgende Fälle:

1. In manchen Ländern hat der Adel gewiſſe eigen-
thümliche Rechte im Erwerb des Grundeigenthums oder
in der Erbfolge. Dieſe Privilegien haben mit unſrer
Lehre gar keinen inneren Zuſammenhang. Ob ſie blos
dem einheimiſchen Adel, oder auch dem auswärtigen, zu-
ſtehen ſollen, hängt von dem Inhalt der das Privilegium

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[163/0185] §. 365. I. Zuſtand der Perſon an ſich. (Fortſ.) wegen behauptet werden müſſen, weil in einem Staate irgend ein Rechtsinſtitut des anderen Staates überhaupt keine Anerkennung gefunden hat. 6. So verhält es ſich mit der aus dem bürgerlichen Tod des Franzöſiſchen und des Ruſſiſchen Rechts hervor- gehenden Rechtsunfähigkeit. Der Richter eines Staates, dem das Inſtitut des bürgerlichen Todes fremd iſt, wird davon keine Anwendung machen, alſo das Recht des Wohnſitzes nicht beachten dürfen (§ 349. d). 7. Ganz Daſſelbe gilt von der Rechtsunfähigkeit eines Negerſklaven, wenn dieſelbe zur Sprache kommt in einem Staate, der die Sklaverei überhaupt nicht als ein Rechts- inſtitut anerkennt (§ 349. e). B. Andere Fälle, in welchen die Anwendbarkeit unſres Grundſatzes verneint werden muß, haben den Grund der Verneinung darin, daß in ihnen gar nicht von der Rechts- fähigkeit oder Handlungsfähigkeit, die allein hierher gehört, die Rede iſt, daß ſie alſo ihrer Natur nach außer den Gränzen dieſer Lehre liegen, und nur durch täuſchenden Schein dahin gezogen werden können. Dahin rechne ich folgende Fälle: 1. In manchen Ländern hat der Adel gewiſſe eigen- thümliche Rechte im Erwerb des Grundeigenthums oder in der Erbfolge. Dieſe Privilegien haben mit unſrer Lehre gar keinen inneren Zuſammenhang. Ob ſie blos dem einheimiſchen Adel, oder auch dem auswärtigen, zu- ſtehen ſollen, hängt von dem Inhalt der das Privilegium 11*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/185>, abgerufen am 24.11.2024.