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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 308. Surrogate. I. Geständniß. Heutiges Recht.
dem jetzt vorliegenden Rechtsstreite vorkommen. Dieses
Geständniß ist ein reines Beweismittel, und kann einen
vollständigen Beweis bilden, weil Jeder gegen sich selbst
ein glaubwürdiges Zeugniß ablegen lann.

Als Beweismittel kann dieses Geständniß eigentlich nur
auf reine Thatsachen gehen, nicht auf Rechtsverhältnisse.
Da jedoch jedem Nechtsverhältniß Thatsachen zum Grunde
liegen, und da oft die Sache eine so einfache Natur hat,
daß nur die Thatsache streitig seyn kann, so kann auch die
über ein Rechtsverhältniß abgegebene Erklärung nach Um-
ständen den vollen Beweis einer Thatsache bilden (§ 304).
So z. B. wenn Jemand in einem Briefe erklärt, daß er
einem Anderen Hundert aus einem Darlehen oder Hundert
aus einem Kaufvertrag schuldig sey, so liegt darin die
unzweifelhafte Erklärung, daß er Hundert als Darlehen
empfangen, oder Hundert als Kaufgeld versprochen
habe
, welches reine Thatsachen sind, die durch jenes
außergerichtliche Geständniß vollständig bewiesen werden.

Das außergerichtliche Geständniß kann widerrufen und
entkräftet werden dadurch, daß das Gegentheil der einge-
standenen Thatsachen vollständig bewiesen wird. Einer
Restitution bedarf es dazu nicht, also kommt es auch nicht
auf den Beweis eines Irrthums, und auf die besonderen
Eigenschaften dieses Irrthums an, eben weil jenes Ge-
ständniß keine verpflichtende Handlung ist, sondern ein
reines Beweismittel.



§. 308. Surrogate. I. Geſtändniß. Heutiges Recht.
dem jetzt vorliegenden Rechtsſtreite vorkommen. Dieſes
Geſtändniß iſt ein reines Beweismittel, und kann einen
vollſtändigen Beweis bilden, weil Jeder gegen ſich ſelbſt
ein glaubwürdiges Zeugniß ablegen lann.

Als Beweismittel kann dieſes Geſtändniß eigentlich nur
auf reine Thatſachen gehen, nicht auf Rechtsverhältniſſe.
Da jedoch jedem Nechtsverhältniß Thatſachen zum Grunde
liegen, und da oft die Sache eine ſo einfache Natur hat,
daß nur die Thatſache ſtreitig ſeyn kann, ſo kann auch die
über ein Rechtsverhältniß abgegebene Erklärung nach Um-
ſtänden den vollen Beweis einer Thatſache bilden (§ 304).
So z. B. wenn Jemand in einem Briefe erklärt, daß er
einem Anderen Hundert aus einem Darlehen oder Hundert
aus einem Kaufvertrag ſchuldig ſey, ſo liegt darin die
unzweifelhafte Erklärung, daß er Hundert als Darlehen
empfangen, oder Hundert als Kaufgeld verſprochen
habe
, welches reine Thatſachen ſind, die durch jenes
außergerichtliche Geſtändniß vollſtändig bewieſen werden.

Das außergerichtliche Geſtändniß kann widerrufen und
entkräftet werden dadurch, daß das Gegentheil der einge-
ſtandenen Thatſachen vollſtändig bewieſen wird. Einer
Reſtitution bedarf es dazu nicht, alſo kommt es auch nicht
auf den Beweis eines Irrthums, und auf die beſonderen
Eigenſchaften dieſes Irrthums an, eben weil jenes Ge-
ſtändniß keine verpflichtende Handlung iſt, ſondern ein
reines Beweismittel.



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[45/0067] §. 308. Surrogate. I. Geſtändniß. Heutiges Recht. dem jetzt vorliegenden Rechtsſtreite vorkommen. Dieſes Geſtändniß iſt ein reines Beweismittel, und kann einen vollſtändigen Beweis bilden, weil Jeder gegen ſich ſelbſt ein glaubwürdiges Zeugniß ablegen lann. Als Beweismittel kann dieſes Geſtändniß eigentlich nur auf reine Thatſachen gehen, nicht auf Rechtsverhältniſſe. Da jedoch jedem Nechtsverhältniß Thatſachen zum Grunde liegen, und da oft die Sache eine ſo einfache Natur hat, daß nur die Thatſache ſtreitig ſeyn kann, ſo kann auch die über ein Rechtsverhältniß abgegebene Erklärung nach Um- ſtänden den vollen Beweis einer Thatſache bilden (§ 304). So z. B. wenn Jemand in einem Briefe erklärt, daß er einem Anderen Hundert aus einem Darlehen oder Hundert aus einem Kaufvertrag ſchuldig ſey, ſo liegt darin die unzweifelhafte Erklärung, daß er Hundert als Darlehen empfangen, oder Hundert als Kaufgeld verſprochen habe, welches reine Thatſachen ſind, die durch jenes außergerichtliche Geſtändniß vollſtändig bewieſen werden. Das außergerichtliche Geſtändniß kann widerrufen und entkräftet werden dadurch, daß das Gegentheil der einge- ſtandenen Thatſachen vollſtändig bewieſen wird. Einer Reſtitution bedarf es dazu nicht, alſo kommt es auch nicht auf den Beweis eines Irrthums, und auf die beſonderen Eigenſchaften dieſes Irrthums an, eben weil jenes Ge- ſtändniß keine verpflichtende Handlung iſt, ſondern ein reines Beweismittel.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/67>, abgerufen am 26.04.2024.