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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 303. Surrogate. I. Geständniß. Confessio.

Das Römische Recht hat zwei hierher gehörende, sehr
alte Rechtsinstitute, die wegen ihrer inneren Verwandtschaft
nur in Verbindung mit einander deutlich gemacht werden
können: die confessio in jure, und die interrogatio in jure.

Der Grundsatz, worauf die confessio in jure beruht,
läßt sich so ausdrücken: Wenn ein Beklagter vor dem Prätor
die Behauptung des Klägers vollständig einräumt, so soll
dieses Zugeständniß einer Verurtheilung gleich gelten.

Nur das vor dem Prätor (in jure) abgelegte Geständ-
niß sollte diese eigenthümliche Wirkung haben, nicht das
vor dem Judex (a). Daher wird in den Quellen zuweilen
dem Ausdruck Confessio oder Confessus der Zusatz beige-
geben: in jure (b). Gemeint ist dieser Zusatz immer, und
darum wird er in den meisten Stellen nicht einmal nöthig
gefunden.

In dem aufgestellten Grundsatz liegt eine zweifache
Wirkung: Der Beklagte ist durch sein Geständniß verpflichtet,
und diese Verpflichtung tritt unmittelbar ein, ohne daß es
dazu eines Urtheils bedarf. Durch diese zweite Wirkung
erhält eben das Geständniß seinen besonderen Charakter als
Surrogat des Urtheils.


(a) Das Geständniß vor dem Ju-
dex hatte immer entscheidenden Ein-
fluß auf das Urtheil, aber keine selbst-
ständige Natur und keine formelle
Regeln. Seit der Aufhebung des
ordo judiciorum verschwindet
dieser Unterschied.
(b) L. 29 § 1 de don. (39. 5)
L. 56 de re jud. (42. 1), L. un.
C. de confessis
(7. 59), L. 4 C.
de repud. her.
(6. 31).
§. 303. Surrogate. I. Geſtändniß. Confessio.

Das Römiſche Recht hat zwei hierher gehörende, ſehr
alte Rechtsinſtitute, die wegen ihrer inneren Verwandtſchaft
nur in Verbindung mit einander deutlich gemacht werden
können: die confessio in jure, und die interrogatio in jure.

Der Grundſatz, worauf die confessio in jure beruht,
läßt ſich ſo ausdrücken: Wenn ein Beklagter vor dem Prätor
die Behauptung des Klägers vollſtändig einräumt, ſo ſoll
dieſes Zugeſtändniß einer Verurtheilung gleich gelten.

Nur das vor dem Prätor (in jure) abgelegte Geſtänd-
niß ſollte dieſe eigenthümliche Wirkung haben, nicht das
vor dem Judex (a). Daher wird in den Quellen zuweilen
dem Ausdruck Confessio oder Confessus der Zuſatz beige-
geben: in jure (b). Gemeint iſt dieſer Zuſatz immer, und
darum wird er in den meiſten Stellen nicht einmal nöthig
gefunden.

In dem aufgeſtellten Grundſatz liegt eine zweifache
Wirkung: Der Beklagte iſt durch ſein Geſtändniß verpflichtet,
und dieſe Verpflichtung tritt unmittelbar ein, ohne daß es
dazu eines Urtheils bedarf. Durch dieſe zweite Wirkung
erhält eben das Geſtändniß ſeinen beſonderen Charakter als
Surrogat des Urtheils.


(a) Das Geſtändniß vor dem Ju-
dex hatte immer entſcheidenden Ein-
fluß auf das Urtheil, aber keine ſelbſt-
ſtändige Natur und keine formelle
Regeln. Seit der Aufhebung des
ordo judiciorum verſchwindet
dieſer Unterſchied.
(b) L. 29 § 1 de don. (39. 5)
L. 56 de re jud. (42. 1), L. un.
C. de confessis
(7. 59), L. 4 C.
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(6. 31).
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[7/0029] §. 303. Surrogate. I. Geſtändniß. Confessio. Das Römiſche Recht hat zwei hierher gehörende, ſehr alte Rechtsinſtitute, die wegen ihrer inneren Verwandtſchaft nur in Verbindung mit einander deutlich gemacht werden können: die confessio in jure, und die interrogatio in jure. Der Grundſatz, worauf die confessio in jure beruht, läßt ſich ſo ausdrücken: Wenn ein Beklagter vor dem Prätor die Behauptung des Klägers vollſtändig einräumt, ſo ſoll dieſes Zugeſtändniß einer Verurtheilung gleich gelten. Nur das vor dem Prätor (in jure) abgelegte Geſtänd- niß ſollte dieſe eigenthümliche Wirkung haben, nicht das vor dem Judex (a). Daher wird in den Quellen zuweilen dem Ausdruck Confessio oder Confessus der Zuſatz beige- geben: in jure (b). Gemeint iſt dieſer Zuſatz immer, und darum wird er in den meiſten Stellen nicht einmal nöthig gefunden. In dem aufgeſtellten Grundſatz liegt eine zweifache Wirkung: Der Beklagte iſt durch ſein Geſtändniß verpflichtet, und dieſe Verpflichtung tritt unmittelbar ein, ohne daß es dazu eines Urtheils bedarf. Durch dieſe zweite Wirkung erhält eben das Geſtändniß ſeinen beſonderen Charakter als Surrogat des Urtheils. (a) Das Geſtändniß vor dem Ju- dex hatte immer entſcheidenden Ein- fluß auf das Urtheil, aber keine ſelbſt- ſtändige Natur und keine formelle Regeln. Seit der Aufhebung des ordo judiciorum verſchwindet dieſer Unterſchied. (b) L. 29 § 1 de don. (39. 5) L. 56 de re jud. (42. 1), L. un. C. de confessis (7. 59), L. 4 C. de repud. her. (6. 31).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/29>, abgerufen am 29.03.2024.