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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 339. Restitution. Verfahren. (Forts.)
auf die Kirchen beschränken, theils indem sie demselben eine
allgemeinere Bedeutung beilegen, und die Erwähnung bei
den Kirchen nur für einen zufälligen Umstand halten, indem
das canonische Recht ihn als allgemein wahr voraus-
setze (h).

In der That aber enthält das canonische Recht jenen
Satz gar nicht, weder allgemein, noch für die Kirchen.
Man hat denselben finden wollen in den Ausdrücken:
"Ecclesia quae . . beneficium restitutionis in integrum . .
negligenter omiserit"
(i); eine Nachlässigkeit nämlich sey
nur vorhanden, wenn die Kirche von der Verletzung unter-
richtet sey, und dennoch die Bitte unterlasse. -- Dabei liegt
ein gänzliches Verkennen des Wesens dieser Verjährung
zum Grunde. Das Römische Recht geht aus von der
Ansicht, daß jeder Minderjährige, der volljährig werde,
jeder Abwesende, der zurückkehre, sogleich seinen ganzen
Rechtszustand durchforschen solle, um etwa vorgefallene Ver-
letzungen zu entdecken und zur Abhülfe zu bringen. Dazu
hält man Vier Jahre (früher Ein Jahr) für hinreichend,
und wer in dieser Zeit eine Verletzung nicht entdeckt, der
gilt als nachlässig, und verfällt der Verjährung; nicht erst,
wenn er sie entdeckt und nur zu träge ist, um sie vor Ge-
richt geltend zu machen (k). Darauf bezieht sich nun der

(h) Ueber diesen letzten Gegen-
satz erklärt sich schwankend Bur-
chardi
S. 523 ("zum wenigsten
was die Restitution der Kirchen . .
betrifft").
(i) C. 1 de rest. in VI. (1. 21)
Fast mit denselben Worten in
C. 2 eod.
(k) Eben so verhält es sich
auch mit dem Anfang der Klag-

§. 339. Reſtitution. Verfahren. (Fortſ.)
auf die Kirchen beſchränken, theils indem ſie demſelben eine
allgemeinere Bedeutung beilegen, und die Erwähnung bei
den Kirchen nur für einen zufälligen Umſtand halten, indem
das canoniſche Recht ihn als allgemein wahr voraus-
ſetze (h).

In der That aber enthält das canoniſche Recht jenen
Satz gar nicht, weder allgemein, noch für die Kirchen.
Man hat denſelben finden wollen in den Ausdrücken:
„Ecclesia quae . . beneficium restitutionis in integrum . .
negligenter omiserit“
(i); eine Nachläſſigkeit nämlich ſey
nur vorhanden, wenn die Kirche von der Verletzung unter-
richtet ſey, und dennoch die Bitte unterlaſſe. — Dabei liegt
ein gänzliches Verkennen des Weſens dieſer Verjährung
zum Grunde. Das Römiſche Recht geht aus von der
Anſicht, daß jeder Minderjährige, der volljährig werde,
jeder Abweſende, der zurückkehre, ſogleich ſeinen ganzen
Rechtszuſtand durchforſchen ſolle, um etwa vorgefallene Ver-
letzungen zu entdecken und zur Abhülfe zu bringen. Dazu
hält man Vier Jahre (früher Ein Jahr) für hinreichend,
und wer in dieſer Zeit eine Verletzung nicht entdeckt, der
gilt als nachläſſig, und verfällt der Verjährung; nicht erſt,
wenn er ſie entdeckt und nur zu träge iſt, um ſie vor Ge-
richt geltend zu machen (k). Darauf bezieht ſich nun der

(h) Ueber dieſen letzten Gegen-
ſatz erklärt ſich ſchwankend Bur-
chardi
S. 523 („zum wenigſten
was die Reſtitution der Kirchen . .
betrifft“).
(i) C. 1 de rest. in VI. (1. 21)
Faſt mit denſelben Worten in
C. 2 eod.
(k) Eben ſo verhält es ſich
auch mit dem Anfang der Klag-
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[249/0271] §. 339. Reſtitution. Verfahren. (Fortſ.) auf die Kirchen beſchränken, theils indem ſie demſelben eine allgemeinere Bedeutung beilegen, und die Erwähnung bei den Kirchen nur für einen zufälligen Umſtand halten, indem das canoniſche Recht ihn als allgemein wahr voraus- ſetze (h). In der That aber enthält das canoniſche Recht jenen Satz gar nicht, weder allgemein, noch für die Kirchen. Man hat denſelben finden wollen in den Ausdrücken: „Ecclesia quae . . beneficium restitutionis in integrum . . negligenter omiserit“ (i); eine Nachläſſigkeit nämlich ſey nur vorhanden, wenn die Kirche von der Verletzung unter- richtet ſey, und dennoch die Bitte unterlaſſe. — Dabei liegt ein gänzliches Verkennen des Weſens dieſer Verjährung zum Grunde. Das Römiſche Recht geht aus von der Anſicht, daß jeder Minderjährige, der volljährig werde, jeder Abweſende, der zurückkehre, ſogleich ſeinen ganzen Rechtszuſtand durchforſchen ſolle, um etwa vorgefallene Ver- letzungen zu entdecken und zur Abhülfe zu bringen. Dazu hält man Vier Jahre (früher Ein Jahr) für hinreichend, und wer in dieſer Zeit eine Verletzung nicht entdeckt, der gilt als nachläſſig, und verfällt der Verjährung; nicht erſt, wenn er ſie entdeckt und nur zu träge iſt, um ſie vor Ge- richt geltend zu machen (k). Darauf bezieht ſich nun der (h) Ueber dieſen letzten Gegen- ſatz erklärt ſich ſchwankend Bur- chardi S. 523 („zum wenigſten was die Reſtitution der Kirchen . . betrifft“). (i) C. 1 de rest. in VI. (1. 21) Faſt mit denſelben Worten in C. 2 eod. (k) Eben ſo verhält es ſich auch mit dem Anfang der Klag-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/271>, abgerufen am 02.05.2024.