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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 316. Begriff der Restitution.
den Besitz einer Sache unredlicherweise aufgiebt, soll nun-
mehr als Besitzer behandelt und mit der Klage in rem
(auch ohne Restitution) belangt werden können (l). Auch
jetzt also hat der Verletzte Anspruch sowohl auf dieses
Recht, als auf die persönliche Entschädigungsklage. Wenn
aber der Beklagte das erste Recht freiwillig anerkennt, und
sich als Besitzer der Klage in rem unterwirft, so fällt die
Entschädigungsklage weg, weil dann kein aus der Ver-
äußerung hervorgehender Schade mehr vorhanden ist (m).

2. Ulpian erwähnt ein Rescript von Caracalla aus
Veranlassung einer von den Campanern mit Gewalt er-
preßten Urkunde; das Rescript sagte: posse eum a Praetore
in integrum restitutionem postulare.
Dieser Ausspruch
wurde nun sowohl von dem Prätor, als von Ulpian selbst
so ausgelegt, der Gezwungene könne nach Bedürfniß jede
denkbare Art des Schutzes in Anspruch nehmen; zunächst
also sowohl eine Klage, als eine Einrede, wie er es ver-
langen möge (n). Hier wird der Ausdruck restitutio sogar
auf gewöhnliche Rechtsmittel bezogen, welche mit der wahren
Restitution nur den äußeren Zweck und Erfolg gemein
haben; in den unmittelbar folgenden Worten aber (§ 4)

(l) L. 27 § 3. L. 36 pr, de
R. V.
(6. 1), L. 131. L. 157 § 1
de R. J.
(50. 17). Von dem histo-
rischen Verhältniß des Edicts über
die alienatio judicii mutandi
causa
zu der ficta possessio
dessen, qui dolo desiit possidere,
handelt ausführlich Voorda In-
terpr. II.
10. Er scheint aber
die Sache etwas zu subtil zu
nehmen, und mehr als nöthig für
verwickelt anzusehen.
(m) L. 3 § 5 de al jud. mut.
(4. 7).
(n) L. 9 § 3 quod metus
(4. 2) Vgl. unten § 330 Note d. e.

§. 316. Begriff der Reſtitution.
den Beſitz einer Sache unredlicherweiſe aufgiebt, ſoll nun-
mehr als Beſitzer behandelt und mit der Klage in rem
(auch ohne Reſtitution) belangt werden können (l). Auch
jetzt alſo hat der Verletzte Anſpruch ſowohl auf dieſes
Recht, als auf die perſönliche Entſchädigungsklage. Wenn
aber der Beklagte das erſte Recht freiwillig anerkennt, und
ſich als Beſitzer der Klage in rem unterwirft, ſo fällt die
Entſchädigungsklage weg, weil dann kein aus der Ver-
äußerung hervorgehender Schade mehr vorhanden iſt (m).

2. Ulpian erwähnt ein Reſcript von Caracalla aus
Veranlaſſung einer von den Campanern mit Gewalt er-
preßten Urkunde; das Reſcript ſagte: posse eum a Praetore
in integrum restitutionem postulare.
Dieſer Ausſpruch
wurde nun ſowohl von dem Prätor, als von Ulpian ſelbſt
ſo ausgelegt, der Gezwungene könne nach Bedürfniß jede
denkbare Art des Schutzes in Anſpruch nehmen; zunächſt
alſo ſowohl eine Klage, als eine Einrede, wie er es ver-
langen möge (n). Hier wird der Ausdruck restitutio ſogar
auf gewöhnliche Rechtsmittel bezogen, welche mit der wahren
Reſtitution nur den äußeren Zweck und Erfolg gemein
haben; in den unmittelbar folgenden Worten aber (§ 4)

(l) L. 27 § 3. L. 36 pr, de
R. V.
(6. 1), L. 131. L. 157 § 1
de R. J.
(50. 17). Von dem hiſto-
riſchen Verhältniß des Edicts über
die alienatio judicii mutandi
causa
zu der ficta possessio
deſſen, qui dolo desiit possidere,
handelt ausführlich Voorda In-
terpr. II.
10. Er ſcheint aber
die Sache etwas zu ſubtil zu
nehmen, und mehr als nöthig für
verwickelt anzuſehen.
(m) L. 3 § 5 de al jud. mut.
(4. 7).
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(4. 2) Vgl. unten § 330 Note d. e.
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[105/0127] §. 316. Begriff der Reſtitution. den Beſitz einer Sache unredlicherweiſe aufgiebt, ſoll nun- mehr als Beſitzer behandelt und mit der Klage in rem (auch ohne Reſtitution) belangt werden können (l). Auch jetzt alſo hat der Verletzte Anſpruch ſowohl auf dieſes Recht, als auf die perſönliche Entſchädigungsklage. Wenn aber der Beklagte das erſte Recht freiwillig anerkennt, und ſich als Beſitzer der Klage in rem unterwirft, ſo fällt die Entſchädigungsklage weg, weil dann kein aus der Ver- äußerung hervorgehender Schade mehr vorhanden iſt (m). 2. Ulpian erwähnt ein Reſcript von Caracalla aus Veranlaſſung einer von den Campanern mit Gewalt er- preßten Urkunde; das Reſcript ſagte: posse eum a Praetore in integrum restitutionem postulare. Dieſer Ausſpruch wurde nun ſowohl von dem Prätor, als von Ulpian ſelbſt ſo ausgelegt, der Gezwungene könne nach Bedürfniß jede denkbare Art des Schutzes in Anſpruch nehmen; zunächſt alſo ſowohl eine Klage, als eine Einrede, wie er es ver- langen möge (n). Hier wird der Ausdruck restitutio ſogar auf gewöhnliche Rechtsmittel bezogen, welche mit der wahren Reſtitution nur den äußeren Zweck und Erfolg gemein haben; in den unmittelbar folgenden Worten aber (§ 4) (l) L. 27 § 3. L. 36 pr, de R. V. (6. 1), L. 131. L. 157 § 1 de R. J. (50. 17). Von dem hiſto- riſchen Verhältniß des Edicts über die alienatio judicii mutandi causa zu der ficta possessio deſſen, qui dolo desiit possidere, handelt ausführlich Voorda In- terpr. II. 10. Er ſcheint aber die Sache etwas zu ſubtil zu nehmen, und mehr als nöthig für verwickelt anzuſehen. (m) L. 3 § 5 de al jud. mut. (4. 7). (n) L. 9 § 3 quod metus (4. 2) Vgl. unten § 330 Note d. e.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/127>, abgerufen am 19.04.2024.