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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortsetzung.)
müssen wir aufsuchen, wo sie auch zu finden seyn
mögen.

Wir haben sie also erstens aufzusuchen in dem Urtheil
selbst, so weit sie in demselben ausgesprochen sind. --
Zweitens in den besonders abgefaßten Urtheilsgründen;
hier aber kommt es darauf an, nach inneren Merkmalen
die objectiven Gründe, welche allein der Rechtskraft empfäng-
lich sind, von dem übrigen Inhalt genau auszuscheiden. --
Drittens müssen wir, wenn jene Erkenntnißquellen nicht
ausreichen (d), die gesammten Verhandlungen des Rechts-
streites zu Hülfe nehmen, wobei die Klageschrift die erste
Stelle einnimmt. -- Endlich sind viertens außer diesen
geschriebenen Quellen, aber in gleichem Werthe mit diesen,
manche allgemeinere Erwägungen zu benutzen, von welchen
am Schluß des gegenwärtigen §. noch besonders die Rede
seyn wird.

In Folge dieser Übersicht über die wahren Quellen
für die Erkenntniß des Umfangs der Rechtskraft läßt sich
fragen, welche Einrichtungen bei Abfassung der Urtheile
räthlich seyn möchten, um den unzweifelhaften Zweck der
Rechtskraft möglichst sicher zu stellen.

Am besten würde dieser Zweck erreicht werden, wenn
es möglich wäre, schon in das Urtheil selbst die Gesammt-
heit der objectiven Gründe aufzunehmen, so daß schon das
Urtheil allein hinreichen würde, den Umfang der Rechts-

(d) Dahin gehören alle Urtheile derjenigen Gerichte, die überhaupt
keine Urtheilsgründe aufzustellen pflegen.

§. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortſetzung.)
müſſen wir aufſuchen, wo ſie auch zu finden ſeyn
mögen.

Wir haben ſie alſo erſtens aufzuſuchen in dem Urtheil
ſelbſt, ſo weit ſie in demſelben ausgeſprochen ſind. —
Zweitens in den beſonders abgefaßten Urtheilsgründen;
hier aber kommt es darauf an, nach inneren Merkmalen
die objectiven Gründe, welche allein der Rechtskraft empfäng-
lich ſind, von dem übrigen Inhalt genau auszuſcheiden. —
Drittens müſſen wir, wenn jene Erkenntnißquellen nicht
ausreichen (d), die geſammten Verhandlungen des Rechts-
ſtreites zu Hülfe nehmen, wobei die Klageſchrift die erſte
Stelle einnimmt. — Endlich ſind viertens außer dieſen
geſchriebenen Quellen, aber in gleichem Werthe mit dieſen,
manche allgemeinere Erwägungen zu benutzen, von welchen
am Schluß des gegenwärtigen §. noch beſonders die Rede
ſeyn wird.

In Folge dieſer Überſicht über die wahren Quellen
für die Erkenntniß des Umfangs der Rechtskraft läßt ſich
fragen, welche Einrichtungen bei Abfaſſung der Urtheile
räthlich ſeyn möchten, um den unzweifelhaften Zweck der
Rechtskraft möglichſt ſicher zu ſtellen.

Am beſten würde dieſer Zweck erreicht werden, wenn
es möglich wäre, ſchon in das Urtheil ſelbſt die Geſammt-
heit der objectiven Gründe aufzunehmen, ſo daß ſchon das
Urtheil allein hinreichen würde, den Umfang der Rechts-

(d) Dahin gehören alle Urtheile derjenigen Gerichte, die überhaupt
keine Urtheilsgründe aufzuſtellen pflegen.
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[373/0391] §. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortſetzung.) müſſen wir aufſuchen, wo ſie auch zu finden ſeyn mögen. Wir haben ſie alſo erſtens aufzuſuchen in dem Urtheil ſelbſt, ſo weit ſie in demſelben ausgeſprochen ſind. — Zweitens in den beſonders abgefaßten Urtheilsgründen; hier aber kommt es darauf an, nach inneren Merkmalen die objectiven Gründe, welche allein der Rechtskraft empfäng- lich ſind, von dem übrigen Inhalt genau auszuſcheiden. — Drittens müſſen wir, wenn jene Erkenntnißquellen nicht ausreichen (d), die geſammten Verhandlungen des Rechts- ſtreites zu Hülfe nehmen, wobei die Klageſchrift die erſte Stelle einnimmt. — Endlich ſind viertens außer dieſen geſchriebenen Quellen, aber in gleichem Werthe mit dieſen, manche allgemeinere Erwägungen zu benutzen, von welchen am Schluß des gegenwärtigen §. noch beſonders die Rede ſeyn wird. In Folge dieſer Überſicht über die wahren Quellen für die Erkenntniß des Umfangs der Rechtskraft läßt ſich fragen, welche Einrichtungen bei Abfaſſung der Urtheile räthlich ſeyn möchten, um den unzweifelhaften Zweck der Rechtskraft möglichſt ſicher zu ſtellen. Am beſten würde dieſer Zweck erreicht werden, wenn es möglich wäre, ſchon in das Urtheil ſelbſt die Geſammt- heit der objectiven Gründe aufzunehmen, ſo daß ſchon das Urtheil allein hinreichen würde, den Umfang der Rechts- (d) Dahin gehören alle Urtheile derjenigen Gerichte, die überhaupt keine Urtheilsgründe aufzuſtellen pflegen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/391>, abgerufen am 19.05.2024.