Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.§. 290. Inhalt. Verurtheilung des Klägers? (Forts.) Fall die Verurtheilung des ersten Klägers zu gestatten,also eine stillschweigende Widerklage anzunehmen (b), vorausgesetzt, daß ohnehin der Magistratus, der den Judex gegeben hatte, für beide Parteien competent war. Justinian bestätigte diesen Ausspruch, und erweiterte Die Stelle selbst, deren Erklärung einstweilen voraus- (b) Vgl. § 289 Note h, wo die entgegengesetzte Ansicht des Gajus ausführlich erörtert ist. (c) judicare ist durch Hand- schriften und alte Ausgaben be- glaubigt und nach dem Zusam- menhang allein möglich. Der Text der Göttinger Ausgabe hat noch die sinnlose Leseart judicatae. (d) d. h. "Wenn sich nun im
Lauf der Verhandlungen ergiebt, daß der Beklagte aus diesem Ge- schäft Gegenforderungen hat, und zwar solche, die den Betrag der Hauptforderung übersteigen." Diese zufällige Wahrnehmung war bei Gegenforderungen aus demselben Geschäft, die bei der L. C. und in der Formel gar noch nicht erwähnt zu seyn brauchten, sehr wohl mög- lich, bei fremdartigen Gegenforde- rungen nicht. Waren aber diese schon Anfangs vorgebracht, so hat- ten sie die Natur einer ausdrück- lichen Widerklage, an deren Zu- lässigkeit für alle Fälle, wenigstens in Justinian's Zeit, ohnehin nicht zu zweifeln war. §. 290. Inhalt. Verurtheilung des Klägers? (Fortſ.) Fall die Verurtheilung des erſten Klägers zu geſtatten,alſo eine ſtillſchweigende Widerklage anzunehmen (b), vorausgeſetzt, daß ohnehin der Magiſtratus, der den Judex gegeben hatte, für beide Parteien competent war. Juſtinian beſtätigte dieſen Ausſpruch, und erweiterte Die Stelle ſelbſt, deren Erklärung einſtweilen voraus- (b) Vgl. § 289 Note h, wo die entgegengeſetzte Anſicht des Gajus ausführlich erörtert iſt. (c) judicare iſt durch Hand- ſchriften und alte Ausgaben be- glaubigt und nach dem Zuſam- menhang allein möglich. Der Text der Göttinger Ausgabe hat noch die ſinnloſe Leſeart judicatae. (d) d. h. „Wenn ſich nun im
Lauf der Verhandlungen ergiebt, daß der Beklagte aus dieſem Ge- ſchäft Gegenforderungen hat, und zwar ſolche, die den Betrag der Hauptforderung überſteigen.“ Dieſe zufällige Wahrnehmung war bei Gegenforderungen aus demſelben Geſchäft, die bei der L. C. und in der Formel gar noch nicht erwähnt zu ſeyn brauchten, ſehr wohl mög- lich, bei fremdartigen Gegenforde- rungen nicht. Waren aber dieſe ſchon Anfangs vorgebracht, ſo hat- ten ſie die Natur einer ausdrück- lichen Widerklage, an deren Zu- läſſigkeit für alle Fälle, wenigſtens in Juſtinian’s Zeit, ohnehin nicht zu zweifeln war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0359" n="341"/><fw place="top" type="header">§. 290. Inhalt. Verurtheilung des Klägers? (Fortſ.)</fw><lb/> Fall die Verurtheilung des erſten Klägers zu geſtatten,<lb/> alſo eine <hi rendition="#g">ſtillſchweigende Widerklage</hi> anzunehmen <note place="foot" n="(b)">Vgl. § 289 Note <hi rendition="#aq">h,</hi> wo<lb/> die entgegengeſetzte Anſicht des<lb/><hi rendition="#g">Gajus</hi> ausführlich erörtert iſt.</note>,<lb/> vorausgeſetzt, daß ohnehin der Magiſtratus, der den Judex<lb/> gegeben hatte, für beide Parteien competent war.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Juſtinian</hi> beſtätigte dieſen Ausſpruch, und erweiterte<lb/> ihn noch dahin, daß Daſſelbe gelten ſollte, auch wenn der<lb/> Richter für den erſten Kläger urſprünglich nicht competent<lb/> war, ſondern erſt durch die (ſtillſchweigende) Widerklage<lb/> competent wurde.</p><lb/> <p>Die Stelle ſelbſt, deren Erklärung einſtweilen voraus-<lb/> geſchickt worden iſt, lautet nun ſo:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 14 <hi rendition="#i">C. de sent. et interl.</hi></hi> (7. 45).<lb/><hi rendition="#aq">Imp. <hi rendition="#k">Justinianus</hi> A. Demostheni P. P.<lb/> Cum Papinianus, summi ingenii vir, in quaestionibus<lb/> suis rite disposuerit, non solum judicem de absolu-<lb/> tione rei judicare</hi><note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">judicare</hi> iſt durch Hand-<lb/> ſchriften und alte Ausgaben be-<lb/> glaubigt und nach dem Zuſam-<lb/> menhang allein möglich. Der Text<lb/> der Göttinger Ausgabe hat noch<lb/> die ſinnloſe Leſeart <hi rendition="#aq">judicatae.</hi></note><hi rendition="#aq">, sed et ipsum actorem, si e<lb/> contrario obnoxius fuerit inventus</hi><note place="foot" n="(d)">d. h. „Wenn ſich nun im<lb/> Lauf der Verhandlungen ergiebt,<lb/> daß der Beklagte aus dieſem Ge-<lb/> ſchäft Gegenforderungen hat, und<lb/> zwar ſolche, die den Betrag der<lb/> Hauptforderung überſteigen.“ Dieſe<lb/> zufällige Wahrnehmung war bei<lb/> Gegenforderungen aus demſelben<lb/> Geſchäft, die bei der L. C. und in<lb/> der Formel gar noch nicht erwähnt<lb/> zu ſeyn brauchten, ſehr wohl mög-<lb/> lich, bei fremdartigen Gegenforde-<lb/> rungen nicht. Waren aber dieſe<lb/> ſchon Anfangs vorgebracht, ſo hat-<lb/> ten ſie die Natur einer ausdrück-<lb/> lichen Widerklage, an deren Zu-<lb/> läſſigkeit für alle Fälle, wenigſtens<lb/> in <hi rendition="#g">Juſtinian’s</hi> Zeit, ohnehin<lb/> nicht zu zweifeln war.</note><hi rendition="#aq">, condemnare:</hi></hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [341/0359]
§. 290. Inhalt. Verurtheilung des Klägers? (Fortſ.)
Fall die Verurtheilung des erſten Klägers zu geſtatten,
alſo eine ſtillſchweigende Widerklage anzunehmen (b),
vorausgeſetzt, daß ohnehin der Magiſtratus, der den Judex
gegeben hatte, für beide Parteien competent war.
Juſtinian beſtätigte dieſen Ausſpruch, und erweiterte
ihn noch dahin, daß Daſſelbe gelten ſollte, auch wenn der
Richter für den erſten Kläger urſprünglich nicht competent
war, ſondern erſt durch die (ſtillſchweigende) Widerklage
competent wurde.
Die Stelle ſelbſt, deren Erklärung einſtweilen voraus-
geſchickt worden iſt, lautet nun ſo:
L. 14 C. de sent. et interl. (7. 45).
Imp. Justinianus A. Demostheni P. P.
Cum Papinianus, summi ingenii vir, in quaestionibus
suis rite disposuerit, non solum judicem de absolu-
tione rei judicare (c), sed et ipsum actorem, si e
contrario obnoxius fuerit inventus (d), condemnare:
(b) Vgl. § 289 Note h, wo
die entgegengeſetzte Anſicht des
Gajus ausführlich erörtert iſt.
(c) judicare iſt durch Hand-
ſchriften und alte Ausgaben be-
glaubigt und nach dem Zuſam-
menhang allein möglich. Der Text
der Göttinger Ausgabe hat noch
die ſinnloſe Leſeart judicatae.
(d) d. h. „Wenn ſich nun im
Lauf der Verhandlungen ergiebt,
daß der Beklagte aus dieſem Ge-
ſchäft Gegenforderungen hat, und
zwar ſolche, die den Betrag der
Hauptforderung überſteigen.“ Dieſe
zufällige Wahrnehmung war bei
Gegenforderungen aus demſelben
Geſchäft, die bei der L. C. und in
der Formel gar noch nicht erwähnt
zu ſeyn brauchten, ſehr wohl mög-
lich, bei fremdartigen Gegenforde-
rungen nicht. Waren aber dieſe
ſchon Anfangs vorgebracht, ſo hat-
ten ſie die Natur einer ausdrück-
lichen Widerklage, an deren Zu-
läſſigkeit für alle Fälle, wenigſtens
in Juſtinian’s Zeit, ohnehin
nicht zu zweifeln war.
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