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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Seiten des Beklagten, der Richter spricht aus, diese Noth-
wendigkeit sey nicht vorhanden.

Etwas anders steht die Sache bei den Klagen in rem.
In den häufigsten und wichtigsten Fällen derselben, bei
Eigenthum und Erbrecht, wird über das Daseyn eines
Rechts von ausschließender Natur gestritten, so daß das
Daseyn desselben in der einen Partei das Nichtdaseyn in
der andern nothwendig in sich schließt (§ 287).

Indem nun der Kläger behauptet, daß ein solches Recht
in seiner Person vorhanden sey, kann der Beklagte diese
Behauptung auf verschiedene Weise zu bestreiten suchen.
Er kann sich darauf beschränken, die Beweise des Klägers
zu entkräften; er kann aber auch das Daseyn des bestrit-
tenen Rechts in seiner eigenen Person behaupten und be-
weisen, wodurch dann das Recht des Klägers nach der
aufgestellten Regel von selbst widerlegt ist.

Wenn nun der Beklagte diesen letzten Weg einschlägt
und von seinem Recht den Richter überzeugt, so könnte
man glauben, das Urtheil müsse auf Anerkennung des
Rechts des Beklagten gehen, insofern also auf Verurthei-
lung des Klägers, so daß der Beklagte aus diesem Urtheil
an sich für die Folge sowohl eine Klage, als eine Exception
unmittelbar ableiten könnte. In der That aber verhält es
sich nicht also; vielmehr beschränkt sich auch hier der
Ausspruch auf die bloße Abweisung des Klägers, so daß
durchaus kein Unterschied in dem Ausspruch des Richters
eintritt, der Beklagte mag gewinnen, weil er selbst sein

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Seiten des Beklagten, der Richter ſpricht aus, dieſe Noth-
wendigkeit ſey nicht vorhanden.

Etwas anders ſteht die Sache bei den Klagen in rem.
In den häufigſten und wichtigſten Fällen derſelben, bei
Eigenthum und Erbrecht, wird über das Daſeyn eines
Rechts von ausſchließender Natur geſtritten, ſo daß das
Daſeyn deſſelben in der einen Partei das Nichtdaſeyn in
der andern nothwendig in ſich ſchließt (§ 287).

Indem nun der Kläger behauptet, daß ein ſolches Recht
in ſeiner Perſon vorhanden ſey, kann der Beklagte dieſe
Behauptung auf verſchiedene Weiſe zu beſtreiten ſuchen.
Er kann ſich darauf beſchränken, die Beweiſe des Klägers
zu entkräften; er kann aber auch das Daſeyn des beſtrit-
tenen Rechts in ſeiner eigenen Perſon behaupten und be-
weiſen, wodurch dann das Recht des Klägers nach der
aufgeſtellten Regel von ſelbſt widerlegt iſt.

Wenn nun der Beklagte dieſen letzten Weg einſchlägt
und von ſeinem Recht den Richter überzeugt, ſo könnte
man glauben, das Urtheil müſſe auf Anerkennung des
Rechts des Beklagten gehen, inſofern alſo auf Verurthei-
lung des Klägers, ſo daß der Beklagte aus dieſem Urtheil
an ſich für die Folge ſowohl eine Klage, als eine Exception
unmittelbar ableiten könnte. In der That aber verhält es
ſich nicht alſo; vielmehr beſchränkt ſich auch hier der
Ausſpruch auf die bloße Abweiſung des Klägers, ſo daß
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eintritt, der Beklagte mag gewinnen, weil er ſelbſt ſein

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[322/0340] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Seiten des Beklagten, der Richter ſpricht aus, dieſe Noth- wendigkeit ſey nicht vorhanden. Etwas anders ſteht die Sache bei den Klagen in rem. In den häufigſten und wichtigſten Fällen derſelben, bei Eigenthum und Erbrecht, wird über das Daſeyn eines Rechts von ausſchließender Natur geſtritten, ſo daß das Daſeyn deſſelben in der einen Partei das Nichtdaſeyn in der andern nothwendig in ſich ſchließt (§ 287). Indem nun der Kläger behauptet, daß ein ſolches Recht in ſeiner Perſon vorhanden ſey, kann der Beklagte dieſe Behauptung auf verſchiedene Weiſe zu beſtreiten ſuchen. Er kann ſich darauf beſchränken, die Beweiſe des Klägers zu entkräften; er kann aber auch das Daſeyn des beſtrit- tenen Rechts in ſeiner eigenen Perſon behaupten und be- weiſen, wodurch dann das Recht des Klägers nach der aufgeſtellten Regel von ſelbſt widerlegt iſt. Wenn nun der Beklagte dieſen letzten Weg einſchlägt und von ſeinem Recht den Richter überzeugt, ſo könnte man glauben, das Urtheil müſſe auf Anerkennung des Rechts des Beklagten gehen, inſofern alſo auf Verurthei- lung des Klägers, ſo daß der Beklagte aus dieſem Urtheil an ſich für die Folge ſowohl eine Klage, als eine Exception unmittelbar ableiten könnte. In der That aber verhält es ſich nicht alſo; vielmehr beſchränkt ſich auch hier der Ausſpruch auf die bloße Abweiſung des Klägers, ſo daß durchaus kein Unterſchied in dem Ausſpruch des Richters eintritt, der Beklagte mag gewinnen, weil er ſelbſt ſein

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/340>, abgerufen am 25.11.2024.