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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 280. Rechtskraft des Urtheils. Einleitung.
größere, ja völlig unerträgliche, anzuerkennen, und für ihre
Abwendung durch ein positives Rechtsinstitut die nöthige
Anstalt zu treffen. Damit wird zugleich mit deutlichem
Bewußtseyn die entgegengesetzte Gefahr übernommen, daß
zuweilen ungerechte Urtheile ohne Abhülfe aufrecht erhalten
werden müssen; diese Gefahr aber ist nicht nur an sich
selbst die geringere, sondern es ist auch noch das Mittel
gefunden worden, sie durch eine besondere künstliche Anstalt
(die Instanzen) zu vermindern, von welcher weiter unten
die Rede seyn wird (§ 284).

Das höchst wichtige Rechtsinstitut, wodurch der ange-
gebene Zweck erreicht werden soll, läßt sich im Allgemeinen
als die Rechtskraft der richterlichen Urtheile bezeichnen,
welche nichts Anderes ist, als die Fiction der Wahr-
heit
, wodurch das rechtskräftige Urtheil gegen jeden künf-
tigen Versuch der Anfechtung oder Entkräftung gesichert
wird. Ein geistreicher Schriftsteller hat dafür den Aus-
druck des förmlichen Rechts, im Gegensatz des wirk-
lichen Rechts, gebraucht (c). Der allgemeinste Ausspruch
über den Inhalt und die Gründe dieses Rechtsinstituts
findet sich in folgender Stelle aus dem Commentar des
Paulus zum Edict:

L. 6 de exc. rei jud. (44. 2.)
Singulis controversiis singulas actiones (d), unum-
(c) Möser patriotische Phan-
tasieen B. 4 N. 30.
(d) Den Worten nach könnte
das so verstanden werden, jedem
Rechtsverhältniß dürfe stets nur
Eine Klage entsprechen, welches

§. 280. Rechtskraft des Urtheils. Einleitung.
größere, ja völlig unerträgliche, anzuerkennen, und für ihre
Abwendung durch ein poſitives Rechtsinſtitut die nöthige
Anſtalt zu treffen. Damit wird zugleich mit deutlichem
Bewußtſeyn die entgegengeſetzte Gefahr übernommen, daß
zuweilen ungerechte Urtheile ohne Abhülfe aufrecht erhalten
werden müſſen; dieſe Gefahr aber iſt nicht nur an ſich
ſelbſt die geringere, ſondern es iſt auch noch das Mittel
gefunden worden, ſie durch eine beſondere künſtliche Anſtalt
(die Inſtanzen) zu vermindern, von welcher weiter unten
die Rede ſeyn wird (§ 284).

Das höchſt wichtige Rechtsinſtitut, wodurch der ange-
gebene Zweck erreicht werden ſoll, läßt ſich im Allgemeinen
als die Rechtskraft der richterlichen Urtheile bezeichnen,
welche nichts Anderes iſt, als die Fiction der Wahr-
heit
, wodurch das rechtskräftige Urtheil gegen jeden künf-
tigen Verſuch der Anfechtung oder Entkräftung geſichert
wird. Ein geiſtreicher Schriftſteller hat dafür den Aus-
druck des förmlichen Rechts, im Gegenſatz des wirk-
lichen Rechts, gebraucht (c). Der allgemeinſte Ausſpruch
über den Inhalt und die Gründe dieſes Rechtsinſtituts
findet ſich in folgender Stelle aus dem Commentar des
Paulus zum Edict:

L. 6 de exc. rei jud. (44. 2.)
Singulis controversiis singulas actiones (d), unum-
(c) Möſer patriotiſche Phan-
taſieen B. 4 N. 30.
(d) Den Worten nach könnte
das ſo verſtanden werden, jedem
Rechtsverhältniß dürfe ſtets nur
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[261/0279] §. 280. Rechtskraft des Urtheils. Einleitung. größere, ja völlig unerträgliche, anzuerkennen, und für ihre Abwendung durch ein poſitives Rechtsinſtitut die nöthige Anſtalt zu treffen. Damit wird zugleich mit deutlichem Bewußtſeyn die entgegengeſetzte Gefahr übernommen, daß zuweilen ungerechte Urtheile ohne Abhülfe aufrecht erhalten werden müſſen; dieſe Gefahr aber iſt nicht nur an ſich ſelbſt die geringere, ſondern es iſt auch noch das Mittel gefunden worden, ſie durch eine beſondere künſtliche Anſtalt (die Inſtanzen) zu vermindern, von welcher weiter unten die Rede ſeyn wird (§ 284). Das höchſt wichtige Rechtsinſtitut, wodurch der ange- gebene Zweck erreicht werden ſoll, läßt ſich im Allgemeinen als die Rechtskraft der richterlichen Urtheile bezeichnen, welche nichts Anderes iſt, als die Fiction der Wahr- heit, wodurch das rechtskräftige Urtheil gegen jeden künf- tigen Verſuch der Anfechtung oder Entkräftung geſichert wird. Ein geiſtreicher Schriftſteller hat dafür den Aus- druck des förmlichen Rechts, im Gegenſatz des wirk- lichen Rechts, gebraucht (c). Der allgemeinſte Ausſpruch über den Inhalt und die Gründe dieſes Rechtsinſtituts findet ſich in folgender Stelle aus dem Commentar des Paulus zum Edict: L. 6 de exc. rei jud. (44. 2.) Singulis controversiis singulas actiones (d), unum- (c) Möſer patriotiſche Phan- taſieen B. 4 N. 30. (d) Den Worten nach könnte das ſo verſtanden werden, jedem Rechtsverhältniß dürfe ſtets nur Eine Klage entſprechen, welches

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/279>, abgerufen am 22.11.2024.