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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Die Condictionen. XVII.
2) Verhältnisse zu dem eigenen Herrn.

Aus Contracten entspringen naturales obligationes,
welche während der Gewalt und nach der Freylassung
wirksam sind. Aus Delicten entspringen hier gar keine
Obligationen, weder civiles noch naturales, weder im
Sklavenstand, noch nach der Freylassung.

In allen diesen Beziehungen nun zeigt sich die condictio
furtiva
durchaus als eine Contractsklage (h), also in einer,
der furti actio gänzlich entgegengesetzten, Weise.

1) Wenn der Sklave oder Sohn einen Dritten be-
stiehlt, so geht:

a) Gegen den Herrn oder Vater die Klage de peculio,
also nicht noxalis, und auch de peculio nur, insofern der
Herr oder Vater durch den Diebstahl reicher geworden
ist (i). Diese Beschränkung aber ist so zu erklären. Wenn
das gestohlene Geld sogleich verschwendet wird, so daß
kein Werth im Vermögen zurück bleibt, so müßte auch
gegen den gewöhnlichen Dieb eigentlich keine Klage gelten,

(h) Nämlich eigentlich quasi ex
contractu,
ganz wie die condictio
indebiti, sine causa
u. s. w., die
durchaus denselben allgemeinen
Charaeter an sich tragen, wie die
wahren Contractsklagen.
(i) L. 3 § 12 de peculio (15. 1.)
"... et est verius, in quan-
tum lecupletior factus esset
...
actionem de peculio dandam"

(nämlich die condictio, nach deren
Zulässigkeit vorher gefragt worden
war). -- L. 30 pr. de act. emti
(19. 1.) "... si jam traditus
furtum mihi fecisset
(nämlich
wenn mich mein gewesener Sklave
bestahl, nachdem ich ihn veräußert
hatte), aut omnino condictionem
eo nomine de peculio non ha-
berem, aut eatenus haberem,
quatenus ex re furtiva auctum
peculium fuisset." -- L.
4 de
cond. furt.
(13. 1.) "quod ad
eum pervenit"
s. u. Num. XVIII,
wo diese Stelle erklärt werden wird.
Die Condictionen. XVII.
2) Verhältniſſe zu dem eigenen Herrn.

Aus Contracten entſpringen naturales obligationes,
welche während der Gewalt und nach der Freylaſſung
wirkſam ſind. Aus Delicten entſpringen hier gar keine
Obligationen, weder civiles noch naturales, weder im
Sklavenſtand, noch nach der Freylaſſung.

In allen dieſen Beziehungen nun zeigt ſich die condictio
furtiva
durchaus als eine Contractsklage (h), alſo in einer,
der furti actio gänzlich entgegengeſetzten, Weiſe.

1) Wenn der Sklave oder Sohn einen Dritten be-
ſtiehlt, ſo geht:

a) Gegen den Herrn oder Vater die Klage de peculio,
alſo nicht noxalis, und auch de peculio nur, inſofern der
Herr oder Vater durch den Diebſtahl reicher geworden
iſt (i). Dieſe Beſchränkung aber iſt ſo zu erklären. Wenn
das geſtohlene Geld ſogleich verſchwendet wird, ſo daß
kein Werth im Vermögen zurück bleibt, ſo müßte auch
gegen den gewöhnlichen Dieb eigentlich keine Klage gelten,

(h) Nämlich eigentlich quasi ex
contractu,
ganz wie die condictio
indebiti, sine causa
u. ſ. w., die
durchaus denſelben allgemeinen
Charaeter an ſich tragen, wie die
wahren Contractsklagen.
(i) L. 3 § 12 de peculio (15. 1.)
„… et est verius, in quan-
tum lecupletior factus esset

actionem de peculio dandam”

(nämlich die condictio, nach deren
Zuläſſigkeit vorher gefragt worden
war). — L. 30 pr. de act. emti
(19. 1.) „… si jam traditus
furtum mihi fecisset
(nämlich
wenn mich mein geweſener Sklave
beſtahl, nachdem ich ihn veräußert
hatte), aut omnino condictionem
eo nomine de peculio non ha-
berem, aut eatenus haberem,
quatenus ex re furtiva auctum
peculium fuisset.” — L.
4 de
cond. furt.
(13. 1.) „quod ad
eum pervenit”
ſ. u. Num. XVIII,
wo dieſe Stelle erklärt werden wird.
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[559/0573] Die Condictionen. XVII. 2) Verhältniſſe zu dem eigenen Herrn. Aus Contracten entſpringen naturales obligationes, welche während der Gewalt und nach der Freylaſſung wirkſam ſind. Aus Delicten entſpringen hier gar keine Obligationen, weder civiles noch naturales, weder im Sklavenſtand, noch nach der Freylaſſung. In allen dieſen Beziehungen nun zeigt ſich die condictio furtiva durchaus als eine Contractsklage (h), alſo in einer, der furti actio gänzlich entgegengeſetzten, Weiſe. 1) Wenn der Sklave oder Sohn einen Dritten be- ſtiehlt, ſo geht: a) Gegen den Herrn oder Vater die Klage de peculio, alſo nicht noxalis, und auch de peculio nur, inſofern der Herr oder Vater durch den Diebſtahl reicher geworden iſt (i). Dieſe Beſchränkung aber iſt ſo zu erklären. Wenn das geſtohlene Geld ſogleich verſchwendet wird, ſo daß kein Werth im Vermögen zurück bleibt, ſo müßte auch gegen den gewöhnlichen Dieb eigentlich keine Klage gelten, (h) Nämlich eigentlich quasi ex contractu, ganz wie die condictio indebiti, sine causa u. ſ. w., die durchaus denſelben allgemeinen Charaeter an ſich tragen, wie die wahren Contractsklagen. (i) L. 3 § 12 de peculio (15. 1.) „… et est verius, in quan- tum lecupletior factus esset … actionem de peculio dandam” (nämlich die condictio, nach deren Zuläſſigkeit vorher gefragt worden war). — L. 30 pr. de act. emti (19. 1.) „… si jam traditus furtum mihi fecisset (nämlich wenn mich mein geweſener Sklave beſtahl, nachdem ich ihn veräußert hatte), aut omnino condictionem eo nomine de peculio non ha- berem, aut eatenus haberem, quatenus ex re furtiva auctum peculium fuisset.” — L. 4 de cond. furt. (13. 1.) „quod ad eum pervenit” ſ. u. Num. XVIII, wo dieſe Stelle erklärt werden wird.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/573>, abgerufen am 23.11.2024.