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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Beylage XIV.
derselbe Grund, welcher die Stipulation in der Formel
dare mihi spondes? unmöglich machte, wenn der Glaubi-
ger das Eigenthum der versprochnen Sache bereits hatte (i).

Der Anschaulichkeit wegen ist bisher blos von dem
Gelddarlehen gesprochen worden; alles hier Gesagte gilt
aber eben so von dem Darlehen in anderen verbrauchba-
ren Sachen, wie Weizen, Wein, Oel u. s. w. Die Fälle
sind nur weit seltener und für den Verkehr unbedeutender,
und kommen daher auch in unsren Rechtsquellen nicht häu-
fig vor; wo ein praktisches Bedürfniß auf solche Geschäfte
führen könnte, wird dasselbe weit häufiger durch Kauf
(etwa durch Gelddarlehen vermittelt), als durch Darlehen
in Sachen solcher Art befriedigt werden. Bey den Rö-

der Ausnahme bey der condictio
furtiva
wird weiter unten die
Rede seyn.
(i) Gajus III. § 99, § 2 J. de
inut. stip.
(3. 19.), L. 1 § 10 de
O. et A.
(44. 7.), L. 82 pr. de
V. O.
(45. 1.). Dieses hängt da-
mit zusammen, daß im streng ju-
ristischen Sinn, namentlich bey
Stipulationen und in der Intentio
einer Klage, der Ausdruck rem
dare
die unmittelbare Übertragung
des Römischen Eigenthums be-
zeichnet, welche bey einer dem Sti-
pulator schon gehörenden Sache
nicht möglich ist. L. 75 § 10 de
V. S.
(50. 16.), L. 167. pr. de
R. J.
(50. 17.). Eben so bezeichnet
auch usumfructum und servitu-
tem
dare
die vollständige Errich-
tung der Servitut durch in jure
cessio. L. 19 de S. P. R. (8. 3.),
L. 126 § 1, L. 136 § 1 de V. O.
(45. 1.), L. 3 pr. de O. et A.

(44. 7.). Neben diesem technischen
Sinn des Worts besteht, hier wie
in vielen anderen Fällen, ein vul-
gärer Sprachgebrauch (juris ver-
ba
und factum in L. 38 § 6 de
V. O.
45. 1.), nach welchem dare
ein jedes Verschaffen bezeichnet.
So kommt sehr oft operas dare
vor, selbst in Stipulationen. (Ma-
rezoll
in Linde's Zeitschrift X.
250.). In diesem freyen Sinn
wurde in einem Testament das
dare usumfructum an einem Pro-
vinzialgrundstück ausgelegt, wobey
nun die Verpflichtung des Erben
auf Übergabe der Sache gieng.
L. 3 pr. de usufr. (7. 1.).

Beylage XIV.
derſelbe Grund, welcher die Stipulation in der Formel
dare mihi spondes? unmöglich machte, wenn der Glaubi-
ger das Eigenthum der verſprochnen Sache bereits hatte (i).

Der Anſchaulichkeit wegen iſt bisher blos von dem
Gelddarlehen geſprochen worden; alles hier Geſagte gilt
aber eben ſo von dem Darlehen in anderen verbrauchba-
ren Sachen, wie Weizen, Wein, Oel u. ſ. w. Die Fälle
ſind nur weit ſeltener und für den Verkehr unbedeutender,
und kommen daher auch in unſren Rechtsquellen nicht häu-
fig vor; wo ein praktiſches Bedürfniß auf ſolche Geſchäfte
führen könnte, wird daſſelbe weit häufiger durch Kauf
(etwa durch Gelddarlehen vermittelt), als durch Darlehen
in Sachen ſolcher Art befriedigt werden. Bey den Rö-

der Ausnahme bey der condictio
furtiva
wird weiter unten die
Rede ſeyn.
(i) Gajus III. § 99, § 2 J. de
inut. stip.
(3. 19.), L. 1 § 10 de
O. et A.
(44. 7.), L. 82 pr. de
V. O.
(45. 1.). Dieſes hängt da-
mit zuſammen, daß im ſtreng ju-
riſtiſchen Sinn, namentlich bey
Stipulationen und in der Intentio
einer Klage, der Ausdruck rem
dare
die unmittelbare Übertragung
des Römiſchen Eigenthums be-
zeichnet, welche bey einer dem Sti-
pulator ſchon gehörenden Sache
nicht möglich iſt. L. 75 § 10 de
V. S.
(50. 16.), L. 167. pr. de
R. J.
(50. 17.). Eben ſo bezeichnet
auch usumfructum und servitu-
tem
dare
die vollſtändige Errich-
tung der Servitut durch in jure
cessio. L. 19 de S. P. R. (8. 3.),
L. 126 § 1, L. 136 § 1 de V. O.
(45. 1.), L. 3 pr. de O. et A.

(44. 7.). Neben dieſem techniſchen
Sinn des Worts beſteht, hier wie
in vielen anderen Fällen, ein vul-
gärer Sprachgebrauch (juris ver-
ba
und factum in L. 38 § 6 de
V. O.
45. 1.), nach welchem dare
ein jedes Verſchaffen bezeichnet.
So kommt ſehr oft operas dare
vor, ſelbſt in Stipulationen. (Ma-
rezoll
in Linde’s Zeitſchrift X.
250.). In dieſem freyen Sinn
wurde in einem Teſtament das
dare usumfructum an einem Pro-
vinzialgrundſtück ausgelegt, wobey
nun die Verpflichtung des Erben
auf Übergabe der Sache gieng.
L. 3 pr. de usufr. (7. 1.).
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[516/0530] Beylage XIV. derſelbe Grund, welcher die Stipulation in der Formel dare mihi spondes? unmöglich machte, wenn der Glaubi- ger das Eigenthum der verſprochnen Sache bereits hatte (i). Der Anſchaulichkeit wegen iſt bisher blos von dem Gelddarlehen geſprochen worden; alles hier Geſagte gilt aber eben ſo von dem Darlehen in anderen verbrauchba- ren Sachen, wie Weizen, Wein, Oel u. ſ. w. Die Fälle ſind nur weit ſeltener und für den Verkehr unbedeutender, und kommen daher auch in unſren Rechtsquellen nicht häu- fig vor; wo ein praktiſches Bedürfniß auf ſolche Geſchäfte führen könnte, wird daſſelbe weit häufiger durch Kauf (etwa durch Gelddarlehen vermittelt), als durch Darlehen in Sachen ſolcher Art befriedigt werden. Bey den Rö- (h) (i) Gajus III. § 99, § 2 J. de inut. stip. (3. 19.), L. 1 § 10 de O. et A. (44. 7.), L. 82 pr. de V. O. (45. 1.). Dieſes hängt da- mit zuſammen, daß im ſtreng ju- riſtiſchen Sinn, namentlich bey Stipulationen und in der Intentio einer Klage, der Ausdruck rem dare die unmittelbare Übertragung des Römiſchen Eigenthums be- zeichnet, welche bey einer dem Sti- pulator ſchon gehörenden Sache nicht möglich iſt. L. 75 § 10 de V. S. (50. 16.), L. 167. pr. de R. J. (50. 17.). Eben ſo bezeichnet auch usumfructum und servitu- tem dare die vollſtändige Errich- tung der Servitut durch in jure cessio. L. 19 de S. P. R. (8. 3.), L. 126 § 1, L. 136 § 1 de V. O. (45. 1.), L. 3 pr. de O. et A. (44. 7.). Neben dieſem techniſchen Sinn des Worts beſteht, hier wie in vielen anderen Fällen, ein vul- gärer Sprachgebrauch (juris ver- ba und factum in L. 38 § 6 de V. O. 45. 1.), nach welchem dare ein jedes Verſchaffen bezeichnet. So kommt ſehr oft operas dare vor, ſelbſt in Stipulationen. (Ma- rezoll in Linde’s Zeitſchrift X. 250.). In dieſem freyen Sinn wurde in einem Teſtament das dare usumfructum an einem Pro- vinzialgrundſtück ausgelegt, wobey nun die Verpflichtung des Erben auf Übergabe der Sache gieng. L. 3 pr. de usufr. (7. 1.). (h) der Ausnahme bey der condictio furtiva wird weiter unten die Rede ſeyn.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/530>, abgerufen am 17.05.2024.