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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 248. Klagverjährung. Wirkung.
auch, die Ansicht von Donellus wäre richtig, so wäre
damit für den wichtigsten und häufigsten Fall, die dreyßig-
jährige Verjährung, Nichts entschieden; der Zweifel wäre
nicht gelöst, sondern nur auf ein etwas engeres Gebiet
eingeschränkt.

Die Meynung des Donellus hat keine Anhänger gefun-
den. Die neueren Schriftsteller gehen davon aus, daß die
Klagverjährung nicht ipso jure, sondern per exceptionem
wirke, und der wahre Sinn ihrer Streitfrage geht dahin,
ob die naturalis obligatio zerstört werde, oder bestehen
bleibe. Für diese Frage aber ist der oben erwähnte Aus-
druck des Gegensatzes (Recht selbst, oder Klage zer-
stört) ganz unpassend; ich werde denselben fortan vermei-
den, und die Frage in ihrem nunmehr bestimmten wahren
Sinn behandeln, dafür aber auch den nun unzweydeutigen
kürzeren Ausdruck gebrauchen,
ob die stärkere oder die schwächere Wirkung der
Klagverjährung anzunehmen sey (n)?


(n) Die stärkere Wirkung be-
haupten, unter den oben ange-
führten Schriftstellern: v. Löhr
Heimbach, Vermehren, Bü-
chel
; außerdem Vangerow I. S.
175. 176. 180. Kierulff S.
210--214. -- Die schwächere
Wirkung: Francke, Guyet; au-
ßerdem: Weber natürliche Ver-
bindlichkeit § 92, und: Beyträge
S. 54 fg. Glück B. 13 S. 100.
380, B. 15 S. 65, B. 20 S. 162.
Unterholzner Verjährung II.
§ 258, Schuldverhältnisse B. 1
§ 247. Mühlenbruch II. § 481.
Puchta Lehrbuch § 77. Göschen
§ 154. Ich erkläre mich für diese
zweyte Meynung. -- Außer die-
sen regelmäßigen Parteymeynun-
gen stehen isolirt folgende Schrift-
steller: Donellus, welcher zwi-
schen kurzen und langen Verjäh-
rungen unterscheidet (Note k),
Rave, dessen Meynung mit sei-
ner besonderen Lehre von der bona
fides
zusammenhängt (§ 246), und

§. 248. Klagverjährung. Wirkung.
auch, die Anſicht von Donellus wäre richtig, ſo wäre
damit für den wichtigſten und häufigſten Fall, die dreyßig-
jährige Verjährung, Nichts entſchieden; der Zweifel wäre
nicht gelöſt, ſondern nur auf ein etwas engeres Gebiet
eingeſchränkt.

Die Meynung des Donellus hat keine Anhänger gefun-
den. Die neueren Schriftſteller gehen davon aus, daß die
Klagverjährung nicht ipso jure, ſondern per exceptionem
wirke, und der wahre Sinn ihrer Streitfrage geht dahin,
ob die naturalis obligatio zerſtört werde, oder beſtehen
bleibe. Für dieſe Frage aber iſt der oben erwähnte Aus-
druck des Gegenſatzes (Recht ſelbſt, oder Klage zer-
ſtört) ganz unpaſſend; ich werde denſelben fortan vermei-
den, und die Frage in ihrem nunmehr beſtimmten wahren
Sinn behandeln, dafür aber auch den nun unzweydeutigen
kürzeren Ausdruck gebrauchen,
ob die ſtärkere oder die ſchwächere Wirkung der
Klagverjährung anzunehmen ſey (n)?


(n) Die ſtärkere Wirkung be-
haupten, unter den oben ange-
führten Schriftſtellern: v. Löhr
Heimbach, Vermehren, Bü-
chel
; außerdem Vangerow I. S.
175. 176. 180. Kierulff S.
210—214. — Die ſchwächere
Wirkung: Francke, Guyet; au-
ßerdem: Weber natürliche Ver-
bindlichkeit § 92, und: Beyträge
S. 54 fg. Glück B. 13 S. 100.
380, B. 15 S. 65, B. 20 S. 162.
Unterholzner Verjährung II.
§ 258, Schuldverhältniſſe B. 1
§ 247. Mühlenbruch II. § 481.
Puchta Lehrbuch § 77. Göſchen
§ 154. Ich erkläre mich für dieſe
zweyte Meynung. — Außer die-
ſen regelmäßigen Parteymeynun-
gen ſtehen iſolirt folgende Schrift-
ſteller: Donellus, welcher zwi-
ſchen kurzen und langen Verjäh-
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[373/0387] §. 248. Klagverjährung. Wirkung. auch, die Anſicht von Donellus wäre richtig, ſo wäre damit für den wichtigſten und häufigſten Fall, die dreyßig- jährige Verjährung, Nichts entſchieden; der Zweifel wäre nicht gelöſt, ſondern nur auf ein etwas engeres Gebiet eingeſchränkt. Die Meynung des Donellus hat keine Anhänger gefun- den. Die neueren Schriftſteller gehen davon aus, daß die Klagverjährung nicht ipso jure, ſondern per exceptionem wirke, und der wahre Sinn ihrer Streitfrage geht dahin, ob die naturalis obligatio zerſtört werde, oder beſtehen bleibe. Für dieſe Frage aber iſt der oben erwähnte Aus- druck des Gegenſatzes (Recht ſelbſt, oder Klage zer- ſtört) ganz unpaſſend; ich werde denſelben fortan vermei- den, und die Frage in ihrem nunmehr beſtimmten wahren Sinn behandeln, dafür aber auch den nun unzweydeutigen kürzeren Ausdruck gebrauchen, ob die ſtärkere oder die ſchwächere Wirkung der Klagverjährung anzunehmen ſey (n)? (n) Die ſtärkere Wirkung be- haupten, unter den oben ange- führten Schriftſtellern: v. Löhr Heimbach, Vermehren, Bü- chel; außerdem Vangerow I. S. 175. 176. 180. Kierulff S. 210—214. — Die ſchwächere Wirkung: Francke, Guyet; au- ßerdem: Weber natürliche Ver- bindlichkeit § 92, und: Beyträge S. 54 fg. Glück B. 13 S. 100. 380, B. 15 S. 65, B. 20 S. 162. Unterholzner Verjährung II. § 258, Schuldverhältniſſe B. 1 § 247. Mühlenbruch II. § 481. Puchta Lehrbuch § 77. Göſchen § 154. Ich erkläre mich für dieſe zweyte Meynung. — Außer die- ſen regelmäßigen Parteymeynun- gen ſtehen iſolirt folgende Schrift- ſteller: Donellus, welcher zwi- ſchen kurzen und langen Verjäh- rungen unterſcheidet (Note k), Rave, deſſen Meynung mit ſei- ner beſonderen Lehre von der bona fides zuſammenhängt (§ 246), und

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/387>, abgerufen am 23.12.2024.