Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 248. Klagverjährung. Wirkung.
merkt von den im Römischen Recht herrschenden Begriffen
entfernt. Vor aller Untersuchung ist es einleuchtend, daß
der Gegensatz jener Ausdrücke dazu dienen sollte, eine stär-
kere
und eine schwächere Wirkung der Verjährung zu
unterscheiden; und in der That haben sich hiernach die
Schriftsteller größtentheils in Zwey Parteyen gesondert,
nur noch mit einigen untergeordneten Modificationen.

Fragen wir zuerst nach der Wirkung der Klagverjäh-
rung bey den Klagen in rem, als deren Repräsentanten
wir die Eigenthumsklage betrachten wollen. Hier gerade
hat jener Ausdruck der Frage eine sehr bestimmte Bedeu-
tung, aber hier kann auch die Antwort gar nicht zweifel-
haft seyn für Den, welcher nicht vorgefaßte Meynungen,
von den persönlichen Klagen her, mit herüber bringt.

Zuvörderst ist es einleuchtend, daß die Fälle der Er-
sitzung ganz abgesondert werden müssen, da durch diese die
Klagverjährung vollkommen und unzweifelhaft absorbirt
wird. Hat also z. B. der Besitzer durch redlichen dreyßig-
jährigen Besitz (ohne Titel) Eigenthum erworben (a), so
ist gewiß dem vorigen Eigenthümer das Recht selbst ver-
loren, eben weil es auf einen Anderen übergegangen ist,
und das Eigenthum derselben ganzen Sache nicht zugleich
in der Hand von Zwey Personen seyn kann. Von Klag-
verjährung ist nicht mehr die Rede, weil das Recht selbst

(a) L. 8 § 1 C. de praescr. XXX. (7. 39.). Es ist die von
neueren Schriftstellern so genannte usucapio extraordinaria.

§. 248. Klagverjährung. Wirkung.
merkt von den im Römiſchen Recht herrſchenden Begriffen
entfernt. Vor aller Unterſuchung iſt es einleuchtend, daß
der Gegenſatz jener Ausdrücke dazu dienen ſollte, eine ſtär-
kere
und eine ſchwächere Wirkung der Verjährung zu
unterſcheiden; und in der That haben ſich hiernach die
Schriftſteller größtentheils in Zwey Parteyen geſondert,
nur noch mit einigen untergeordneten Modificationen.

Fragen wir zuerſt nach der Wirkung der Klagverjäh-
rung bey den Klagen in rem, als deren Repräſentanten
wir die Eigenthumsklage betrachten wollen. Hier gerade
hat jener Ausdruck der Frage eine ſehr beſtimmte Bedeu-
tung, aber hier kann auch die Antwort gar nicht zweifel-
haft ſeyn für Den, welcher nicht vorgefaßte Meynungen,
von den perſönlichen Klagen her, mit herüber bringt.

Zuvörderſt iſt es einleuchtend, daß die Fälle der Er-
ſitzung ganz abgeſondert werden müſſen, da durch dieſe die
Klagverjährung vollkommen und unzweifelhaft abſorbirt
wird. Hat alſo z. B. der Beſitzer durch redlichen dreyßig-
jährigen Beſitz (ohne Titel) Eigenthum erworben (a), ſo
iſt gewiß dem vorigen Eigenthümer das Recht ſelbſt ver-
loren, eben weil es auf einen Anderen übergegangen iſt,
und das Eigenthum derſelben ganzen Sache nicht zugleich
in der Hand von Zwey Perſonen ſeyn kann. Von Klag-
verjährung iſt nicht mehr die Rede, weil das Recht ſelbſt

(a) L. 8 § 1 C. de praescr. XXX. (7. 39.). Es iſt die von
neueren Schriftſtellern ſo genannte usucapio extraordinaria.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0381" n="367"/><fw place="top" type="header">§. 248. Klagverjährung. Wirkung.</fw><lb/>
merkt von den im Römi&#x017F;chen Recht herr&#x017F;chenden Begriffen<lb/>
entfernt. Vor aller Unter&#x017F;uchung i&#x017F;t es einleuchtend, daß<lb/>
der Gegen&#x017F;atz jener Ausdrücke dazu dienen &#x017F;ollte, eine <hi rendition="#g">&#x017F;tär-<lb/>
kere</hi> und eine <hi rendition="#g">&#x017F;chwächere</hi> Wirkung der Verjährung zu<lb/>
unter&#x017F;cheiden; und in der That haben &#x017F;ich hiernach die<lb/>
Schrift&#x017F;teller größtentheils in Zwey Parteyen ge&#x017F;ondert,<lb/>
nur noch mit einigen untergeordneten Modificationen.</p><lb/>
            <p>Fragen wir zuer&#x017F;t nach der Wirkung der Klagverjäh-<lb/>
rung bey den Klagen <hi rendition="#aq">in rem,</hi> als deren Reprä&#x017F;entanten<lb/>
wir die Eigenthumsklage betrachten wollen. Hier gerade<lb/>
hat jener Ausdruck der Frage eine &#x017F;ehr be&#x017F;timmte Bedeu-<lb/>
tung, aber hier kann auch die Antwort gar nicht zweifel-<lb/>
haft &#x017F;eyn für Den, welcher nicht vorgefaßte Meynungen,<lb/>
von den per&#x017F;önlichen Klagen her, mit herüber bringt.</p><lb/>
            <p>Zuvörder&#x017F;t i&#x017F;t es einleuchtend, daß die Fälle der Er-<lb/>
&#x017F;itzung ganz abge&#x017F;ondert werden mü&#x017F;&#x017F;en, da durch die&#x017F;e die<lb/>
Klagverjährung vollkommen und unzweifelhaft ab&#x017F;orbirt<lb/>
wird. Hat al&#x017F;o z. B. der Be&#x017F;itzer durch redlichen dreyßig-<lb/>
jährigen Be&#x017F;itz (ohne Titel) Eigenthum erworben <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 8 § 1 <hi rendition="#i">C. de praescr. XXX.</hi></hi> (7. 39.). Es i&#x017F;t die von<lb/>
neueren Schrift&#x017F;tellern &#x017F;o genannte <hi rendition="#aq">usucapio extraordinaria.</hi></note>, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t gewiß dem vorigen Eigenthümer das Recht &#x017F;elb&#x017F;t ver-<lb/>
loren, eben weil es auf einen Anderen übergegangen i&#x017F;t,<lb/>
und das Eigenthum der&#x017F;elben ganzen Sache nicht zugleich<lb/>
in der Hand von Zwey Per&#x017F;onen &#x017F;eyn kann. Von Klag-<lb/>
verjährung i&#x017F;t nicht mehr die Rede, weil das Recht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0381] §. 248. Klagverjährung. Wirkung. merkt von den im Römiſchen Recht herrſchenden Begriffen entfernt. Vor aller Unterſuchung iſt es einleuchtend, daß der Gegenſatz jener Ausdrücke dazu dienen ſollte, eine ſtär- kere und eine ſchwächere Wirkung der Verjährung zu unterſcheiden; und in der That haben ſich hiernach die Schriftſteller größtentheils in Zwey Parteyen geſondert, nur noch mit einigen untergeordneten Modificationen. Fragen wir zuerſt nach der Wirkung der Klagverjäh- rung bey den Klagen in rem, als deren Repräſentanten wir die Eigenthumsklage betrachten wollen. Hier gerade hat jener Ausdruck der Frage eine ſehr beſtimmte Bedeu- tung, aber hier kann auch die Antwort gar nicht zweifel- haft ſeyn für Den, welcher nicht vorgefaßte Meynungen, von den perſönlichen Klagen her, mit herüber bringt. Zuvörderſt iſt es einleuchtend, daß die Fälle der Er- ſitzung ganz abgeſondert werden müſſen, da durch dieſe die Klagverjährung vollkommen und unzweifelhaft abſorbirt wird. Hat alſo z. B. der Beſitzer durch redlichen dreyßig- jährigen Beſitz (ohne Titel) Eigenthum erworben (a), ſo iſt gewiß dem vorigen Eigenthümer das Recht ſelbſt ver- loren, eben weil es auf einen Anderen übergegangen iſt, und das Eigenthum derſelben ganzen Sache nicht zugleich in der Hand von Zwey Perſonen ſeyn kann. Von Klag- verjährung iſt nicht mehr die Rede, weil das Recht ſelbſt (a) L. 8 § 1 C. de praescr. XXX. (7. 39.). Es iſt die von neueren Schriftſtellern ſo genannte usucapio extraordinaria.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/381
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/381>, abgerufen am 03.05.2024.