§. 246. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortsetzung.)
In den gedruckten Vorarbeiten zur Gesetzrevision wird darauf angetragen, ausdrücklich zu erklären, daß die bona fides kein Erforderniß der Klagverjährung sey. -- Bey Gelegenheit des Preußischen Gesetzes über kürzere Ver- jährungsfristen (§ 239. t) war davon die Rede, die §§. 568. 569. schon jetzt, vor der vollendeten Revision, auf- zuheben, ohne etwas Anderes an ihre Stelle zu setzen. Es unterblieb blos deswegen, weil diese §§. zugleich die Wirkung der Berjährung angeben, worüber nicht ohne eine erschöpfende Erwägung aller Beziehungen dieses Rechts- instituts entschieden werden kann; über die gänzliche Ver- werflichkeit jener Stelle zeigte sich durchaus keine Verschie- denheit der Meynungen.
Das Französische Gesetzbuch behandelt diesen Gegen- stand auf etwas durchgreifende, aber einfache und prak- tische Weise. Bey der regelmäßigen, dreyßigjährigen Klag- verjährung soll es auf bona fides gar nicht ankommen (n). Bey den besonderen, kurzen Verjährungsfristen kann der Glaubiger dem Schuldner den Eid über wirklich geleistete Zahlung zuschieben (o). Hier wird also geradezu die Prä- sumtion der Tilgung als einziger Grund und Bedingung der Klagverjährung angenommen, wodurch die Frage nach
scheidung in der Theorie für un- begründet, praktisch kaum durchzu- führen, nnd kann nicht glauben, daß sie von Anderen überzeugend gefunden werden wird. -- Übri- gens bezeugt er, daß das Kam- mergericht von jeher gar keine bona fides zur Klagverjährung gefor- dert habe.
(n)Code civil art. 2262.
(o)Code civil art. 2275.
§. 246. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortſetzung.)
In den gedruckten Vorarbeiten zur Geſetzreviſion wird darauf angetragen, ausdrücklich zu erklären, daß die bona fides kein Erforderniß der Klagverjährung ſey. — Bey Gelegenheit des Preußiſchen Geſetzes über kürzere Ver- jährungsfriſten (§ 239. t) war davon die Rede, die §§. 568. 569. ſchon jetzt, vor der vollendeten Reviſion, auf- zuheben, ohne etwas Anderes an ihre Stelle zu ſetzen. Es unterblieb blos deswegen, weil dieſe §§. zugleich die Wirkung der Berjährung angeben, worüber nicht ohne eine erſchöpfende Erwägung aller Beziehungen dieſes Rechts- inſtituts entſchieden werden kann; über die gänzliche Ver- werflichkeit jener Stelle zeigte ſich durchaus keine Verſchie- denheit der Meynungen.
Das Franzöſiſche Geſetzbuch behandelt dieſen Gegen- ſtand auf etwas durchgreifende, aber einfache und prak- tiſche Weiſe. Bey der regelmäßigen, dreyßigjährigen Klag- verjährung ſoll es auf bona fides gar nicht ankommen (n). Bey den beſonderen, kurzen Verjährungsfriſten kann der Glaubiger dem Schuldner den Eid über wirklich geleiſtete Zahlung zuſchieben (o). Hier wird alſo geradezu die Prä- ſumtion der Tilgung als einziger Grund und Bedingung der Klagverjährung angenommen, wodurch die Frage nach
ſcheidung in der Theorie für un- begründet, praktiſch kaum durchzu- führen, nnd kann nicht glauben, daß ſie von Anderen überzeugend gefunden werden wird. — Übri- gens bezeugt er, daß das Kam- mergericht von jeher gar keine bona fides zur Klagverjährung gefor- dert habe.
(n)Code civil art. 2262.
(o)Code civil art. 2275.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0365"n="351"/><fwplace="top"type="header">§. 246. Klagverjährung. Bedingungen. <hirendition="#aq">Bona fides.</hi> (Fortſetzung.)</fw><lb/><p>In den gedruckten Vorarbeiten zur Geſetzreviſion wird<lb/>
darauf angetragen, ausdrücklich zu erklären, daß die <hirendition="#aq">bona<lb/>
fides</hi> kein Erforderniß der Klagverjährung ſey. — Bey<lb/>
Gelegenheit des Preußiſchen Geſetzes über kürzere Ver-<lb/>
jährungsfriſten (§ 239. <hirendition="#aq">t</hi>) war davon die Rede, die §§.<lb/>
568. 569. ſchon jetzt, vor der vollendeten Reviſion, auf-<lb/>
zuheben, ohne etwas Anderes an ihre Stelle zu ſetzen.<lb/>
Es unterblieb blos deswegen, weil dieſe §§. zugleich die<lb/>
Wirkung der Berjährung angeben, worüber nicht ohne<lb/>
eine erſchöpfende Erwägung aller Beziehungen dieſes Rechts-<lb/>
inſtituts entſchieden werden kann; über die gänzliche Ver-<lb/>
werflichkeit jener Stelle zeigte ſich durchaus keine Verſchie-<lb/>
denheit der Meynungen.</p><lb/><p>Das Franzöſiſche Geſetzbuch behandelt dieſen Gegen-<lb/>ſtand auf etwas durchgreifende, aber einfache und prak-<lb/>
tiſche Weiſe. Bey der regelmäßigen, dreyßigjährigen Klag-<lb/>
verjährung ſoll es auf <hirendition="#aq">bona fides</hi> gar nicht ankommen <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">Code civil art.</hi> 2262.</note>.<lb/>
Bey den beſonderen, kurzen Verjährungsfriſten kann der<lb/>
Glaubiger dem Schuldner den Eid über wirklich geleiſtete<lb/>
Zahlung zuſchieben <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#aq">Code civil art.</hi> 2275.</note>. Hier wird alſo geradezu die Prä-<lb/>ſumtion der Tilgung als einziger Grund und Bedingung<lb/>
der Klagverjährung angenommen, wodurch die Frage nach<lb/><notexml:id="seg2pn_56_2"prev="#seg2pn_56_1"place="foot"n="(m)">ſcheidung in der Theorie für un-<lb/>
begründet, praktiſch kaum durchzu-<lb/>
führen, nnd kann nicht glauben,<lb/>
daß ſie von Anderen überzeugend<lb/>
gefunden werden wird. — Übri-<lb/>
gens bezeugt er, daß das Kam-<lb/>
mergericht von jeher gar keine <hirendition="#aq">bona<lb/>
fides</hi> zur Klagverjährung gefor-<lb/>
dert habe.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[351/0365]
§. 246. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortſetzung.)
In den gedruckten Vorarbeiten zur Geſetzreviſion wird
darauf angetragen, ausdrücklich zu erklären, daß die bona
fides kein Erforderniß der Klagverjährung ſey. — Bey
Gelegenheit des Preußiſchen Geſetzes über kürzere Ver-
jährungsfriſten (§ 239. t) war davon die Rede, die §§.
568. 569. ſchon jetzt, vor der vollendeten Reviſion, auf-
zuheben, ohne etwas Anderes an ihre Stelle zu ſetzen.
Es unterblieb blos deswegen, weil dieſe §§. zugleich die
Wirkung der Berjährung angeben, worüber nicht ohne
eine erſchöpfende Erwägung aller Beziehungen dieſes Rechts-
inſtituts entſchieden werden kann; über die gänzliche Ver-
werflichkeit jener Stelle zeigte ſich durchaus keine Verſchie-
denheit der Meynungen.
Das Franzöſiſche Geſetzbuch behandelt dieſen Gegen-
ſtand auf etwas durchgreifende, aber einfache und prak-
tiſche Weiſe. Bey der regelmäßigen, dreyßigjährigen Klag-
verjährung ſoll es auf bona fides gar nicht ankommen (n).
Bey den beſonderen, kurzen Verjährungsfriſten kann der
Glaubiger dem Schuldner den Eid über wirklich geleiſtete
Zahlung zuſchieben (o). Hier wird alſo geradezu die Prä-
ſumtion der Tilgung als einziger Grund und Bedingung
der Klagverjährung angenommen, wodurch die Frage nach
(m)
(n) Code civil art. 2262.
(o) Code civil art. 2275.
(m) ſcheidung in der Theorie für un-
begründet, praktiſch kaum durchzu-
führen, nnd kann nicht glauben,
daß ſie von Anderen überzeugend
gefunden werden wird. — Übri-
gens bezeugt er, daß das Kam-
mergericht von jeher gar keine bona
fides zur Klagverjährung gefor-
dert habe.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/365>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.