Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.§. 246. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortsetzung.) Schuld, für ein Hinderniß der Verjährung erklärt werdensoll, ist einleuchtend; denn es wird hier, ganz übereinstim- mend mit Rave, die hindernde Unredlichkeit in die gegen- wärtige Zeit, die Zeit des über die Verjährung geführten Rechtsstreits, welcher nur nach Ablauf der von dem Schuldner behaupteten Verjährung denkbar ist, gesetzt. Auch folgt Dieses aus der andern Vorschrift des Land- rechts, nach welcher selbst dem rechtskräftig verurtheilten Schuldner der Anfang einer neuen Verjährung durch Nicht- gebrauch gestattet wird (k), in welchem Fall der Schuldner ganz unfehlbar das Bewußtseyn des Daseyns einer Schuld gehabt haben muß. Endlich folgt es auch schon daraus, daß der § 568 die Präsumtion der Tilgung geradezu für das Wesen der Verjährung erklärt; da nun die Tilgung fast nie ohne das Bewußtseyn des Schuldners von dem Daseyn der Schuld geschieht (§ 245. d), so kann nicht das Landrecht dieses Bewußtseyn für ein Hinderniß der Ver- jährung ansehen. Welches aber der eigentliche Sinn der Stelle ist, und (k) A. L. R. I. 9 § 558. Bey
der Verjährung durch Besitz ist gerade das Gegentheil vorgeschrie- ben, eben weil hier bona fides erfordert wird; I. 9 § 592. §. 246. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortſetzung.) Schuld, für ein Hinderniß der Verjährung erklärt werdenſoll, iſt einleuchtend; denn es wird hier, ganz übereinſtim- mend mit Rave, die hindernde Unredlichkeit in die gegen- wärtige Zeit, die Zeit des über die Verjährung geführten Rechtsſtreits, welcher nur nach Ablauf der von dem Schuldner behaupteten Verjährung denkbar iſt, geſetzt. Auch folgt Dieſes aus der andern Vorſchrift des Land- rechts, nach welcher ſelbſt dem rechtskräftig verurtheilten Schuldner der Anfang einer neuen Verjährung durch Nicht- gebrauch geſtattet wird (k), in welchem Fall der Schuldner ganz unfehlbar das Bewußtſeyn des Daſeyns einer Schuld gehabt haben muß. Endlich folgt es auch ſchon daraus, daß der § 568 die Präſumtion der Tilgung geradezu für das Weſen der Verjährung erklärt; da nun die Tilgung faſt nie ohne das Bewußtſeyn des Schuldners von dem Daſeyn der Schuld geſchieht (§ 245. d), ſo kann nicht das Landrecht dieſes Bewußtſeyn für ein Hinderniß der Ver- jährung anſehen. Welches aber der eigentliche Sinn der Stelle iſt, und (k) A. L. R. I. 9 § 558. Bey
der Verjährung durch Beſitz iſt gerade das Gegentheil vorgeſchrie- ben, eben weil hier bona fides erfordert wird; I. 9 § 592. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0363" n="349"/><fw place="top" type="header">§. 246. Klagverjährung. Bedingungen. <hi rendition="#aq">Bona fides.</hi> (Fortſetzung.)</fw><lb/> Schuld, für ein Hinderniß der Verjährung erklärt werden<lb/> ſoll, iſt einleuchtend; denn es wird hier, ganz übereinſtim-<lb/> mend mit Rave, die hindernde Unredlichkeit in die gegen-<lb/> wärtige Zeit, die Zeit des über die Verjährung geführten<lb/> Rechtsſtreits, welcher nur nach Ablauf der von dem<lb/> Schuldner behaupteten Verjährung denkbar iſt, geſetzt.<lb/> Auch folgt Dieſes aus der andern Vorſchrift des Land-<lb/> rechts, nach welcher ſelbſt dem rechtskräftig verurtheilten<lb/> Schuldner der Anfang einer neuen Verjährung durch Nicht-<lb/> gebrauch geſtattet wird <note place="foot" n="(k)">A. L. R. <hi rendition="#aq">I.</hi> 9 § 558. Bey<lb/> der Verjährung durch Beſitz iſt<lb/> gerade das Gegentheil vorgeſchrie-<lb/> ben, eben weil hier <hi rendition="#aq">bona fides</hi><lb/> erfordert wird; <hi rendition="#aq">I.</hi> 9 § 592.</note>, in welchem Fall der Schuldner<lb/> ganz unfehlbar das Bewußtſeyn des Daſeyns einer Schuld<lb/> gehabt haben muß. Endlich folgt es auch ſchon daraus,<lb/> daß der § 568 die Präſumtion der Tilgung geradezu für<lb/> das Weſen der Verjährung erklärt; da nun die Tilgung<lb/> faſt nie ohne das Bewußtſeyn des Schuldners von dem<lb/> Daſeyn der Schuld geſchieht (§ 245. <hi rendition="#aq">d</hi>), ſo kann nicht das<lb/> Landrecht dieſes Bewußtſeyn für ein Hinderniß der Ver-<lb/> jährung anſehen.</p><lb/> <p>Welches aber der eigentliche Sinn der Stelle iſt, und<lb/> wie ſie zur Anwendung gebracht werden ſoll, das iſt nicht<lb/> ſo leicht zu ſagen. Die erfahrenſten Praktiker, die ich<lb/> darüber befragte, haben mir die verſchiedenſten Antworten<lb/> gegeben; darin aber waren ſie Alle einverſtanden, daß jene<lb/> Stelle nicht häufig zur Anwendung komme, nur unnöthige<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [349/0363]
§. 246. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. (Fortſetzung.)
Schuld, für ein Hinderniß der Verjährung erklärt werden
ſoll, iſt einleuchtend; denn es wird hier, ganz übereinſtim-
mend mit Rave, die hindernde Unredlichkeit in die gegen-
wärtige Zeit, die Zeit des über die Verjährung geführten
Rechtsſtreits, welcher nur nach Ablauf der von dem
Schuldner behaupteten Verjährung denkbar iſt, geſetzt.
Auch folgt Dieſes aus der andern Vorſchrift des Land-
rechts, nach welcher ſelbſt dem rechtskräftig verurtheilten
Schuldner der Anfang einer neuen Verjährung durch Nicht-
gebrauch geſtattet wird (k), in welchem Fall der Schuldner
ganz unfehlbar das Bewußtſeyn des Daſeyns einer Schuld
gehabt haben muß. Endlich folgt es auch ſchon daraus,
daß der § 568 die Präſumtion der Tilgung geradezu für
das Weſen der Verjährung erklärt; da nun die Tilgung
faſt nie ohne das Bewußtſeyn des Schuldners von dem
Daſeyn der Schuld geſchieht (§ 245. d), ſo kann nicht das
Landrecht dieſes Bewußtſeyn für ein Hinderniß der Ver-
jährung anſehen.
Welches aber der eigentliche Sinn der Stelle iſt, und
wie ſie zur Anwendung gebracht werden ſoll, das iſt nicht
ſo leicht zu ſagen. Die erfahrenſten Praktiker, die ich
darüber befragte, haben mir die verſchiedenſten Antworten
gegeben; darin aber waren ſie Alle einverſtanden, daß jene
Stelle nicht häufig zur Anwendung komme, nur unnöthige
(k) A. L. R. I. 9 § 558. Bey
der Verjährung durch Beſitz iſt
gerade das Gegentheil vorgeſchrie-
ben, eben weil hier bona fides
erfordert wird; I. 9 § 592.
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