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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 148. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortsetzung.)
des Sklaven. Durch diese gab der Herr in wohlwollen-
der Absicht wahres Eigenthum auf, so daß also von sei-
ner Seite Alles geschah, was zu einer Schenkung nöthig
ist. Auch erhielt dadurch der Sklave die größte Wohl-
that, die Ein Mensch dem andern erweisen konnte, die
Freyheit; allein diese war kein Vermögensrecht (b), und
es würde ganz irrig seyn, wenn man es so betrachten
wollte, als hätte der Herr das Eigenthum, welches ihm
an dem Sklaven zustand, auf diesen selbst übertragen.
Dieses Eigenthum wurde vielmehr völlig vernichtet, und
es wurde ein freyer Mensch, ein rechtsfähiges Wesen, neu
creirt. Daher war denn sowohl die testamentarische Ma-
numission, als die unter Lebenden, durchaus keine Schen-
kung, und Niemand dachte daran, die Lex Cincia oder
späterhin die Insinuation darauf anzuwenden. Wenn sie
dennoch nicht selten als donatio bezeichnet wird (c), so
gehört dieses zu dem oben erklärten uneigentlichen Sprach-
gebrauch.

Die Emancipation der Kinder hat mit der Sklaven-
manumission die Ähnlichkeit, daß das Kind gleichfalls ein
außer dem Vermögen liegendes Recht (die Unabhängigkeit)

(b) L. 106 de R. J. (50. 17.).
"Libertas inaestimabilis res
est."
Das ist nicht etwa der
figürliche Ausdruck eines unge-
mein hohen Werthes, sondern es
ist buchstäblich die Verneinung
alles Geldwerthes; Geld und Frey-
heit sind incommensurabel. Ul-
pian
. II.
11. ".. nec pretii com-
putatio pro libertate fieri po-
test."
Vgl. Gajus II. § 265, § 7
J. qui et quib. ex causis (1. 6.),
L. 176 § 1 de R. J. (50. 17.).
(c) Mehrere Stellen sind ge-
sammelt bey Meyerfeld I.
S. 48. 49.
4*

§. 148. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)
des Sklaven. Durch dieſe gab der Herr in wohlwollen-
der Abſicht wahres Eigenthum auf, ſo daß alſo von ſei-
ner Seite Alles geſchah, was zu einer Schenkung nöthig
iſt. Auch erhielt dadurch der Sklave die größte Wohl-
that, die Ein Menſch dem andern erweiſen konnte, die
Freyheit; allein dieſe war kein Vermögensrecht (b), und
es würde ganz irrig ſeyn, wenn man es ſo betrachten
wollte, als hätte der Herr das Eigenthum, welches ihm
an dem Sklaven zuſtand, auf dieſen ſelbſt übertragen.
Dieſes Eigenthum wurde vielmehr völlig vernichtet, und
es wurde ein freyer Menſch, ein rechtsfähiges Weſen, neu
creirt. Daher war denn ſowohl die teſtamentariſche Ma-
numiſſion, als die unter Lebenden, durchaus keine Schen-
kung, und Niemand dachte daran, die Lex Cincia oder
ſpäterhin die Inſinuation darauf anzuwenden. Wenn ſie
dennoch nicht ſelten als donatio bezeichnet wird (c), ſo
gehört dieſes zu dem oben erklärten uneigentlichen Sprach-
gebrauch.

Die Emancipation der Kinder hat mit der Sklaven-
manumiſſion die Ähnlichkeit, daß das Kind gleichfalls ein
außer dem Vermögen liegendes Recht (die Unabhängigkeit)

(b) L. 106 de R. J. (50. 17.).
„Libertas inaestimabilis res
est.”
Das iſt nicht etwa der
figürliche Ausdruck eines unge-
mein hohen Werthes, ſondern es
iſt buchſtäblich die Verneinung
alles Geldwerthes; Geld und Frey-
heit ſind incommenſurabel. Ul-
pian
. II.
11. „.. nec pretii com-
putatio pro libertate fieri po-
test.”
Vgl. Gajus II. § 265, § 7
J. qui et quib. ex causis (1. 6.),
L. 176 § 1 de R. J. (50. 17.).
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ſammelt bey Meyerfeld I.
S. 48. 49.
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[51/0065] §. 148. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.) des Sklaven. Durch dieſe gab der Herr in wohlwollen- der Abſicht wahres Eigenthum auf, ſo daß alſo von ſei- ner Seite Alles geſchah, was zu einer Schenkung nöthig iſt. Auch erhielt dadurch der Sklave die größte Wohl- that, die Ein Menſch dem andern erweiſen konnte, die Freyheit; allein dieſe war kein Vermögensrecht (b), und es würde ganz irrig ſeyn, wenn man es ſo betrachten wollte, als hätte der Herr das Eigenthum, welches ihm an dem Sklaven zuſtand, auf dieſen ſelbſt übertragen. Dieſes Eigenthum wurde vielmehr völlig vernichtet, und es wurde ein freyer Menſch, ein rechtsfähiges Weſen, neu creirt. Daher war denn ſowohl die teſtamentariſche Ma- numiſſion, als die unter Lebenden, durchaus keine Schen- kung, und Niemand dachte daran, die Lex Cincia oder ſpäterhin die Inſinuation darauf anzuwenden. Wenn ſie dennoch nicht ſelten als donatio bezeichnet wird (c), ſo gehört dieſes zu dem oben erklärten uneigentlichen Sprach- gebrauch. Die Emancipation der Kinder hat mit der Sklaven- manumiſſion die Ähnlichkeit, daß das Kind gleichfalls ein außer dem Vermögen liegendes Recht (die Unabhängigkeit) (b) L. 106 de R. J. (50. 17.). „Libertas inaestimabilis res est.” Das iſt nicht etwa der figürliche Ausdruck eines unge- mein hohen Werthes, ſondern es iſt buchſtäblich die Verneinung alles Geldwerthes; Geld und Frey- heit ſind incommenſurabel. Ul- pian. II. 11. „.. nec pretii com- putatio pro libertate fieri po- test.” Vgl. Gajus II. § 265, § 7 J. qui et quib. ex causis (1. 6.), L. 176 § 1 de R. J. (50. 17.). (c) Mehrere Stellen ſind ge- ſammelt bey Meyerfeld I. S. 48. 49. 4*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/65>, abgerufen am 21.11.2024.