Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
Beylage X.

Der Jurist spricht im Anfang und am Schluß der
Stelle von einem Fall, der unsre gegenwärtige Frage gar
nicht berührt. Blos zur Vergleichung zieht er den Fall
von einer Schenkung unter Ehegatten herbey, der hier im
Abdruck eingerückt ist. Von diesem nun sagt er, daß der
Schuldner des Mannes, der auf dessen Auftrag an die
Frau zahle, dadurch gegen den Mann nicht frey werde,
sondern nur gegen die Frau eine Condiction habe (d); nur
durch Cession dieser Klage an den Mann werde er auch
gegen diesen frey, also nur per exceptionem.

Dieser Ausspruch steht in offenbarem Widerspruch mit
der Annahme des Celsus, Julian und Ulpian, nach wel-
cher der zahlende Schuldner unsichtbarerweise Besitz und
Eigenthum des Geldes auf den Mann bringt, und da-
durch sogleich gänzlich aus allem Rechtsverhältniß aus-
scheidet. Es ist hieraus klar, daß Afrikanus dem consti-
tutum possessorium
einen weniger ausgedehnten Einfluß,
als jene andere Rechtslehrer, zuschreibt. Gerade diese
seine Ansicht aber ist uns auch schon aus einer anderen
merkwürdigen Rechtsfrage bekannt. Wenn Einer seinem
Schuldner Auftrag giebt, einem Dritten zu zahlen, der
das Geld als Darlehen haben soll, so entsteht dadurch
wirklich ein Darlehen; eben so aber auch, wenn Einer
seinem Procurator erklärt, er möge das aus dem Mandat

(d) Vorausgesetzt nämlich, daß
das Geld ausgegeben ist; auf das
vorräthige Geld hätte ohne Zwei-
fel Afrikanus dem Schuldner eine
Vindication gegeben.
Beylage X.

Der Juriſt ſpricht im Anfang und am Schluß der
Stelle von einem Fall, der unſre gegenwärtige Frage gar
nicht berührt. Blos zur Vergleichung zieht er den Fall
von einer Schenkung unter Ehegatten herbey, der hier im
Abdruck eingerückt iſt. Von dieſem nun ſagt er, daß der
Schuldner des Mannes, der auf deſſen Auftrag an die
Frau zahle, dadurch gegen den Mann nicht frey werde,
ſondern nur gegen die Frau eine Condiction habe (d); nur
durch Ceſſion dieſer Klage an den Mann werde er auch
gegen dieſen frey, alſo nur per exceptionem.

Dieſer Ausſpruch ſteht in offenbarem Widerſpruch mit
der Annahme des Celſus, Julian und Ulpian, nach wel-
cher der zahlende Schuldner unſichtbarerweiſe Beſitz und
Eigenthum des Geldes auf den Mann bringt, und da-
durch ſogleich gänzlich aus allem Rechtsverhältniß aus-
ſcheidet. Es iſt hieraus klar, daß Afrikanus dem consti-
tutum possessorium
einen weniger ausgedehnten Einfluß,
als jene andere Rechtslehrer, zuſchreibt. Gerade dieſe
ſeine Anſicht aber iſt uns auch ſchon aus einer anderen
merkwürdigen Rechtsfrage bekannt. Wenn Einer ſeinem
Schuldner Auftrag giebt, einem Dritten zu zahlen, der
das Geld als Darlehen haben ſoll, ſo entſteht dadurch
wirklich ein Darlehen; eben ſo aber auch, wenn Einer
ſeinem Procurator erklärt, er möge das aus dem Mandat

(d) Vorausgeſetzt nämlich, daß
das Geld ausgegeben iſt; auf das
vorräthige Geld hätte ohne Zwei-
fel Afrikanus dem Schuldner eine
Vindication gegeben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0608" n="594"/>
            <fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">X.</hi></fw><lb/>
            <p>Der Juri&#x017F;t &#x017F;pricht im Anfang und am Schluß der<lb/>
Stelle von einem Fall, der un&#x017F;re gegenwärtige Frage gar<lb/>
nicht berührt. Blos zur Vergleichung zieht er den Fall<lb/>
von einer Schenkung unter Ehegatten herbey, der hier im<lb/>
Abdruck eingerückt i&#x017F;t. Von die&#x017F;em nun &#x017F;agt er, daß der<lb/>
Schuldner des Mannes, der auf de&#x017F;&#x017F;en Auftrag an die<lb/>
Frau zahle, dadurch gegen den Mann nicht frey werde,<lb/>
&#x017F;ondern nur gegen die Frau eine Condiction habe <note place="foot" n="(d)">Vorausge&#x017F;etzt nämlich, daß<lb/>
das Geld ausgegeben i&#x017F;t; auf das<lb/>
vorräthige Geld hätte ohne Zwei-<lb/>
fel Afrikanus dem Schuldner eine<lb/>
Vindication gegeben.</note>; nur<lb/>
durch Ce&#x017F;&#x017F;ion die&#x017F;er Klage an den Mann werde er auch<lb/>
gegen die&#x017F;en frey, al&#x017F;o nur <hi rendition="#aq">per exceptionem.</hi></p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Aus&#x017F;pruch &#x017F;teht in offenbarem Wider&#x017F;pruch mit<lb/>
der Annahme des Cel&#x017F;us, Julian und Ulpian, nach wel-<lb/>
cher der zahlende Schuldner un&#x017F;ichtbarerwei&#x017F;e Be&#x017F;itz und<lb/>
Eigenthum des Geldes auf den Mann bringt, und da-<lb/>
durch &#x017F;ogleich gänzlich aus allem Rechtsverhältniß aus-<lb/>
&#x017F;cheidet. Es i&#x017F;t hieraus klar, daß Afrikanus dem <hi rendition="#aq">consti-<lb/>
tutum possessorium</hi> einen weniger ausgedehnten Einfluß,<lb/>
als jene andere Rechtslehrer, zu&#x017F;chreibt. Gerade die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;eine An&#x017F;icht aber i&#x017F;t uns auch &#x017F;chon aus einer anderen<lb/>
merkwürdigen Rechtsfrage bekannt. Wenn Einer &#x017F;einem<lb/>
Schuldner Auftrag giebt, einem Dritten zu zahlen, der<lb/>
das Geld als Darlehen haben &#x017F;oll, &#x017F;o ent&#x017F;teht dadurch<lb/>
wirklich ein Darlehen; eben &#x017F;o aber auch, wenn Einer<lb/>
&#x017F;einem Procurator erklärt, er möge das aus dem Mandat<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[594/0608] Beylage X. Der Juriſt ſpricht im Anfang und am Schluß der Stelle von einem Fall, der unſre gegenwärtige Frage gar nicht berührt. Blos zur Vergleichung zieht er den Fall von einer Schenkung unter Ehegatten herbey, der hier im Abdruck eingerückt iſt. Von dieſem nun ſagt er, daß der Schuldner des Mannes, der auf deſſen Auftrag an die Frau zahle, dadurch gegen den Mann nicht frey werde, ſondern nur gegen die Frau eine Condiction habe (d); nur durch Ceſſion dieſer Klage an den Mann werde er auch gegen dieſen frey, alſo nur per exceptionem. Dieſer Ausſpruch ſteht in offenbarem Widerſpruch mit der Annahme des Celſus, Julian und Ulpian, nach wel- cher der zahlende Schuldner unſichtbarerweiſe Beſitz und Eigenthum des Geldes auf den Mann bringt, und da- durch ſogleich gänzlich aus allem Rechtsverhältniß aus- ſcheidet. Es iſt hieraus klar, daß Afrikanus dem consti- tutum possessorium einen weniger ausgedehnten Einfluß, als jene andere Rechtslehrer, zuſchreibt. Gerade dieſe ſeine Anſicht aber iſt uns auch ſchon aus einer anderen merkwürdigen Rechtsfrage bekannt. Wenn Einer ſeinem Schuldner Auftrag giebt, einem Dritten zu zahlen, der das Geld als Darlehen haben ſoll, ſo entſteht dadurch wirklich ein Darlehen; eben ſo aber auch, wenn Einer ſeinem Procurator erklärt, er möge das aus dem Mandat (d) Vorausgeſetzt nämlich, daß das Geld ausgegeben iſt; auf das vorräthige Geld hätte ohne Zwei- fel Afrikanus dem Schuldner eine Vindication gegeben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/608
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/608>, abgerufen am 25.11.2024.