hängt zusammen mit der allgemeineren, ob die Zulassung der Usucapion überhaupt eine Veräußerung ist. Betrach- ten wir dieses zunächst in Anwendung auf ein anderes, aber verwandtes Rechtsverhältniß.
Der Ehemann soll Dotalgrundstücke nicht veräußern, und wenn er es versucht, soll seine Handlung nichtig seyn. Gesetzt nun, das Haus welches ihm als Dos gegeben worden ist, wird baufällig, der Nachbar fordert Caution wegen des Einsturzes, und der Mann verweigert diese Caution; hier bekommt in anderen Fällen der Nachbar zu- erst eine missio in possessionem, wenn aber die Verweige- rung fortdauert, wird ihm durch ein zweytes Decret des Prätors die possessio zugesprochen. Unter dieser war aber die augenblickliche Übertragung des Eigenthums an den bedrohten Nachbar verstanden (a); jedoch nur soweit der Prätor dieses Eigenthum geben konnte, nämlich in bo- nis, so daß es nun noch einer Usucapion bedurfte, um in vollständiges Eigenthum (ex jure quiritium) überzuge- hen (b). Wendet man diesen Hergang auf den die Cau-
(a)L. 15 § 23 de damno inf. (39. 2.).
(b)L. 5 pr., L. 18 § 15, L. 12, L. 15 § 16, L. 44 § 1 de dam- no inf. (39. 2.). -- Diese Stellen passen in dem eben erklärten ur- sprünglichen Sinn nicht mehr zum Justinianischen Recht, welches den Unterschied des bonitarischen und quiritarischen Eigenthums nicht kennt, und unter dessen Herrschaft das zweyte Decret der Obrigkeit gleich unmittelbar das volle Ei- genthum überträgt. Sie müssen also hier unter der Voraussetzung verstanden werden, daß der die Caution verweigernde Besitzer nicht Eigenthümer ist, in welchem Fall freylich der Nachbar auch durch das zweyte Decret nur die b. f. possessio erhält, und das Eigenthum erst durch Usucapion erwerben muß.
Beylage IX.
hängt zuſammen mit der allgemeineren, ob die Zulaſſung der Uſucapion überhaupt eine Veräußerung iſt. Betrach- ten wir dieſes zunächſt in Anwendung auf ein anderes, aber verwandtes Rechtsverhältniß.
Der Ehemann ſoll Dotalgrundſtücke nicht veräußern, und wenn er es verſucht, ſoll ſeine Handlung nichtig ſeyn. Geſetzt nun, das Haus welches ihm als Dos gegeben worden iſt, wird baufällig, der Nachbar fordert Caution wegen des Einſturzes, und der Mann verweigert dieſe Caution; hier bekommt in anderen Fällen der Nachbar zu- erſt eine missio in possessionem, wenn aber die Verweige- rung fortdauert, wird ihm durch ein zweytes Decret des Prätors die possessio zugeſprochen. Unter dieſer war aber die augenblickliche Übertragung des Eigenthums an den bedrohten Nachbar verſtanden (a); jedoch nur ſoweit der Prätor dieſes Eigenthum geben konnte, nämlich in bo- nis, ſo daß es nun noch einer Uſucapion bedurfte, um in vollſtändiges Eigenthum (ex jure quiritium) überzuge- hen (b). Wendet man dieſen Hergang auf den die Cau-
(a)L. 15 § 23 de damno inf. (39. 2.).
(b)L. 5 pr., L. 18 § 15, L. 12, L. 15 § 16, L. 44 § 1 de dam- no inf. (39. 2.). — Dieſe Stellen paſſen in dem eben erklärten ur- ſprünglichen Sinn nicht mehr zum Juſtinianiſchen Recht, welches den Unterſchied des bonitariſchen und quiritariſchen Eigenthums nicht kennt, und unter deſſen Herrſchaft das zweyte Decret der Obrigkeit gleich unmittelbar das volle Ei- genthum überträgt. Sie müſſen alſo hier unter der Vorausſetzung verſtanden werden, daß der die Caution verweigernde Beſitzer nicht Eigenthümer iſt, in welchem Fall freylich der Nachbar auch durch das zweyte Decret nur die b. f. possessio erhält, und das Eigenthum erſt durch Uſucapion erwerben muß.
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Beylage IX.
hängt zuſammen mit der allgemeineren, ob die Zulaſſung
der Uſucapion überhaupt eine Veräußerung iſt. Betrach-
ten wir dieſes zunächſt in Anwendung auf ein anderes,
aber verwandtes Rechtsverhältniß.
Der Ehemann ſoll Dotalgrundſtücke nicht veräußern,
und wenn er es verſucht, ſoll ſeine Handlung nichtig ſeyn.
Geſetzt nun, das Haus welches ihm als Dos gegeben
worden iſt, wird baufällig, der Nachbar fordert Caution
wegen des Einſturzes, und der Mann verweigert dieſe
Caution; hier bekommt in anderen Fällen der Nachbar zu-
erſt eine missio in possessionem, wenn aber die Verweige-
rung fortdauert, wird ihm durch ein zweytes Decret des
Prätors die possessio zugeſprochen. Unter dieſer war
aber die augenblickliche Übertragung des Eigenthums an
den bedrohten Nachbar verſtanden (a); jedoch nur ſoweit
der Prätor dieſes Eigenthum geben konnte, nämlich in bo-
nis, ſo daß es nun noch einer Uſucapion bedurfte, um in
vollſtändiges Eigenthum (ex jure quiritium) überzuge-
hen (b). Wendet man dieſen Hergang auf den die Cau-
(a) L. 15 § 23 de damno inf.
(39. 2.).
(b) L. 5 pr., L. 18 § 15, L. 12,
L. 15 § 16, L. 44 § 1 de dam-
no inf. (39. 2.). — Dieſe Stellen
paſſen in dem eben erklärten ur-
ſprünglichen Sinn nicht mehr zum
Juſtinianiſchen Recht, welches den
Unterſchied des bonitariſchen und
quiritariſchen Eigenthums nicht
kennt, und unter deſſen Herrſchaft
das zweyte Decret der Obrigkeit
gleich unmittelbar das volle Ei-
genthum überträgt. Sie müſſen
alſo hier unter der Vorausſetzung
verſtanden werden, daß der die
Caution verweigernde Beſitzer
nicht Eigenthümer iſt, in welchem
Fall freylich der Nachbar auch
durch das zweyte Decret nur die
b. f. possessio erhält, und das
Eigenthum erſt durch Uſucapion
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/580>, abgerufen am 15.06.2024.
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