Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. entstanden aus Privatboden, welchen die Eigenthümer dazuhergegeben haben (d), so sind sie privatae, das heißt sie sind im gemeinschaftlichen Eigenthum dieser Einzelnen, welche daher befugt sind, sie wieder aufzuheben oder auch für Fremde zu verschließen. Jedoch leidet dieses Letzte eine Ausnahme; auch die auf Privatboden ursprünglich ange- legten Gemeindewege sind publicae, also der Privatwill- kühr entzogen, wenn sie seit unvordenklicher Zeit, über Menschengedenken hinaus, als Wege bestehen (e); sie ha- ben dadurch die rechtliche Natur öffentlicher Straßen an- genommen. -- Hier hat also die unvordenkliche Zeit die Wirkung, daß dadurch ein Weg eben so zum Gemeingut Aller wird, wie wenn er durch die Staatsgewalt und auf Staatsboden angelegt worden wäre, was er in der That nicht ist. Ein Privatbesitz liegt dabey nicht zum Grunde, und irgend ein Privatrecht wird dadurch nicht begründet. -- Eine Anwendung dieses Grundsatzes im heutigen Recht würde wohl möglich seyn, wenngleich die Aufsicht auf öffentliche Anstalten dieser Art bey uns anders als bey den Römern eingerichtet ist. (d) Ulpian bemerkt in L. 2 cit., die bloße Erhaltung aus Privat- mitteln beweise Nichts gegen die Natur einer publica via, da auch bey einer solchen die Erhaltung aus den Beyträgen derjenigen Einzelnen geschehen könne, die davon vorzugsweise Nutzen zie- hen. Vorher sagt er, die öffent- liche Natur der Vicinalwege werde von Manchen ganz allgemein be- hauptet; er beschränkt nun diese Behauptung durch die im Text dargestellte Unterscheidung. (e) L. 3 pr. de locis et itin.
publ. (43. 7.). (Ulpian.) "Viae vicinales, quae ex agris priva- torum collatis factae sunt (die also nach der vorigen Stelle eigent- lich privatae seyn müßten), qua- rum memoria non exstat, publi- carum viarum numero sunt." Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. entſtanden aus Privatboden, welchen die Eigenthümer dazuhergegeben haben (d), ſo ſind ſie privatae, das heißt ſie ſind im gemeinſchaftlichen Eigenthum dieſer Einzelnen, welche daher befugt ſind, ſie wieder aufzuheben oder auch für Fremde zu verſchließen. Jedoch leidet dieſes Letzte eine Ausnahme; auch die auf Privatboden urſprünglich ange- legten Gemeindewege ſind publicae, alſo der Privatwill- kühr entzogen, wenn ſie ſeit unvordenklicher Zeit, über Menſchengedenken hinaus, als Wege beſtehen (e); ſie ha- ben dadurch die rechtliche Natur öffentlicher Straßen an- genommen. — Hier hat alſo die unvordenkliche Zeit die Wirkung, daß dadurch ein Weg eben ſo zum Gemeingut Aller wird, wie wenn er durch die Staatsgewalt und auf Staatsboden angelegt worden wäre, was er in der That nicht iſt. Ein Privatbeſitz liegt dabey nicht zum Grunde, und irgend ein Privatrecht wird dadurch nicht begründet. — Eine Anwendung dieſes Grundſatzes im heutigen Recht würde wohl möglich ſeyn, wenngleich die Aufſicht auf öffentliche Anſtalten dieſer Art bey uns anders als bey den Römern eingerichtet iſt. (d) Ulpian bemerkt in L. 2 cit., die bloße Erhaltung aus Privat- mitteln beweiſe Nichts gegen die Natur einer publica via, da auch bey einer ſolchen die Erhaltung aus den Beyträgen derjenigen Einzelnen geſchehen könne, die davon vorzugsweiſe Nutzen zie- hen. Vorher ſagt er, die öffent- liche Natur der Vicinalwege werde von Manchen ganz allgemein be- hauptet; er beſchränkt nun dieſe Behauptung durch die im Text dargeſtellte Unterſcheidung. (e) L. 3 pr. de locis et itin.
publ. (43. 7.). (Ulpian.) „Viae vicinales, quae ex agris priva- torum collatis factae sunt (die alſo nach der vorigen Stelle eigent- lich privatae ſeyn müßten), qua- rum memoria non exstat, publi- carum viarum numero sunt.” <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0500" n="486"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> entſtanden aus Privatboden, welchen die Eigenthümer dazu<lb/> hergegeben haben <note place="foot" n="(d)">Ulpian bemerkt in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">cit.,</hi></hi><lb/> die bloße Erhaltung aus Privat-<lb/> mitteln beweiſe Nichts gegen die<lb/> Natur einer <hi rendition="#aq">publica via,</hi> da auch<lb/> bey einer ſolchen die Erhaltung<lb/> aus den Beyträgen derjenigen<lb/> Einzelnen geſchehen könne, die<lb/> davon vorzugsweiſe Nutzen zie-<lb/> hen. Vorher ſagt er, die öffent-<lb/> liche Natur der Vicinalwege werde<lb/> von Manchen ganz allgemein be-<lb/> hauptet; er beſchränkt nun dieſe<lb/> Behauptung durch die im Text<lb/> dargeſtellte Unterſcheidung.</note>, ſo ſind ſie <hi rendition="#aq">privatae,</hi> das heißt ſie<lb/> ſind im gemeinſchaftlichen Eigenthum dieſer Einzelnen,<lb/> welche daher befugt ſind, ſie wieder aufzuheben oder auch<lb/> für Fremde zu verſchließen. Jedoch leidet dieſes Letzte eine<lb/> Ausnahme; auch die auf Privatboden urſprünglich ange-<lb/> legten Gemeindewege ſind <hi rendition="#aq">publicae,</hi> alſo der Privatwill-<lb/> kühr entzogen, wenn ſie ſeit unvordenklicher Zeit, über<lb/> Menſchengedenken hinaus, als Wege beſtehen <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">pr. de locis et itin.<lb/> publ.</hi> (43. 7.). (Ulpian.) „Viae<lb/> vicinales, <hi rendition="#i">quae ex agris priva-<lb/> torum collatis factae sunt</hi></hi> (die<lb/> alſo nach der vorigen Stelle eigent-<lb/> lich <hi rendition="#aq">privatae</hi> ſeyn müßten), <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">qua-<lb/> rum memoria non exstat,</hi> publi-<lb/> carum viarum numero sunt.”</hi></note>; ſie ha-<lb/> ben dadurch die rechtliche Natur öffentlicher Straßen an-<lb/> genommen. — Hier hat alſo die unvordenkliche Zeit die<lb/> Wirkung, daß dadurch ein Weg eben ſo zum Gemeingut<lb/> Aller wird, wie wenn er durch die Staatsgewalt und auf<lb/> Staatsboden angelegt worden wäre, was er in der That<lb/> nicht iſt. Ein Privatbeſitz liegt dabey nicht zum Grunde,<lb/> und irgend ein Privatrecht wird dadurch nicht begründet.<lb/> — Eine Anwendung dieſes Grundſatzes im heutigen Recht<lb/> würde wohl möglich ſeyn, wenngleich die Aufſicht auf<lb/> öffentliche Anſtalten dieſer Art bey uns anders als bey<lb/> den Römern eingerichtet iſt.</p> </div><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [486/0500]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
entſtanden aus Privatboden, welchen die Eigenthümer dazu
hergegeben haben (d), ſo ſind ſie privatae, das heißt ſie
ſind im gemeinſchaftlichen Eigenthum dieſer Einzelnen,
welche daher befugt ſind, ſie wieder aufzuheben oder auch
für Fremde zu verſchließen. Jedoch leidet dieſes Letzte eine
Ausnahme; auch die auf Privatboden urſprünglich ange-
legten Gemeindewege ſind publicae, alſo der Privatwill-
kühr entzogen, wenn ſie ſeit unvordenklicher Zeit, über
Menſchengedenken hinaus, als Wege beſtehen (e); ſie ha-
ben dadurch die rechtliche Natur öffentlicher Straßen an-
genommen. — Hier hat alſo die unvordenkliche Zeit die
Wirkung, daß dadurch ein Weg eben ſo zum Gemeingut
Aller wird, wie wenn er durch die Staatsgewalt und auf
Staatsboden angelegt worden wäre, was er in der That
nicht iſt. Ein Privatbeſitz liegt dabey nicht zum Grunde,
und irgend ein Privatrecht wird dadurch nicht begründet.
— Eine Anwendung dieſes Grundſatzes im heutigen Recht
würde wohl möglich ſeyn, wenngleich die Aufſicht auf
öffentliche Anſtalten dieſer Art bey uns anders als bey
den Römern eingerichtet iſt.
(d) Ulpian bemerkt in L. 2 cit.,
die bloße Erhaltung aus Privat-
mitteln beweiſe Nichts gegen die
Natur einer publica via, da auch
bey einer ſolchen die Erhaltung
aus den Beyträgen derjenigen
Einzelnen geſchehen könne, die
davon vorzugsweiſe Nutzen zie-
hen. Vorher ſagt er, die öffent-
liche Natur der Vicinalwege werde
von Manchen ganz allgemein be-
hauptet; er beſchränkt nun dieſe
Behauptung durch die im Text
dargeſtellte Unterſcheidung.
(e) L. 3 pr. de locis et itin.
publ. (43. 7.). (Ulpian.) „Viae
vicinales, quae ex agris priva-
torum collatis factae sunt (die
alſo nach der vorigen Stelle eigent-
lich privatae ſeyn müßten), qua-
rum memoria non exstat, publi-
carum viarum numero sunt.”
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |