Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. ten Zeitraum geht, ja daß in ihm sogar dieselben trigintadies vorkommen, wie in dem fünften Fall (k). -- Muß nun die Unterscheidung der Jahre und Tage verworfen werden, so bleibt nur noch der Unterschied übrig, daß die vier ersten Zeiträume auf Gesetzen beruhen (Lex oder Edict), der fünfte auf einem Vertrag, und dieser Unterschied ist denn auch in der That der entscheidende, auch für alle übrige, in unsrer Stelle nicht berührte Fälle. Dafür aber läßt sich ein völlig befriedigender innerer Grund angeben. Die Fiction, daß der Schalttag kein Tag sey, beruht auf einer gesetzlichen Regel, so wie der Schalttag selbst auf einer gesetzlichen Einrichtung. Bey jedem Gesetz nun, welches einen Zeitraum vorschreibt, muß angenommen wer- den, daß der Gesetzgeber die Anwendung seiner Vorschrift mit Berücksichtigung aller übrigen Gesetze, also auch des Gesetzes über den Schalttag, gewollt hat. Dasselbe muß angenommen werden, wenn der Richter eine Frist bestimmt, da er ein Organ der Staatsgewalt, seine Handlung also eine Staatshandlung ist. Dieses ist also auch auf alle gesetzliche und richterliche Prozeßfristen anzuwenden, so daß die zehentägige Appellationsfrist durch den einfallenden (k) Bynkershoek sucht diese
Einwendung auf sehr unbefriedi- gende Weise zu beseitigen. Er meynt, die 30 Tage der 12 Tafeln könnten auch wohl collectiv als Ein Monat gedacht werden; das gilt ja aber eben so gut von den 30 Tagen im letzten Fall unsrer Stelle, erklärt also nicht den Un- terschied. -- Ferner könnte viel- leicht damals schon die andere Frist von 2 Monaten eingeführt gewesen seyn; aber Gajus und Ulpian erkennen ausdrücklich die Frist der Lex als geltendes Recht an (Note f). Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ten Zeitraum geht, ja daß in ihm ſogar dieſelben trigintadies vorkommen, wie in dem fünften Fall (k). — Muß nun die Unterſcheidung der Jahre und Tage verworfen werden, ſo bleibt nur noch der Unterſchied übrig, daß die vier erſten Zeiträume auf Geſetzen beruhen (Lex oder Edict), der fünfte auf einem Vertrag, und dieſer Unterſchied iſt denn auch in der That der entſcheidende, auch für alle übrige, in unſrer Stelle nicht berührte Fälle. Dafür aber läßt ſich ein voͤllig befriedigender innerer Grund angeben. Die Fiction, daß der Schalttag kein Tag ſey, beruht auf einer geſetzlichen Regel, ſo wie der Schalttag ſelbſt auf einer geſetzlichen Einrichtung. Bey jedem Geſetz nun, welches einen Zeitraum vorſchreibt, muß angenommen wer- den, daß der Geſetzgeber die Anwendung ſeiner Vorſchrift mit Berückſichtigung aller übrigen Geſetze, alſo auch des Geſetzes über den Schalttag, gewollt hat. Daſſelbe muß angenommen werden, wenn der Richter eine Friſt beſtimmt, da er ein Organ der Staatsgewalt, ſeine Handlung alſo eine Staatshandlung iſt. Dieſes iſt alſo auch auf alle geſetzliche und richterliche Prozeßfriſten anzuwenden, ſo daß die zehentägige Appellationsfriſt durch den einfallenden (k) Bynkershoek ſucht dieſe
Einwendung auf ſehr unbefriedi- gende Weiſe zu beſeitigen. Er meynt, die 30 Tage der 12 Tafeln könnten auch wohl collectiv als Ein Monat gedacht werden; das gilt ja aber eben ſo gut von den 30 Tagen im letzten Fall unſrer Stelle, erklärt alſo nicht den Un- terſchied. — Ferner könnte viel- leicht damals ſchon die andere Friſt von 2 Monaten eingeführt geweſen ſeyn; aber Gajus und Ulpian erkennen ausdrücklich die Friſt der Lex als geltendes Recht an (Note f). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0484" n="470"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> ten Zeitraum geht, ja daß in ihm ſogar dieſelben <hi rendition="#aq">triginta<lb/> dies</hi> vorkommen, wie in dem fünften Fall <note place="foot" n="(k)">Bynkershoek ſucht dieſe<lb/> Einwendung auf ſehr unbefriedi-<lb/> gende Weiſe zu beſeitigen. Er<lb/> meynt, die 30 Tage der 12 Tafeln<lb/> könnten auch wohl collectiv als<lb/> Ein Monat gedacht werden; das<lb/> gilt ja aber eben ſo gut von den<lb/> 30 Tagen im letzten Fall unſrer<lb/> Stelle, erklärt alſo nicht den Un-<lb/> terſchied. — Ferner könnte viel-<lb/> leicht damals ſchon die andere<lb/> Friſt von 2 Monaten eingeführt<lb/> geweſen ſeyn; aber Gajus und<lb/> Ulpian erkennen ausdrücklich die<lb/> Friſt der Lex als geltendes Recht<lb/> an (Note <hi rendition="#aq">f</hi>).</note>. — Muß<lb/> nun die Unterſcheidung der Jahre und Tage verworfen<lb/> werden, ſo bleibt nur noch der Unterſchied übrig, daß die<lb/> vier erſten Zeiträume auf Geſetzen beruhen (Lex oder Edict),<lb/> der fünfte auf einem Vertrag, und dieſer Unterſchied iſt<lb/> denn auch in der That der entſcheidende, auch für alle<lb/> übrige, in unſrer Stelle nicht berührte Fälle. Dafür aber<lb/> läßt ſich ein voͤllig befriedigender innerer Grund angeben.<lb/> Die Fiction, daß der Schalttag kein Tag ſey, beruht auf<lb/> einer geſetzlichen Regel, ſo wie der Schalttag ſelbſt auf<lb/> einer geſetzlichen Einrichtung. Bey jedem Geſetz nun,<lb/> welches einen Zeitraum vorſchreibt, muß angenommen wer-<lb/> den, daß der Geſetzgeber die Anwendung ſeiner Vorſchrift<lb/> mit Berückſichtigung aller übrigen Geſetze, alſo auch des<lb/> Geſetzes über den Schalttag, gewollt hat. Daſſelbe muß<lb/> angenommen werden, wenn der Richter eine Friſt beſtimmt,<lb/> da er ein Organ der Staatsgewalt, ſeine Handlung alſo<lb/> eine Staatshandlung iſt. Dieſes iſt alſo auch auf alle<lb/> geſetzliche und richterliche Prozeßfriſten anzuwenden, ſo daß<lb/> die zehentägige Appellationsfriſt durch den einfallenden<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [470/0484]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ten Zeitraum geht, ja daß in ihm ſogar dieſelben triginta
dies vorkommen, wie in dem fünften Fall (k). — Muß
nun die Unterſcheidung der Jahre und Tage verworfen
werden, ſo bleibt nur noch der Unterſchied übrig, daß die
vier erſten Zeiträume auf Geſetzen beruhen (Lex oder Edict),
der fünfte auf einem Vertrag, und dieſer Unterſchied iſt
denn auch in der That der entſcheidende, auch für alle
übrige, in unſrer Stelle nicht berührte Fälle. Dafür aber
läßt ſich ein voͤllig befriedigender innerer Grund angeben.
Die Fiction, daß der Schalttag kein Tag ſey, beruht auf
einer geſetzlichen Regel, ſo wie der Schalttag ſelbſt auf
einer geſetzlichen Einrichtung. Bey jedem Geſetz nun,
welches einen Zeitraum vorſchreibt, muß angenommen wer-
den, daß der Geſetzgeber die Anwendung ſeiner Vorſchrift
mit Berückſichtigung aller übrigen Geſetze, alſo auch des
Geſetzes über den Schalttag, gewollt hat. Daſſelbe muß
angenommen werden, wenn der Richter eine Friſt beſtimmt,
da er ein Organ der Staatsgewalt, ſeine Handlung alſo
eine Staatshandlung iſt. Dieſes iſt alſo auch auf alle
geſetzliche und richterliche Prozeßfriſten anzuwenden, ſo daß
die zehentägige Appellationsfriſt durch den einfallenden
(k) Bynkershoek ſucht dieſe
Einwendung auf ſehr unbefriedi-
gende Weiſe zu beſeitigen. Er
meynt, die 30 Tage der 12 Tafeln
könnten auch wohl collectiv als
Ein Monat gedacht werden; das
gilt ja aber eben ſo gut von den
30 Tagen im letzten Fall unſrer
Stelle, erklärt alſo nicht den Un-
terſchied. — Ferner könnte viel-
leicht damals ſchon die andere
Friſt von 2 Monaten eingeführt
geweſen ſeyn; aber Gajus und
Ulpian erkennen ausdrücklich die
Friſt der Lex als geltendes Recht
an (Note f).
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