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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortsetzung.)
bloße Gebrauch zu dem Werth einer Geldsumme anschla-
gen, und es werden sich dafür an den meisten Orten, je
nach der Größe und Annehmlichkeit der Wohnungen, ziem-
lich regelmäßige Preiße bilden. Die natürliche Folge da-
von ist, daß das Commodat einer Wohnung (a) als eine
wahre Schenkung angesehen werden kann, nämlich als
Schenkung derjenigen Geldsumme, welche der Bewohner
ohne jenes Commodat als Miethgeld hätte aufwenden
müssen (b). In den meisten Fällen wird der Eigenthümer,
der die Wohnung unentgeldlich überläßt, gerade so viel
an Miethgeld aufopfern, als der Andere an Miethgeld
erspart; wo dieses nicht ist, kann nur die geringere Summe
als Gegenstand der Schenkung gelten, da nur in dieser
das Geben und Nehmen zusammen trifft, welches zum
Wesen jeder Schenkung nöthig ist. Wenn z. B. eine Woh-
nung, die stets zu 800 vermiethet war, Demjenigen un-
entgeldlich überlassen wird, der, nach Verhältniß seiner
Einnahme, nie mehr als 500 an Miethgeld ausgab, so
sind ihm nur 500 geschenkt, weil er nur diese als Mieth-
geld erspart; die übrigen 300, die der Eigenthümer gleich-
falls aufopfert, gehen darin auf, daß der Bewohner mehr

(a) Daß es ein wahres Com-
modat ist, sagen ausdrücklich L. 1
§ 1 comm. (13. 6.), L. 17 pr.
de praescr. verbis
(19. 5.).
(b) L. 9 pr. de don. (39. 5.).
"In aedibus alienis habitare
gratis, donatio videtur: id enim
ipsum capere videtur qui ha-
bitat, quod mercedem pro ha-
bitatione non solvit.
"
-- So
steht in L. 6 de alimentis (34.
1.) die habitatio, neben cibaria
et vestitus,
unter den strengen
Lebensbedürfnissen "quia sine his
ali corpus non potest."
IV. 3

§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)
bloße Gebrauch zu dem Werth einer Geldſumme anſchla-
gen, und es werden ſich dafür an den meiſten Orten, je
nach der Größe und Annehmlichkeit der Wohnungen, ziem-
lich regelmäßige Preiße bilden. Die natürliche Folge da-
von iſt, daß das Commodat einer Wohnung (a) als eine
wahre Schenkung angeſehen werden kann, nämlich als
Schenkung derjenigen Geldſumme, welche der Bewohner
ohne jenes Commodat als Miethgeld hätte aufwenden
müſſen (b). In den meiſten Fällen wird der Eigenthümer,
der die Wohnung unentgeldlich überläßt, gerade ſo viel
an Miethgeld aufopfern, als der Andere an Miethgeld
erſpart; wo dieſes nicht iſt, kann nur die geringere Summe
als Gegenſtand der Schenkung gelten, da nur in dieſer
das Geben und Nehmen zuſammen trifft, welches zum
Weſen jeder Schenkung nöthig iſt. Wenn z. B. eine Woh-
nung, die ſtets zu 800 vermiethet war, Demjenigen un-
entgeldlich überlaſſen wird, der, nach Verhältniß ſeiner
Einnahme, nie mehr als 500 an Miethgeld ausgab, ſo
ſind ihm nur 500 geſchenkt, weil er nur dieſe als Mieth-
geld erſpart; die übrigen 300, die der Eigenthümer gleich-
falls aufopfert, gehen darin auf, daß der Bewohner mehr

(a) Daß es ein wahres Com-
modat iſt, ſagen ausdrücklich L. 1
§ 1 comm. (13. 6.), L. 17 pr.
de praescr. verbis
(19. 5.).
(b) L. 9 pr. de don. (39. 5.).
„In aedibus alienis habitare
gratis, donatio videtur: id enim
ipsum capere videtur qui ha-
bitat, quod mercedem pro ha-
bitatione non solvit.
— So
ſteht in L. 6 de alimentis (34.
1.) die habitatio, neben cibaria
et vestitus,
unter den ſtrengen
Lebensbedürfniſſen „quia sine his
ali corpus non potest.”
IV. 3
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[33/0047] §. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.) bloße Gebrauch zu dem Werth einer Geldſumme anſchla- gen, und es werden ſich dafür an den meiſten Orten, je nach der Größe und Annehmlichkeit der Wohnungen, ziem- lich regelmäßige Preiße bilden. Die natürliche Folge da- von iſt, daß das Commodat einer Wohnung (a) als eine wahre Schenkung angeſehen werden kann, nämlich als Schenkung derjenigen Geldſumme, welche der Bewohner ohne jenes Commodat als Miethgeld hätte aufwenden müſſen (b). In den meiſten Fällen wird der Eigenthümer, der die Wohnung unentgeldlich überläßt, gerade ſo viel an Miethgeld aufopfern, als der Andere an Miethgeld erſpart; wo dieſes nicht iſt, kann nur die geringere Summe als Gegenſtand der Schenkung gelten, da nur in dieſer das Geben und Nehmen zuſammen trifft, welches zum Weſen jeder Schenkung nöthig iſt. Wenn z. B. eine Woh- nung, die ſtets zu 800 vermiethet war, Demjenigen un- entgeldlich überlaſſen wird, der, nach Verhältniß ſeiner Einnahme, nie mehr als 500 an Miethgeld ausgab, ſo ſind ihm nur 500 geſchenkt, weil er nur dieſe als Mieth- geld erſpart; die übrigen 300, die der Eigenthümer gleich- falls aufopfert, gehen darin auf, daß der Bewohner mehr (a) Daß es ein wahres Com- modat iſt, ſagen ausdrücklich L. 1 § 1 comm. (13. 6.), L. 17 pr. de praescr. verbis (19. 5.). (b) L. 9 pr. de don. (39. 5.). „In aedibus alienis habitare gratis, donatio videtur: id enim ipsum capere videtur qui ha- bitat, quod mercedem pro ha- bitatione non solvit.” — So ſteht in L. 6 de alimentis (34. 1.) die habitatio, neben cibaria et vestitus, unter den ſtrengen Lebensbedürfniſſen „quia sine his ali corpus non potest.” IV. 3

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/47>, abgerufen am 29.03.2024.