Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. tima judicia vorgeschriebene anderthalbjährige Prozeßver-jährung (t). In den Fällen des continuum tempus nun hat die Anwendung der Restitution ohnehin keinen Zwei- fel, und sie bewirkt hier, nach freyem Ermessen und mit Rücksicht auf individuelle Umstände, Dasselbe was in den Fällen des utile tempus schon durch eine allgemeine Re- gel bewirkt wird. Eine solche Restitution wird auch in unsren Rechtsquellen erwähnt (u); besonders aber bey ver- säumten Prozeßfristen, war im Römischen Prozeß die Re- stitution eben so häufig, als sie in unsren heutigen Gerich- ten ist. Nur gegen die dreyßigjährige Klagverjährung ist jede Restitution, also auch die der Abwesenden, allge- mein verboten (v). Man kann noch fragen, in welchem Verhältniß das (t) Gajus IV. § 104. (u) L. 31 ad L. Jul. de adult. (18. 5) "aequum est computa- tioni quinquennii eximi id tem- pus, quod per postulationem praecedentem consumtum sit." In diesen Worten liegt eine un- verkennbare Hinweisung auf Re- stitution, die gegen alle Verjäh- rungen, mit Ausnahme der drey- ßigjährigen, gilt; daher kann ich es nicht billigen, wenn Haubold p. 411 den Inhalt dieser Stelle für eine ganz singuläre Bestim- mung erklärt. (v) L. 3 C. de praeser. XXX. (7. 39.). (w) Löhr S. 418. 419. Rein-
felder S. 16. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. tima judicia vorgeſchriebene anderthalbjährige Prozeßver-jährung (t). In den Fällen des continuum tempus nun hat die Anwendung der Reſtitution ohnehin keinen Zwei- fel, und ſie bewirkt hier, nach freyem Ermeſſen und mit Rückſicht auf individuelle Umſtände, Daſſelbe was in den Fällen des utile tempus ſchon durch eine allgemeine Re- gel bewirkt wird. Eine ſolche Reſtitution wird auch in unſren Rechtsquellen erwähnt (u); beſonders aber bey ver- ſäumten Prozeßfriſten, war im Römiſchen Prozeß die Re- ſtitution eben ſo häufig, als ſie in unſren heutigen Gerich- ten iſt. Nur gegen die dreyßigjährige Klagverjährung iſt jede Reſtitution, alſo auch die der Abweſenden, allge- mein verboten (v). Man kann noch fragen, in welchem Verhältniß das (t) Gajus IV. § 104. (u) L. 31 ad L. Jul. de adult. (18. 5) „aequum est computa- tioni quinquennii eximi id tem- pus, quod per postulationem praecedentem consumtum sit.” In dieſen Worten liegt eine un- verkennbare Hinweiſung auf Re- ſtitution, die gegen alle Verjäh- rungen, mit Ausnahme der drey- ßigjährigen, gilt; daher kann ich es nicht billigen, wenn Haubold p. 411 den Inhalt dieſer Stelle für eine ganz ſinguläre Beſtim- mung erklärt. (v) L. 3 C. de praeser. XXX. (7. 39.). (w) Löhr S. 418. 419. Rein-
felder S. 16. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0456" n="442"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/><hi rendition="#aq">tima judicia</hi> vorgeſchriebene anderthalbjährige Prozeßver-<lb/> jährung <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 104.</note>. In den Fällen des <hi rendition="#aq">continuum tempus</hi> nun<lb/> hat die Anwendung der Reſtitution ohnehin keinen Zwei-<lb/> fel, und ſie bewirkt hier, nach freyem Ermeſſen und mit<lb/> Rückſicht auf individuelle Umſtände, Daſſelbe was in den<lb/> Fällen des <hi rendition="#aq">utile tempus</hi> ſchon durch eine allgemeine Re-<lb/> gel bewirkt wird. Eine ſolche Reſtitution wird auch in<lb/> unſren Rechtsquellen erwähnt <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 31 <hi rendition="#i">ad L. Jul. de adult.</hi><lb/> (18. 5) <hi rendition="#i">„aequum est</hi> computa-<lb/> tioni quinquennii <hi rendition="#i">eximi</hi> id tem-<lb/> pus, quod per postulationem<lb/> praecedentem consumtum sit.”</hi><lb/> In dieſen Worten liegt eine un-<lb/> verkennbare Hinweiſung auf Re-<lb/> ſtitution, die gegen alle Verjäh-<lb/> rungen, mit Ausnahme der drey-<lb/> ßigjährigen, gilt; daher kann ich<lb/> es nicht billigen, wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Haubold</hi><lb/> p.</hi> 411 den Inhalt dieſer Stelle<lb/> für eine ganz ſinguläre Beſtim-<lb/> mung erklärt.</note>; beſonders aber bey ver-<lb/> ſäumten Prozeßfriſten, war im Römiſchen Prozeß die Re-<lb/> ſtitution eben ſo häufig, als ſie in unſren heutigen Gerich-<lb/> ten iſt. Nur gegen die dreyßigjährige Klagverjährung<lb/> iſt jede Reſtitution, alſo auch die der Abweſenden, allge-<lb/> mein verboten <note place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">C. de praeser.</hi> XXX.</hi><lb/> (7. 39.).</note>.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Man kann noch fragen, in welchem Verhältniß das<lb/><hi rendition="#aq">utile tempus</hi> zur civilen Zeitrechnung ſtehe. Manche ha-<lb/> ben behauptet, dieſe ſey auf das <hi rendition="#aq">utile tempus</hi> gar nicht<lb/> anwendbar, ſondern nur auf das <hi rendition="#aq">continuum</hi> <note place="foot" n="(w)"><hi rendition="#g">Löhr</hi> S. 418. 419. <hi rendition="#g">Rein-<lb/> felder</hi> S. 16.</note>; zu die-<lb/> ſer Behauptung aber iſt gar kein Grund vorhanden. Das<lb/><hi rendition="#aq">utile tempus</hi> beſteht darin, daß die Tage der Verhinde-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [442/0456]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
tima judicia vorgeſchriebene anderthalbjährige Prozeßver-
jährung (t). In den Fällen des continuum tempus nun
hat die Anwendung der Reſtitution ohnehin keinen Zwei-
fel, und ſie bewirkt hier, nach freyem Ermeſſen und mit
Rückſicht auf individuelle Umſtände, Daſſelbe was in den
Fällen des utile tempus ſchon durch eine allgemeine Re-
gel bewirkt wird. Eine ſolche Reſtitution wird auch in
unſren Rechtsquellen erwähnt (u); beſonders aber bey ver-
ſäumten Prozeßfriſten, war im Römiſchen Prozeß die Re-
ſtitution eben ſo häufig, als ſie in unſren heutigen Gerich-
ten iſt. Nur gegen die dreyßigjährige Klagverjährung
iſt jede Reſtitution, alſo auch die der Abweſenden, allge-
mein verboten (v).
Man kann noch fragen, in welchem Verhältniß das
utile tempus zur civilen Zeitrechnung ſtehe. Manche ha-
ben behauptet, dieſe ſey auf das utile tempus gar nicht
anwendbar, ſondern nur auf das continuum (w); zu die-
ſer Behauptung aber iſt gar kein Grund vorhanden. Das
utile tempus beſteht darin, daß die Tage der Verhinde-
(t) Gajus IV. § 104.
(u) L. 31 ad L. Jul. de adult.
(18. 5) „aequum est computa-
tioni quinquennii eximi id tem-
pus, quod per postulationem
praecedentem consumtum sit.”
In dieſen Worten liegt eine un-
verkennbare Hinweiſung auf Re-
ſtitution, die gegen alle Verjäh-
rungen, mit Ausnahme der drey-
ßigjährigen, gilt; daher kann ich
es nicht billigen, wenn Haubold
p. 411 den Inhalt dieſer Stelle
für eine ganz ſinguläre Beſtim-
mung erklärt.
(v) L. 3 C. de praeser. XXX.
(7. 39.).
(w) Löhr S. 418. 419. Rein-
felder S. 16.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/456 |
Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/456>, abgerufen am 16.07.2024. |