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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
werden: das utile tempus, von welchem nunmehr, als ei-
ner zweyten möglichen Modification, die Rede seyn soll,
ist schon durch seinen Begriff auf solche Zeiträume be-
schränkt, in welchen die Unthätigkeit eines Berechtigten den
Verlust des Rechts nach sich zieht (§ 177). Wenn näm-
lich diese Unthätigkeit in einzelnen Fällen ihren Grund hat
in einem unüberwindlichen Hinderniß, so kann hierauf bil-
lige Rücksicht in der Art genommen werden, daß diejeni-
gen Zeittheile, worin das Hinderniß Statt fand, gar nicht
als abgelaufen oder versäumt mitgerechnet werden (a), so
daß der Zeitraum um eben so viele Zeittheile in der That
erweitert wird, als durch das Hinderniß aus der Berech-
nung ausgefallen sind. Wo diese Modification zur An-
wendung kommt, heißt die Zeit utile tempus, wo sie nicht
gilt, also die Zählung der Zeittheile ohne Rücksicht auf
Hindernisse durchgeführt wird, continuum (b). Die Zeit-
theile, die auf diese Weise dem Handelnden zu gut ge-
rechnet werden, sind stets einzelne, aber ganze Tage, auch
da wo der Zeitraum selbst nicht in einer Zahl von Ta-

(a) Der technische Ausdruck ist:
dies cedunt, non cedunt. Vgl.
die angeführten Hauptstellen.
(b) Tempus utile, continuum.
L. 2 quis ordo (38. 15.). -- Dies
utiles,
in beiden Hauptstellen, auch
in § 16 J. de excus. (1. 25.). --
Menses. L. 19 § 6 de aedil. ed.
(21. 1.), L. 29 § 5 ad L. Jul.
de adult.
(48. 5.). -- Annus L. 19
§ 6 de aedil. ed. (21. 1.), L. 8
C. de dolo (2. 21.). -- Biennium
continuum. L. 8 C. de dolo (2.
21.). -- Quadriennium L. 7 C.
de temp. in int. rest.
(2. 53.). --
Quinquennium L. 29 § 5 L. 31
ad L. Jul. de adult.
(48. 5.). --
Auch kommt für diese Behand-
lung der Zeit das Substantivum
utilitas temporis vor L. 2 § 3
quis ordo
(8. 15.); eben so für
die entgegengesetzte: continuatio
temporis. L. 7 pr. C. de temp.
in int. rest.
(2. 53.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
werden: das utile tempus, von welchem nunmehr, als ei-
ner zweyten möglichen Modification, die Rede ſeyn ſoll,
iſt ſchon durch ſeinen Begriff auf ſolche Zeiträume be-
ſchränkt, in welchen die Unthätigkeit eines Berechtigten den
Verluſt des Rechts nach ſich zieht (§ 177). Wenn näm-
lich dieſe Unthätigkeit in einzelnen Fällen ihren Grund hat
in einem unüberwindlichen Hinderniß, ſo kann hierauf bil-
lige Rückſicht in der Art genommen werden, daß diejeni-
gen Zeittheile, worin das Hinderniß Statt fand, gar nicht
als abgelaufen oder verſäumt mitgerechnet werden (a), ſo
daß der Zeitraum um eben ſo viele Zeittheile in der That
erweitert wird, als durch das Hinderniß aus der Berech-
nung ausgefallen ſind. Wo dieſe Modification zur An-
wendung kommt, heißt die Zeit utile tempus, wo ſie nicht
gilt, alſo die Zählung der Zeittheile ohne Rückſicht auf
Hinderniſſe durchgeführt wird, continuum (b). Die Zeit-
theile, die auf dieſe Weiſe dem Handelnden zu gut ge-
rechnet werden, ſind ſtets einzelne, aber ganze Tage, auch
da wo der Zeitraum ſelbſt nicht in einer Zahl von Ta-

(a) Der techniſche Ausdruck iſt:
dies cedunt, non cedunt. Vgl.
die angeführten Hauptſtellen.
(b) Tempus utile, continuum.
L. 2 quis ordo (38. 15.). — Dies
utiles,
in beiden Hauptſtellen, auch
in § 16 J. de excus. (1. 25.). —
Menses. L. 19 § 6 de aedil. ed.
(21. 1.), L. 29 § 5 ad L. Jul.
de adult.
(48. 5.). — Annus L. 19
§ 6 de aedil. ed. (21. 1.), L. 8
C. de dolo (2. 21.). — Biennium
continuum. L. 8 C. de dolo (2.
21.). — Quadriennium L. 7 C.
de temp. in int. rest.
(2. 53.). —
Quinquennium L. 29 § 5 L. 31
ad L. Jul. de adult.
(48. 5.). —
Auch kommt für dieſe Behand-
lung der Zeit das Subſtantivum
utilitas temporis vor L. 2 § 3
quis ordo
(8. 15.); eben ſo für
die entgegengeſetzte: continuatio
temporis. L. 7 pr. C. de temp.
in int. rest.
(2. 53.).
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[422/0436] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. werden: das utile tempus, von welchem nunmehr, als ei- ner zweyten möglichen Modification, die Rede ſeyn ſoll, iſt ſchon durch ſeinen Begriff auf ſolche Zeiträume be- ſchränkt, in welchen die Unthätigkeit eines Berechtigten den Verluſt des Rechts nach ſich zieht (§ 177). Wenn näm- lich dieſe Unthätigkeit in einzelnen Fällen ihren Grund hat in einem unüberwindlichen Hinderniß, ſo kann hierauf bil- lige Rückſicht in der Art genommen werden, daß diejeni- gen Zeittheile, worin das Hinderniß Statt fand, gar nicht als abgelaufen oder verſäumt mitgerechnet werden (a), ſo daß der Zeitraum um eben ſo viele Zeittheile in der That erweitert wird, als durch das Hinderniß aus der Berech- nung ausgefallen ſind. Wo dieſe Modification zur An- wendung kommt, heißt die Zeit utile tempus, wo ſie nicht gilt, alſo die Zählung der Zeittheile ohne Rückſicht auf Hinderniſſe durchgeführt wird, continuum (b). Die Zeit- theile, die auf dieſe Weiſe dem Handelnden zu gut ge- rechnet werden, ſind ſtets einzelne, aber ganze Tage, auch da wo der Zeitraum ſelbſt nicht in einer Zahl von Ta- (a) Der techniſche Ausdruck iſt: dies cedunt, non cedunt. Vgl. die angeführten Hauptſtellen. (b) Tempus utile, continuum. L. 2 quis ordo (38. 15.). — Dies utiles, in beiden Hauptſtellen, auch in § 16 J. de excus. (1. 25.). — Menses. L. 19 § 6 de aedil. ed. (21. 1.), L. 29 § 5 ad L. Jul. de adult. (48. 5.). — Annus L. 19 § 6 de aedil. ed. (21. 1.), L. 8 C. de dolo (2. 21.). — Biennium continuum. L. 8 C. de dolo (2. 21.). — Quadriennium L. 7 C. de temp. in int. rest. (2. 53.). — Quinquennium L. 29 § 5 L. 31 ad L. Jul. de adult. (48. 5.). — Auch kommt für dieſe Behand- lung der Zeit das Subſtantivum utilitas temporis vor L. 2 § 3 quis ordo (8. 15.); eben ſo für die entgegengeſetzte: continuatio temporis. L. 7 pr. C. de temp. in int. rest. (2. 53.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/436>, abgerufen am 23.05.2024.