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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
läßt sich folgende ungezwungene Entwicklung des Gedan-
kens annehmen. Niemand erhebt sich um Mitternacht, um
den nun folgenden Tag anzufangen, wohl aber ist Nichts
gewöhnlicher, als daß die Thätigkeit eines Tages bis weit
in die Nacht, und über deren Mitte hinaus, fortgesetzt
werde (§ 183. i). Im vorliegenden Fall nun wird ein
Vierzehenjähriger gedacht, der Beweggründe hat, mit der
Abfassung eines Testaments so viel als möglich zu eilen.
Natürlich wird er dazu alle Anstalten schon vorher ma-
chen, um keine Zeit zu versäumen. Er wird also schon
am 31. December (pridie) die Fünf Zeugen, den Libripens
und den Emtor bey sich versammeln, die Urkunde, nebst
der Wage und dem Erz bereit halten, und so wie die
Mitternacht vorüber ist (post sextam h. n.) wird er au-
genblicklich die Formalität vollziehen, wozu ja eine sehr
kurze Zeit hinreicht. Das pridie ist also voran gestellt,
um uns den natürlichen Hergang der Begebenheit deutlich
vor Augen zu bringen.

Diese Bemerkungen sollten mehr dazu dienen, die
Gründe der Gegner zu entkräften, als die eigene Mey-
nung positiv zu begründen. Für diese Begründung aber

Ulpian zuerst das am natalis dies
gemachte Testament für gültig er-
klärt. Dieser Begriff gehört nicht
der Rechtswissenschaft, sondern der
geselligen Sitte, also dem gewöhn-
lichen Leben an, und daher konnte
durch diesen Ausdruck der Blick
ausschließend auf den Theil des
Kalendertags gelenkt werden, des-
sen man sich als Geburtstag be-
wußt zu werden pflegt, woran
Glückwünsche und Geschenke kom-
men; dagegen sollte durch das
plus arbitror gewarnt werden.
Doch halte ich die oben im Text
gegebene Erklärung für besser.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
läßt ſich folgende ungezwungene Entwicklung des Gedan-
kens annehmen. Niemand erhebt ſich um Mitternacht, um
den nun folgenden Tag anzufangen, wohl aber iſt Nichts
gewöhnlicher, als daß die Thätigkeit eines Tages bis weit
in die Nacht, und über deren Mitte hinaus, fortgeſetzt
werde (§ 183. i). Im vorliegenden Fall nun wird ein
Vierzehenjähriger gedacht, der Beweggründe hat, mit der
Abfaſſung eines Teſtaments ſo viel als möglich zu eilen.
Natürlich wird er dazu alle Anſtalten ſchon vorher ma-
chen, um keine Zeit zu verſäumen. Er wird alſo ſchon
am 31. December (pridie) die Fünf Zeugen, den Libripens
und den Emtor bey ſich verſammeln, die Urkunde, nebſt
der Wage und dem Erz bereit halten, und ſo wie die
Mitternacht vorüber iſt (post sextam h. n.) wird er au-
genblicklich die Formalität vollziehen, wozu ja eine ſehr
kurze Zeit hinreicht. Das pridie iſt alſo voran geſtellt,
um uns den natürlichen Hergang der Begebenheit deutlich
vor Augen zu bringen.

Dieſe Bemerkungen ſollten mehr dazu dienen, die
Gründe der Gegner zu entkräften, als die eigene Mey-
nung poſitiv zu begründen. Für dieſe Begründung aber

Ulpian zuerſt das am natalis dies
gemachte Teſtament für gültig er-
klärt. Dieſer Begriff gehört nicht
der Rechtswiſſenſchaft, ſondern der
geſelligen Sitte, alſo dem gewöhn-
lichen Leben an, und daher konnte
durch dieſen Ausdruck der Blick
ausſchließend auf den Theil des
Kalendertags gelenkt werden, deſ-
ſen man ſich als Geburtstag be-
wußt zu werden pflegt, woran
Glückwünſche und Geſchenke kom-
men; dagegen ſollte durch das
plus arbitror gewarnt werden.
Doch halte ich die oben im Text
gegebene Erklärung für beſſer.
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[384/0398] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. läßt ſich folgende ungezwungene Entwicklung des Gedan- kens annehmen. Niemand erhebt ſich um Mitternacht, um den nun folgenden Tag anzufangen, wohl aber iſt Nichts gewöhnlicher, als daß die Thätigkeit eines Tages bis weit in die Nacht, und über deren Mitte hinaus, fortgeſetzt werde (§ 183. i). Im vorliegenden Fall nun wird ein Vierzehenjähriger gedacht, der Beweggründe hat, mit der Abfaſſung eines Teſtaments ſo viel als möglich zu eilen. Natürlich wird er dazu alle Anſtalten ſchon vorher ma- chen, um keine Zeit zu verſäumen. Er wird alſo ſchon am 31. December (pridie) die Fünf Zeugen, den Libripens und den Emtor bey ſich verſammeln, die Urkunde, nebſt der Wage und dem Erz bereit halten, und ſo wie die Mitternacht vorüber iſt (post sextam h. n.) wird er au- genblicklich die Formalität vollziehen, wozu ja eine ſehr kurze Zeit hinreicht. Das pridie iſt alſo voran geſtellt, um uns den natürlichen Hergang der Begebenheit deutlich vor Augen zu bringen. Dieſe Bemerkungen ſollten mehr dazu dienen, die Gründe der Gegner zu entkräften, als die eigene Mey- nung poſitiv zu begründen. Für dieſe Begründung aber (h) (h) Ulpian zuerſt das am natalis dies gemachte Teſtament für gültig er- klärt. Dieſer Begriff gehört nicht der Rechtswiſſenſchaft, ſondern der geſelligen Sitte, alſo dem gewöhn- lichen Leben an, und daher konnte durch dieſen Ausdruck der Blick ausſchließend auf den Theil des Kalendertags gelenkt werden, deſ- ſen man ſich als Geburtstag be- wußt zu werden pflegt, woran Glückwünſche und Geſchenke kom- men; dagegen ſollte durch das plus arbitror gewarnt werden. Doch halte ich die oben im Text gegebene Erklärung für beſſer.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/398>, abgerufen am 23.11.2024.