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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
sel am 28., 29. oder 30. December ausgestellt wird. Das
Preußische Gesetz hat diese natürlichste Auskunft ausdrück-
lich anerkannt (w).



Suchen wir die bisher aufgestellten Regeln in einem
gemeinsamen Überblick zu vereinigen, so zeigt es sich, daß
unter allen hier betrachteten Zeitabschnitten der Tag die
größte Wichtigkeit hat, indem die übrigen immer nur auf
ihn zurück führen. Denn wenn wir irgend eine in Jah-
ren, Monaten, Wochen ausgedrückte Zeit, als Grundlage
einer Rechtsänderung, anwenden sollen, so geschieht dieses
stets dadurch, daß wir, durch Auflösung dieser Zeiten in
Tage, einen bestimmten Tag finden, in dessen Umfang das
wahre Ende des beweglichen Zeitraums fällt. Dieses
wahre Ende ist nämlich derjenige Zeitpunkt im Lauf jenes
gefundenen Tages, welcher genau übereinstimmt mit dem
Zeitpunkt des Ereignisses, von welchem der ganze Zeit-
raum seinen Anfang nahm. Wenn also bey einer Usuca-
pion der Besitz in einer frühen oder späten Tageszeit er-

(w) A. L. R. II. 8 § 856 "Ist
ein solcher Wechsel am letzten Tage
eines Monats ausgestellt, und der
Monat, worin die Zahlung ge-
schehen solle, hat weniger Tage:
so tritt die Verfallzeit am letzten
Tage des Zahlungsmonats ein."
Damit wäre nun wohl vereinbar,
daß vom vorletzten Monatstag
wieder auf den vorletzten vor-
wärts gerechnet würde u. s. w.
Allein dieses würde zu der un-
leidlichen Inconsequenz führen,
daß ein zweymonatlicher Wechsel
vom 30. December am 27. Februar
fällig würde, dagegen ein am 28.
December (also früher) ausgestell-
ter erst am 28. Februar, da bey
diesem die reine Regel anwend-
bar wäre. Diese Inconsequenz
wird durch das im Text angege-
bene Verfahren abgewendet.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ſel am 28., 29. oder 30. December ausgeſtellt wird. Das
Preußiſche Geſetz hat dieſe natürlichſte Auskunft ausdrück-
lich anerkannt (w).



Suchen wir die bisher aufgeſtellten Regeln in einem
gemeinſamen Überblick zu vereinigen, ſo zeigt es ſich, daß
unter allen hier betrachteten Zeitabſchnitten der Tag die
größte Wichtigkeit hat, indem die übrigen immer nur auf
ihn zurück führen. Denn wenn wir irgend eine in Jah-
ren, Monaten, Wochen ausgedrückte Zeit, als Grundlage
einer Rechtsänderung, anwenden ſollen, ſo geſchieht dieſes
ſtets dadurch, daß wir, durch Auflöſung dieſer Zeiten in
Tage, einen beſtimmten Tag finden, in deſſen Umfang das
wahre Ende des beweglichen Zeitraums fällt. Dieſes
wahre Ende iſt nämlich derjenige Zeitpunkt im Lauf jenes
gefundenen Tages, welcher genau übereinſtimmt mit dem
Zeitpunkt des Ereigniſſes, von welchem der ganze Zeit-
raum ſeinen Anfang nahm. Wenn alſo bey einer Uſuca-
pion der Beſitz in einer frühen oder ſpäten Tageszeit er-

(w) A. L. R. II. 8 § 856 „Iſt
ein ſolcher Wechſel am letzten Tage
eines Monats ausgeſtellt, und der
Monat, worin die Zahlung ge-
ſchehen ſolle, hat weniger Tage:
ſo tritt die Verfallzeit am letzten
Tage des Zahlungsmonats ein.“
Damit wäre nun wohl vereinbar,
daß vom vorletzten Monatstag
wieder auf den vorletzten vor-
wärts gerechnet würde u. ſ. w.
Allein dieſes würde zu der un-
leidlichen Inconſequenz führen,
daß ein zweymonatlicher Wechſel
vom 30. December am 27. Februar
fällig würde, dagegen ein am 28.
December (alſo früher) ausgeſtell-
ter erſt am 28. Februar, da bey
dieſem die reine Regel anwend-
bar wäre. Dieſe Inconſequenz
wird durch das im Text angege-
bene Verfahren abgewendet.
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[344/0358] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ſel am 28., 29. oder 30. December ausgeſtellt wird. Das Preußiſche Geſetz hat dieſe natürlichſte Auskunft ausdrück- lich anerkannt (w). Suchen wir die bisher aufgeſtellten Regeln in einem gemeinſamen Überblick zu vereinigen, ſo zeigt es ſich, daß unter allen hier betrachteten Zeitabſchnitten der Tag die größte Wichtigkeit hat, indem die übrigen immer nur auf ihn zurück führen. Denn wenn wir irgend eine in Jah- ren, Monaten, Wochen ausgedrückte Zeit, als Grundlage einer Rechtsänderung, anwenden ſollen, ſo geſchieht dieſes ſtets dadurch, daß wir, durch Auflöſung dieſer Zeiten in Tage, einen beſtimmten Tag finden, in deſſen Umfang das wahre Ende des beweglichen Zeitraums fällt. Dieſes wahre Ende iſt nämlich derjenige Zeitpunkt im Lauf jenes gefundenen Tages, welcher genau übereinſtimmt mit dem Zeitpunkt des Ereigniſſes, von welchem der ganze Zeit- raum ſeinen Anfang nahm. Wenn alſo bey einer Uſuca- pion der Beſitz in einer frühen oder ſpäten Tageszeit er- (w) A. L. R. II. 8 § 856 „Iſt ein ſolcher Wechſel am letzten Tage eines Monats ausgeſtellt, und der Monat, worin die Zahlung ge- ſchehen ſolle, hat weniger Tage: ſo tritt die Verfallzeit am letzten Tage des Zahlungsmonats ein.“ Damit wäre nun wohl vereinbar, daß vom vorletzten Monatstag wieder auf den vorletzten vor- wärts gerechnet würde u. ſ. w. Allein dieſes würde zu der un- leidlichen Inconſequenz führen, daß ein zweymonatlicher Wechſel vom 30. December am 27. Februar fällig würde, dagegen ein am 28. December (alſo früher) ausgeſtell- ter erſt am 28. Februar, da bey dieſem die reine Regel anwend- bar wäre. Dieſe Inconſequenz wird durch das im Text angege- bene Verfahren abgewendet.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/358>, abgerufen am 15.05.2024.