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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortsetzung.)
sigkeit bey dem Peculium und bey den Grundstücken des
Minderjährigen (§ 142. e). Der Besitz in seiner natür-
lichen Beziehung und Ausdehnung heißt Possessio; als
Grundlage jener positiven Rechtsinstitute heißt er auch
Possessio, und nun in einem engeren Sinn, so daß im
Gegensatz andere Fälle geradezu als non possidere be-
zeichnet werden. Will man diesen engeren Sinn scharf
bezeichnen, so heißt es auch wohl possessio quae locum
habet in interdicto uti possidetis vel utrubi,
oder ad usu-
capionem possidere
(n). Bey dem Besitz also ist der zwie-
fache Sprachgebrauch, den ich für die Schenkung be-
haupte, völlig unzweifelhaft, und der Unterschied liegt nur
darin, daß derselbe dort von den alten Juristen mehr
ausgebildet, und durch genauere Bezeichnungen (naturalis,
civilis
) schärfer bestimmt worden ist. Bey dem Besitz
aber, wie bey der Schenkung, ist das Wichtigste, nicht
den richtigen Sprachgebrauch festzuhalten, sondern bey
allen Untersuchungen über den Begriff und die wahren
Gränzen des Rechtsinstituts, nie die praktische Beziehung
auf die damit verknüpften positiven Rechtsregeln aus den
Augen zu verlieren, weil außerdem jene Untersuchungen
entweder leer oder unwahr ausfallen.

Erst jetzt läßt sich deutliche Rechenschaft ablegen von
der Stellung, welche dieser Lehre der neueste Schriftstel-
ler über die Schenkung zu geben versucht hat (o). Er

(n) Savigny a. a. O. § 7.
(o) Meyerfeld I. S. 26 fg.
S. 89--92. S. 425. 426.
IV. 2

§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.)
ſigkeit bey dem Peculium und bey den Grundſtücken des
Minderjährigen (§ 142. e). Der Beſitz in ſeiner natür-
lichen Beziehung und Ausdehnung heißt Possessio; als
Grundlage jener poſitiven Rechtsinſtitute heißt er auch
Possessio, und nun in einem engeren Sinn, ſo daß im
Gegenſatz andere Fälle geradezu als non possidere be-
zeichnet werden. Will man dieſen engeren Sinn ſcharf
bezeichnen, ſo heißt es auch wohl possessio quae locum
habet in interdicto uti possidetis vel utrubi,
oder ad usu-
capionem possidere
(n). Bey dem Beſitz alſo iſt der zwie-
fache Sprachgebrauch, den ich für die Schenkung be-
haupte, völlig unzweifelhaft, und der Unterſchied liegt nur
darin, daß derſelbe dort von den alten Juriſten mehr
ausgebildet, und durch genauere Bezeichnungen (naturalis,
civilis
) ſchärfer beſtimmt worden iſt. Bey dem Beſitz
aber, wie bey der Schenkung, iſt das Wichtigſte, nicht
den richtigen Sprachgebrauch feſtzuhalten, ſondern bey
allen Unterſuchungen über den Begriff und die wahren
Gränzen des Rechtsinſtituts, nie die praktiſche Beziehung
auf die damit verknüpften poſitiven Rechtsregeln aus den
Augen zu verlieren, weil außerdem jene Unterſuchungen
entweder leer oder unwahr ausfallen.

Erſt jetzt läßt ſich deutliche Rechenſchaft ablegen von
der Stellung, welche dieſer Lehre der neueſte Schriftſtel-
ler über die Schenkung zu geben verſucht hat (o). Er

(n) Savigny a. a. O. § 7.
(o) Meyerfeld I. S. 26 fg.
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IV. 2
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[17/0031] §. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.) ſigkeit bey dem Peculium und bey den Grundſtücken des Minderjährigen (§ 142. e). Der Beſitz in ſeiner natür- lichen Beziehung und Ausdehnung heißt Possessio; als Grundlage jener poſitiven Rechtsinſtitute heißt er auch Possessio, und nun in einem engeren Sinn, ſo daß im Gegenſatz andere Fälle geradezu als non possidere be- zeichnet werden. Will man dieſen engeren Sinn ſcharf bezeichnen, ſo heißt es auch wohl possessio quae locum habet in interdicto uti possidetis vel utrubi, oder ad usu- capionem possidere (n). Bey dem Beſitz alſo iſt der zwie- fache Sprachgebrauch, den ich für die Schenkung be- haupte, völlig unzweifelhaft, und der Unterſchied liegt nur darin, daß derſelbe dort von den alten Juriſten mehr ausgebildet, und durch genauere Bezeichnungen (naturalis, civilis) ſchärfer beſtimmt worden iſt. Bey dem Beſitz aber, wie bey der Schenkung, iſt das Wichtigſte, nicht den richtigen Sprachgebrauch feſtzuhalten, ſondern bey allen Unterſuchungen über den Begriff und die wahren Gränzen des Rechtsinſtituts, nie die praktiſche Beziehung auf die damit verknüpften poſitiven Rechtsregeln aus den Augen zu verlieren, weil außerdem jene Unterſuchungen entweder leer oder unwahr ausfallen. Erſt jetzt läßt ſich deutliche Rechenſchaft ablegen von der Stellung, welche dieſer Lehre der neueſte Schriftſtel- ler über die Schenkung zu geben verſucht hat (o). Er (n) Savigny a. a. O. § 7. (o) Meyerfeld I. S. 26 fg. S. 89—92. S. 425. 426. IV. 2

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/31>, abgerufen am 25.04.2024.