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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 172. Schenkung auf den Todesfall. (Fortsetzung.)
sung auf die sonst schon bekannte Codicillarform, so folgt
daraus consequenterweise, daß die Fünf Zeugen auch durch
jede privilegirte Codicillarform ersetzt werden können, na-
mentlich durch den mündlichen Auftrag an den gerade ge-
genwärtigen Erben (e). Wollte man auch (nach der hier
widerlegten Ansicht) läugnen, daß auf diese Weise eine
gültige mortis causa donatio zu Stande kommen könne
(wegen der fehlenden Fünf Zeugen), so müßte man den-
noch ein gültiges Fideicommiß zugeben, des Inhalts, daß
der Erbe alles Das geschehen lasse und bewirke, was in
der beabsichtigten mortis causa donatio enthalten war;
dann ist aber der praktische Erfolg genau derselbe, wie
wenn diese unmittelbar eine rechtsgültige Bestätigung er-
halten hätte. Ja selbst wenn der Erblasser in einem (förm-
lichen oder privilegirten) Codicill sagt: "ich schenke hier-
durch dem Titius auf den Todesfall 1000," so ist dieses
zwar als Schenkung ungültig, da die Acceptation fehlt,
also überhaupt Nichts geschehen ist, was zur Perfection
einer solchen gehört; dennoch muß es als Legat oder Fi-
deicommiß gelten (f), da die Absicht des Erblassers un-
zweifelhaft ist, das Justinianische Recht aber, seinem Buch-
staben und Geist nach, die angewendeten Ausdrücke für
ganz gleichgültig erklärt (g).


(e) Dieses bestreitet Schröter
S. 150.
(f) Auch dagegen erklärt sich
Schröter S. 146.
(g) L. 21 C. de legatis (6. 37.),
L. 1. 2 C. communia de leg. (6.
43.),
besonders auch § 2. 3 J. de
leg.
(2. 20.). -- Im älteren Recht
legte man großes Gewicht auf die
Ausdrücke, selbst bey den an sich

§. 172. Schenkung auf den Todesfall. (Fortſetzung.)
ſung auf die ſonſt ſchon bekannte Codicillarform, ſo folgt
daraus conſequenterweiſe, daß die Fünf Zeugen auch durch
jede privilegirte Codicillarform erſetzt werden können, na-
mentlich durch den mündlichen Auftrag an den gerade ge-
genwärtigen Erben (e). Wollte man auch (nach der hier
widerlegten Anſicht) läugnen, daß auf dieſe Weiſe eine
gültige mortis causa donatio zu Stande kommen könne
(wegen der fehlenden Fünf Zeugen), ſo müßte man den-
noch ein gültiges Fideicommiß zugeben, des Inhalts, daß
der Erbe alles Das geſchehen laſſe und bewirke, was in
der beabſichtigten mortis causa donatio enthalten war;
dann iſt aber der praktiſche Erfolg genau derſelbe, wie
wenn dieſe unmittelbar eine rechtsgültige Beſtätigung er-
halten hätte. Ja ſelbſt wenn der Erblaſſer in einem (förm-
lichen oder privilegirten) Codicill ſagt: „ich ſchenke hier-
durch dem Titius auf den Todesfall 1000,“ ſo iſt dieſes
zwar als Schenkung ungültig, da die Acceptation fehlt,
alſo überhaupt Nichts geſchehen iſt, was zur Perfection
einer ſolchen gehört; dennoch muß es als Legat oder Fi-
deicommiß gelten (f), da die Abſicht des Erblaſſers un-
zweifelhaft iſt, das Juſtinianiſche Recht aber, ſeinem Buch-
ſtaben und Geiſt nach, die angewendeten Ausdrücke für
ganz gleichgültig erklärt (g).


(e) Dieſes beſtreitet Schröter
S. 150.
(f) Auch dagegen erklärt ſich
Schröter S. 146.
(g) L. 21 C. de legatis (6. 37.),
L. 1. 2 C. communia de leg. (6.
43.),
beſonders auch § 2. 3 J. de
leg.
(2. 20.). — Im älteren Recht
legte man großes Gewicht auf die
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[265/0279] §. 172. Schenkung auf den Todesfall. (Fortſetzung.) ſung auf die ſonſt ſchon bekannte Codicillarform, ſo folgt daraus conſequenterweiſe, daß die Fünf Zeugen auch durch jede privilegirte Codicillarform erſetzt werden können, na- mentlich durch den mündlichen Auftrag an den gerade ge- genwärtigen Erben (e). Wollte man auch (nach der hier widerlegten Anſicht) läugnen, daß auf dieſe Weiſe eine gültige mortis causa donatio zu Stande kommen könne (wegen der fehlenden Fünf Zeugen), ſo müßte man den- noch ein gültiges Fideicommiß zugeben, des Inhalts, daß der Erbe alles Das geſchehen laſſe und bewirke, was in der beabſichtigten mortis causa donatio enthalten war; dann iſt aber der praktiſche Erfolg genau derſelbe, wie wenn dieſe unmittelbar eine rechtsgültige Beſtätigung er- halten hätte. Ja ſelbſt wenn der Erblaſſer in einem (förm- lichen oder privilegirten) Codicill ſagt: „ich ſchenke hier- durch dem Titius auf den Todesfall 1000,“ ſo iſt dieſes zwar als Schenkung ungültig, da die Acceptation fehlt, alſo überhaupt Nichts geſchehen iſt, was zur Perfection einer ſolchen gehört; dennoch muß es als Legat oder Fi- deicommiß gelten (f), da die Abſicht des Erblaſſers un- zweifelhaft iſt, das Juſtinianiſche Recht aber, ſeinem Buch- ſtaben und Geiſt nach, die angewendeten Ausdrücke für ganz gleichgültig erklärt (g). (e) Dieſes beſtreitet Schröter S. 150. (f) Auch dagegen erklärt ſich Schröter S. 146. (g) L. 21 C. de legatis (6. 37.), L. 1. 2 C. communia de leg. (6. 43.), beſonders auch § 2. 3 J. de leg. (2. 20.). — Im älteren Recht legte man großes Gewicht auf die Ausdrücke, ſelbſt bey den an ſich

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/279>, abgerufen am 15.08.2024.