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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 170. Schenkung auf den Todesfall.
bedingte Obligation auf Rückgabe hinzugefügt wurde, sey
es durch fiducia, oder durch Stipulation, oder durch form-
lose Willenserklärung, welche zur Begründung einer Con-
diction völlig ausreichte. Es konnte aber auch geschehen
durch Tradition, diese Form war vielleicht schon im alten
Recht die häufigste (o), im neuesten Recht ist sie die ein-
zige. Aus einer Stelle des Paulus entsteht der Schein,
als wäre die Tradition nicht einmal nöthig gewesen, in-
dem schon der bloße Wille das Eigenthum übertragen
hätte (p). Daß dem nicht so seyn kann, erhellt aber zu-
erst aus den vielen anderen Stellen, welche die Tradition
(die ja unter jener Voraussetzung juristisch gleichgültig ge-
wesen wäre) als die gewöhnliche Form dieser Schenkung
darstellen, und besonders auch ihre Wirkung, je nach ver-
schiedenen Umständen, genau zu bestimmen suchen; ferner
am unwidersprechlichsten aus dem Gesetz Justinians, wel-

(o) Nämlich bey einer nec
mancipi res
war sie ohnehin die
vollkommen passende und zugleich
üblichste Form; aber auch bey
einer mancipi res konnte sie ge-
braucht werden, und kam auch
gewiß oft vor, bald als bloßer
Zusatz noch neben der Mancipa-
tion, bald auch allein, da sie das
bloße in bonis übertrug, wel-
ches aber in kurzer Zeit durch
Usucapion in das ex jure quiri-
tium
übergieng.
(p) L. 1 § 2 de public. (6. 2.)
(Ulp.). "Sed cur traditionis
duntaxat et usucapionis fecit
mentionem, cum satis multae
sunt juris partes, quibus do-
minium quis nancisceretur, ut
puta legatum?"
Daran schließt
L. 2 eod. von Paulus: "Vel
mortis causa donationes factae?
nam amissa possessione, com-
petit Publiciana, quia ad exem-
plum legatorum capiuntur."

Durch diesen Zusammenhang wird
offenbar angenommen, die m. c.
donatio
könne an sich auch ohne
Tradition
, so wie das Legat,
Eigenthum geben, also auch, so
wie jenes, bey verlornem Besitz
die Publiciana begründen.

§. 170. Schenkung auf den Todesfall.
bedingte Obligation auf Rückgabe hinzugefügt wurde, ſey
es durch fiducia, oder durch Stipulation, oder durch form-
loſe Willenserklärung, welche zur Begründung einer Con-
diction völlig ausreichte. Es konnte aber auch geſchehen
durch Tradition, dieſe Form war vielleicht ſchon im alten
Recht die häufigſte (o), im neueſten Recht iſt ſie die ein-
zige. Aus einer Stelle des Paulus entſteht der Schein,
als wäre die Tradition nicht einmal nöthig geweſen, in-
dem ſchon der bloße Wille das Eigenthum übertragen
hätte (p). Daß dem nicht ſo ſeyn kann, erhellt aber zu-
erſt aus den vielen anderen Stellen, welche die Tradition
(die ja unter jener Vorausſetzung juriſtiſch gleichgültig ge-
weſen wäre) als die gewöhnliche Form dieſer Schenkung
darſtellen, und beſonders auch ihre Wirkung, je nach ver-
ſchiedenen Umſtänden, genau zu beſtimmen ſuchen; ferner
am unwiderſprechlichſten aus dem Geſetz Juſtinians, wel-

(o) Nämlich bey einer nec
mancipi res
war ſie ohnehin die
vollkommen paſſende und zugleich
üblichſte Form; aber auch bey
einer mancipi res konnte ſie ge-
braucht werden, und kam auch
gewiß oft vor, bald als bloßer
Zuſatz noch neben der Mancipa-
tion, bald auch allein, da ſie das
bloße in bonis übertrug, wel-
ches aber in kurzer Zeit durch
Uſucapion in das ex jure quiri-
tium
übergieng.
(p) L. 1 § 2 de public. (6. 2.)
(Ulp.). „Sed cur traditionis
duntaxat et usucapionis fecit
mentionem, cum satis multae
sunt juris partes, quibus do-
minium quis nancisceretur, ut
puta legatum?”
Daran ſchließt
L. 2 eod. von Paulus: „Vel
mortis causa donationes factae?
nam amissa possessione, com-
petit Publiciana, quia ad exem-
plum legatorum capiuntur.”

Durch dieſen Zuſammenhang wird
offenbar angenommen, die m. c.
donatio
könne an ſich auch ohne
Tradition
, ſo wie das Legat,
Eigenthum geben, alſo auch, ſo
wie jenes, bey verlornem Beſitz
die Publiciana begründen.
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[245/0259] §. 170. Schenkung auf den Todesfall. bedingte Obligation auf Rückgabe hinzugefügt wurde, ſey es durch fiducia, oder durch Stipulation, oder durch form- loſe Willenserklärung, welche zur Begründung einer Con- diction völlig ausreichte. Es konnte aber auch geſchehen durch Tradition, dieſe Form war vielleicht ſchon im alten Recht die häufigſte (o), im neueſten Recht iſt ſie die ein- zige. Aus einer Stelle des Paulus entſteht der Schein, als wäre die Tradition nicht einmal nöthig geweſen, in- dem ſchon der bloße Wille das Eigenthum übertragen hätte (p). Daß dem nicht ſo ſeyn kann, erhellt aber zu- erſt aus den vielen anderen Stellen, welche die Tradition (die ja unter jener Vorausſetzung juriſtiſch gleichgültig ge- weſen wäre) als die gewöhnliche Form dieſer Schenkung darſtellen, und beſonders auch ihre Wirkung, je nach ver- ſchiedenen Umſtänden, genau zu beſtimmen ſuchen; ferner am unwiderſprechlichſten aus dem Geſetz Juſtinians, wel- (o) Nämlich bey einer nec mancipi res war ſie ohnehin die vollkommen paſſende und zugleich üblichſte Form; aber auch bey einer mancipi res konnte ſie ge- braucht werden, und kam auch gewiß oft vor, bald als bloßer Zuſatz noch neben der Mancipa- tion, bald auch allein, da ſie das bloße in bonis übertrug, wel- ches aber in kurzer Zeit durch Uſucapion in das ex jure quiri- tium übergieng. (p) L. 1 § 2 de public. (6. 2.) (Ulp.). „Sed cur traditionis duntaxat et usucapionis fecit mentionem, cum satis multae sunt juris partes, quibus do- minium quis nancisceretur, ut puta legatum?” Daran ſchließt L. 2 eod. von Paulus: „Vel mortis causa donationes factae? nam amissa possessione, com- petit Publiciana, quia ad exem- plum legatorum capiuntur.” Durch dieſen Zuſammenhang wird offenbar angenommen, die m. c. donatio könne an ſich auch ohne Tradition, ſo wie das Legat, Eigenthum geben, alſo auch, ſo wie jenes, bey verlornem Beſitz die Publiciana begründen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/259>, abgerufen am 22.11.2024.