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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
statt daß alle andere Rechtsgeschäfte unter denselben zuge-
lassen werden.

3) Die Schenkung kann in gewissen Fällen, aus be-
sonderen Gründen, widerrufen werden, anstatt daß andere
Rechtsgeschäfte in denselben Fällen unwiderruflich bleiben.

Nunmehr läßt sich von der praktischen Seite der Be-
griff so bestimmen: Schenkung heißt jedes Rechtsgeschäft,
bey welchem die angegebenen drey Rechtsregeln zur An-
wendung kommen. Denn gerade um dieser, und nur um
dieser, Rechtsregeln willen ist es nöthig, Dasjenige, was
wir oben als Schenkung angaben, als ein eigenthümliches
Institut aufzufassen, und in seinen Gränzen scharf zu be-
stimmen (e). -- Unter diesen drey praktischen Beziehungen

(e) Gewöhnlich nimmt man
noch andere praktische Beziehun-
gen der Schenkung an, aber mit
Unrecht. Die Schenkung nämlich
liegt außer den Gränzen gewöhn-
licher Vermögensverwaltung, eben
so aber auch manches Andere, so
daß hier ihre Eigenthümlichkeit
nicht ausschließend in Betracht
kommt. So soll der filiusfami-
lias,
selbst wenn ihm ein Pecu-
lium mit freyer Verwaltung ge-
geben ist, dennoch nicht schenken
dürfen (L. 7 pr. de don. 39. 5.).
Allein er kann auch nicht manu-
mittiren (L. 13 de j. patron.
37. 14.), auch nicht durch Delicte
den Vater verpflichten (L. 3 § 12
de pecul.
15. 1.), welche Hand-
lungen doch keine Schenkungen
sind. Umgekehrt ist hier das Ver-
bot der Schenkung nicht absolut,
sondern der Vater kann auch diese
gestatten (L. 7 § 2. 3 de don.
39. 5.); es heißt also nur so viel,
daß in der unbestimmt gegebenen
freyen Verwaltung die Erlaubniß
zu schenken noch nicht mit ent-
halten ist, und es ist daher nur
eine Interpretationsregel. -- Eben
so soll dem minderjährigen Grund-
eigenthümer niemals die Schen-
kung des Grundstücks durch De-
cret erlaubt werden, selbst wenn
er für volljährig erklärt ist. L. 3
C. si major.
(5. 74.). -- Ferner
hatte die L. Cincia den Advoca-
ten verboten, irgend ein Geschenk
für ihre Dienstleistung anzuneh-
men. Dieses fällt im neueren
Recht weg, erscheint auch nicht
mehr als reine Schenkung. --
Das angebliche Verbot einer
Schenkung des Vaters an seine

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ſtatt daß alle andere Rechtsgeſchäfte unter denſelben zuge-
laſſen werden.

3) Die Schenkung kann in gewiſſen Fällen, aus be-
ſonderen Gründen, widerrufen werden, anſtatt daß andere
Rechtsgeſchäfte in denſelben Fällen unwiderruflich bleiben.

Nunmehr läßt ſich von der praktiſchen Seite der Be-
griff ſo beſtimmen: Schenkung heißt jedes Rechtsgeſchäft,
bey welchem die angegebenen drey Rechtsregeln zur An-
wendung kommen. Denn gerade um dieſer, und nur um
dieſer, Rechtsregeln willen iſt es nöthig, Dasjenige, was
wir oben als Schenkung angaben, als ein eigenthümliches
Inſtitut aufzufaſſen, und in ſeinen Gränzen ſcharf zu be-
ſtimmen (e). — Unter dieſen drey praktiſchen Beziehungen

(e) Gewöhnlich nimmt man
noch andere praktiſche Beziehun-
gen der Schenkung an, aber mit
Unrecht. Die Schenkung nämlich
liegt außer den Gränzen gewöhn-
licher Vermögensverwaltung, eben
ſo aber auch manches Andere, ſo
daß hier ihre Eigenthümlichkeit
nicht ausſchließend in Betracht
kommt. So ſoll der filiusfami-
lias,
ſelbſt wenn ihm ein Pecu-
lium mit freyer Verwaltung ge-
geben iſt, dennoch nicht ſchenken
dürfen (L. 7 pr. de don. 39. 5.).
Allein er kann auch nicht manu-
mittiren (L. 13 de j. patron.
37. 14.), auch nicht durch Delicte
den Vater verpflichten (L. 3 § 12
de pecul.
15. 1.), welche Hand-
lungen doch keine Schenkungen
ſind. Umgekehrt iſt hier das Ver-
bot der Schenkung nicht abſolut,
ſondern der Vater kann auch dieſe
geſtatten (L. 7 § 2. 3 de don.
39. 5.); es heißt alſo nur ſo viel,
daß in der unbeſtimmt gegebenen
freyen Verwaltung die Erlaubniß
zu ſchenken noch nicht mit ent-
halten iſt, und es iſt daher nur
eine Interpretationsregel. — Eben
ſo ſoll dem minderjährigen Grund-
eigenthümer niemals die Schen-
kung des Grundſtücks durch De-
cret erlaubt werden, ſelbſt wenn
er für volljährig erklärt iſt. L. 3
C. si major.
(5. 74.). — Ferner
hatte die L. Cincia den Advoca-
ten verboten, irgend ein Geſchenk
für ihre Dienſtleiſtung anzuneh-
men. Dieſes fällt im neueren
Recht weg, erſcheint auch nicht
mehr als reine Schenkung. —
Das angebliche Verbot einer
Schenkung des Vaters an ſeine
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[6/0020] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ſtatt daß alle andere Rechtsgeſchäfte unter denſelben zuge- laſſen werden. 3) Die Schenkung kann in gewiſſen Fällen, aus be- ſonderen Gründen, widerrufen werden, anſtatt daß andere Rechtsgeſchäfte in denſelben Fällen unwiderruflich bleiben. Nunmehr läßt ſich von der praktiſchen Seite der Be- griff ſo beſtimmen: Schenkung heißt jedes Rechtsgeſchäft, bey welchem die angegebenen drey Rechtsregeln zur An- wendung kommen. Denn gerade um dieſer, und nur um dieſer, Rechtsregeln willen iſt es nöthig, Dasjenige, was wir oben als Schenkung angaben, als ein eigenthümliches Inſtitut aufzufaſſen, und in ſeinen Gränzen ſcharf zu be- ſtimmen (e). — Unter dieſen drey praktiſchen Beziehungen (e) Gewöhnlich nimmt man noch andere praktiſche Beziehun- gen der Schenkung an, aber mit Unrecht. Die Schenkung nämlich liegt außer den Gränzen gewöhn- licher Vermögensverwaltung, eben ſo aber auch manches Andere, ſo daß hier ihre Eigenthümlichkeit nicht ausſchließend in Betracht kommt. So ſoll der filiusfami- lias, ſelbſt wenn ihm ein Pecu- lium mit freyer Verwaltung ge- geben iſt, dennoch nicht ſchenken dürfen (L. 7 pr. de don. 39. 5.). Allein er kann auch nicht manu- mittiren (L. 13 de j. patron. 37. 14.), auch nicht durch Delicte den Vater verpflichten (L. 3 § 12 de pecul. 15. 1.), welche Hand- lungen doch keine Schenkungen ſind. Umgekehrt iſt hier das Ver- bot der Schenkung nicht abſolut, ſondern der Vater kann auch dieſe geſtatten (L. 7 § 2. 3 de don. 39. 5.); es heißt alſo nur ſo viel, daß in der unbeſtimmt gegebenen freyen Verwaltung die Erlaubniß zu ſchenken noch nicht mit ent- halten iſt, und es iſt daher nur eine Interpretationsregel. — Eben ſo ſoll dem minderjährigen Grund- eigenthümer niemals die Schen- kung des Grundſtücks durch De- cret erlaubt werden, ſelbſt wenn er für volljährig erklärt iſt. L. 3 C. si major. (5. 74.). — Ferner hatte die L. Cincia den Advoca- ten verboten, irgend ein Geſchenk für ihre Dienſtleiſtung anzuneh- men. Dieſes fällt im neueren Recht weg, erſcheint auch nicht mehr als reine Schenkung. — Das angebliche Verbot einer Schenkung des Vaters an ſeine

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/20>, abgerufen am 26.04.2024.