Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Recht, worin ausdrücklich gesagt wird, daß eine solche Schenkung schon durch formlosen Vertrag vollgültig werde, indem dadurch die Verpflichtung des Gebers zur Erfül- lung begründet sey (e). Außerdem erklärt Justinian im Allgemeinen für wirksam die durch den vorbehaltnen Nies- brauch bewirkte Tradition (§ 155. g). Soll jedoch diese letzte Form auf die Schenkung des ganzen Vermögens ange- wendet werden, so ist dieses nur durch Bezeichnung ein- zelner Sachen ausführbar, weil nur an diesen (nicht an dem Vermögen als einem idealen Ganzen) ein Besitz mög- lich ist, und weil derselbe nur durch die auf jede einzelne Sache gerichtete Absicht des Besitzers erworben werden kann.
Aber unabhängig von dieser formellen Schwierigkeit, und dieser im Römischen Recht eingetretenen Modification der Rechtssätze, ist die eigenthümliche Natur des aus ei- ner Schenkung des ganzen Vermögens hervorgehenden Rechtsverhältnisses. Dafür gilt die wichtige Regel, daß eine solche Schenkung niemals als eine Succession per universitatem, einer Erbschaft gleich, betrachtet werden darf (§ 105), und diese Regel ist stets unverändert ge- blieben. Die erste Folge ist die, daß die einzelnen Eigen- thumsrechte besonders durch Tradition übertragen werden müssen, wofür jedoch schon oben manche Erleichterungen angegeben worden sind. Zweytens folgt daraus, daß die einzelnen Schuldforderungen besonders zu cediren sind; aber auch dieses macht wenig Schwierigkeit, da der Be-
(e)L. 35 § 4 C. de don. (8. 54.).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Recht, worin ausdrücklich geſagt wird, daß eine ſolche Schenkung ſchon durch formloſen Vertrag vollgültig werde, indem dadurch die Verpflichtung des Gebers zur Erfül- lung begründet ſey (e). Außerdem erklärt Juſtinian im Allgemeinen für wirkſam die durch den vorbehaltnen Nies- brauch bewirkte Tradition (§ 155. g). Soll jedoch dieſe letzte Form auf die Schenkung des ganzen Vermögens ange- wendet werden, ſo iſt dieſes nur durch Bezeichnung ein- zelner Sachen ausführbar, weil nur an dieſen (nicht an dem Vermögen als einem idealen Ganzen) ein Beſitz mög- lich iſt, und weil derſelbe nur durch die auf jede einzelne Sache gerichtete Abſicht des Beſitzers erworben werden kann.
Aber unabhängig von dieſer formellen Schwierigkeit, und dieſer im Römiſchen Recht eingetretenen Modification der Rechtsſätze, iſt die eigenthümliche Natur des aus ei- ner Schenkung des ganzen Vermögens hervorgehenden Rechtsverhältniſſes. Dafür gilt die wichtige Regel, daß eine ſolche Schenkung niemals als eine Succeſſion per universitatem, einer Erbſchaft gleich, betrachtet werden darf (§ 105), und dieſe Regel iſt ſtets unverändert ge- blieben. Die erſte Folge iſt die, daß die einzelnen Eigen- thumsrechte beſonders durch Tradition übertragen werden müſſen, wofür jedoch ſchon oben manche Erleichterungen angegeben worden ſind. Zweytens folgt daraus, daß die einzelnen Schuldforderungen beſonders zu cediren ſind; aber auch dieſes macht wenig Schwierigkeit, da der Be-
(e)L. 35 § 4 C. de don. (8. 54.).
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Recht, worin ausdrücklich geſagt wird, daß eine ſolche
Schenkung ſchon durch formloſen Vertrag vollgültig werde,
indem dadurch die Verpflichtung des Gebers zur Erfül-
lung begründet ſey (e). Außerdem erklärt Juſtinian im
Allgemeinen für wirkſam die durch den vorbehaltnen Nies-
brauch bewirkte Tradition (§ 155. g). Soll jedoch dieſe
letzte Form auf die Schenkung des ganzen Vermögens ange-
wendet werden, ſo iſt dieſes nur durch Bezeichnung ein-
zelner Sachen ausführbar, weil nur an dieſen (nicht an
dem Vermögen als einem idealen Ganzen) ein Beſitz mög-
lich iſt, und weil derſelbe nur durch die auf jede einzelne
Sache gerichtete Abſicht des Beſitzers erworben werden kann.
Aber unabhängig von dieſer formellen Schwierigkeit,
und dieſer im Römiſchen Recht eingetretenen Modification
der Rechtsſätze, iſt die eigenthümliche Natur des aus ei-
ner Schenkung des ganzen Vermögens hervorgehenden
Rechtsverhältniſſes. Dafür gilt die wichtige Regel, daß
eine ſolche Schenkung niemals als eine Succeſſion per
universitatem, einer Erbſchaft gleich, betrachtet werden
darf (§ 105), und dieſe Regel iſt ſtets unverändert ge-
blieben. Die erſte Folge iſt die, daß die einzelnen Eigen-
thumsrechte beſonders durch Tradition übertragen werden
müſſen, wofür jedoch ſchon oben manche Erleichterungen
angegeben worden ſind. Zweytens folgt daraus, daß die
einzelnen Schuldforderungen beſonders zu cediren ſind;
aber auch dieſes macht wenig Schwierigkeit, da der Be-
(e) L. 35 § 4 C. de don. (8. 54.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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