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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Irrthum und Unwissenheit.
behaupten wollen, daß jeder Rechtsirrthum eine sündliche
Natur an sich trage. Endlich entscheidet für diese Mey-
nung auch noch die augenscheinliche Analogie der L. 25
§ 6 de hered. petit.
(Num. XXII.). Denn wenn der
Rechtsirrthum den Beklagten nicht hindert, die Vortheile
des redlichen Besitzes im Fall der Verurtheilung zu genie-
ßen, so ist kein Grund denkbar, warum er den Vortheil
der Klagverjährung sollte verhindern können.

Folgende Gegengründe sind aufgestellt worden:

1) Die Klagverjährung bewirke eine Bereicherung des
Beklagten, wozu der Rechtsirrthum niemals führen dürfe.
-- Dieses Princip ist oben schon an sich widerlegt wor-
den (Num. VIII.). Auch hier aber zeigt sich wieder seine
(von der historischen Begründung noch unabhängige) ge-
ringe Tauglichkeit zu irgend einer sicheren Anwendung.
Denn ob der Beklagte durch die Klagverjährung reicher
wird, oder blos Schaden vermeidet, wird in den meisten
Fällen völlig ungewiß bleiben; er wird reicher, wenn eine
wirklich vorhandene Klage untergeht; er vermeidet Scha-
den, wenn ihm blos der zufällig fehlende Beweis des ohne-
hin schon aufgehobenen Klagerechts durch die Verjährung
ersetzt wird. Ob nun aber im einzelnen Fall der eine
oder der andere Erfolg anzunehmen sey, dieses eben wird
meist im Dunkeln bleiben, und in der Umgehung dieser
Schwierigkeit liegt ein Hauptvortheil des durchgreifenden
Princips der Klagverjährung.

2) Die Analogie der Usucapion, welche gleichfalls

III. 26

Irrthum und Unwiſſenheit.
behaupten wollen, daß jeder Rechtsirrthum eine ſündliche
Natur an ſich trage. Endlich entſcheidet für dieſe Mey-
nung auch noch die augenſcheinliche Analogie der L. 25
§ 6 de hered. petit.
(Num. XXII.). Denn wenn der
Rechtsirrthum den Beklagten nicht hindert, die Vortheile
des redlichen Beſitzes im Fall der Verurtheilung zu genie-
ßen, ſo iſt kein Grund denkbar, warum er den Vortheil
der Klagverjährung ſollte verhindern können.

Folgende Gegengründe ſind aufgeſtellt worden:

1) Die Klagverjährung bewirke eine Bereicherung des
Beklagten, wozu der Rechtsirrthum niemals führen dürfe.
— Dieſes Princip iſt oben ſchon an ſich widerlegt wor-
den (Num. VIII.). Auch hier aber zeigt ſich wieder ſeine
(von der hiſtoriſchen Begründung noch unabhängige) ge-
ringe Tauglichkeit zu irgend einer ſicheren Anwendung.
Denn ob der Beklagte durch die Klagverjährung reicher
wird, oder blos Schaden vermeidet, wird in den meiſten
Fällen völlig ungewiß bleiben; er wird reicher, wenn eine
wirklich vorhandene Klage untergeht; er vermeidet Scha-
den, wenn ihm blos der zufällig fehlende Beweis des ohne-
hin ſchon aufgehobenen Klagerechts durch die Verjährung
erſetzt wird. Ob nun aber im einzelnen Fall der eine
oder der andere Erfolg anzunehmen ſey, dieſes eben wird
meiſt im Dunkeln bleiben, und in der Umgehung dieſer
Schwierigkeit liegt ein Hauptvortheil des durchgreifenden
Princips der Klagverjährung.

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III. 26
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[401/0413] Irrthum und Unwiſſenheit. behaupten wollen, daß jeder Rechtsirrthum eine ſündliche Natur an ſich trage. Endlich entſcheidet für dieſe Mey- nung auch noch die augenſcheinliche Analogie der L. 25 § 6 de hered. petit. (Num. XXII.). Denn wenn der Rechtsirrthum den Beklagten nicht hindert, die Vortheile des redlichen Beſitzes im Fall der Verurtheilung zu genie- ßen, ſo iſt kein Grund denkbar, warum er den Vortheil der Klagverjährung ſollte verhindern können. Folgende Gegengründe ſind aufgeſtellt worden: 1) Die Klagverjährung bewirke eine Bereicherung des Beklagten, wozu der Rechtsirrthum niemals führen dürfe. — Dieſes Princip iſt oben ſchon an ſich widerlegt wor- den (Num. VIII.). Auch hier aber zeigt ſich wieder ſeine (von der hiſtoriſchen Begründung noch unabhängige) ge- ringe Tauglichkeit zu irgend einer ſicheren Anwendung. Denn ob der Beklagte durch die Klagverjährung reicher wird, oder blos Schaden vermeidet, wird in den meiſten Fällen völlig ungewiß bleiben; er wird reicher, wenn eine wirklich vorhandene Klage untergeht; er vermeidet Scha- den, wenn ihm blos der zufällig fehlende Beweis des ohne- hin ſchon aufgehobenen Klagerechts durch die Verjährung erſetzt wird. Ob nun aber im einzelnen Fall der eine oder der andere Erfolg anzunehmen ſey, dieſes eben wird meiſt im Dunkeln bleiben, und in der Umgehung dieſer Schwierigkeit liegt ein Hauptvortheil des durchgreifenden Princips der Klagverjährung. 2) Die Analogie der Uſucapion, welche gleichfalls III. 26

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/413>, abgerufen am 22.11.2024.