Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Irrthum und Unwissenheit.

Dem Vormund ist unter Strafe verboten, seine vor-
malige Mündel für sich oder seinen Sohn zur Ehefrau zu
nehmen. Dagegen schützt auch nicht imperitia und rusti-
citas
(t).

Die Frau, die es unterläßt einen Vormund für ihr
Kind zu erbitten, wird bestraft, und dagegen schützt sie
nur Minderjährigkeit, nicht die allgemeine Rechtsunwissen-
heit des Geschlechts, ohne Zweifel weil sie als Mutter zur
äußersten Sorgfalt durch die Natur aufgefordert war (u).

Der Senator, der eine Freygelassene zur Frau nahm,
war mit Strafen bedroht, wenn er es sciens dolo malo
that (v). Dagegen schützte ihn natürlich nicht die Unbe-
kanntschaft mit dem Gesetz, wohl aber der Irrthum über
den Stand der Frau, vorausgesetzt jedoch daß selbst die-
ser Irrthum nicht leicht zu vermeiden, also nicht tadelns-
werth war (w).

XXII.

Bisher ist die Beziehung des Irrthums zum Dolus

(2. 2.) "Nec in ea re rusticitati
venia praebeatur, cum naturali
ratione honor hujusmodi per-
sonis debeatur."
(t) L. 1 C. de interdicto ma-
trim.
(5. 6.).
(u) L. 2 C. si adv. del. (2. 35.),
vgl. L. 8 C. qui pet. (5. 31.).
(v) L. 44 pr. de ritu nupt.
(23. 2.).
(w) L. 6 h. t. Die Beziehung
dieser Stelle auf das Eheverbot
zwischen dem Senator und der
Freygelassenen folgt aus der In-
scription. Heineccius ad L. Jul.
p. 442.
Aus gleichem Grunde
gehört eben dahin L. 5 h. t.,
welche sagen will, es komme nur
auf Wissen oder Nichtwissen des
Senators selbst, nicht auf das
der Frau, bey Beurtheilung sei-
ner Strafbarkeit an. Vgl. oben
Num. I. Note b.
Irrthum und Unwiſſenheit.

Dem Vormund iſt unter Strafe verboten, ſeine vor-
malige Mündel für ſich oder ſeinen Sohn zur Ehefrau zu
nehmen. Dagegen ſchützt auch nicht imperitia und rusti-
citas
(t).

Die Frau, die es unterläßt einen Vormund für ihr
Kind zu erbitten, wird beſtraft, und dagegen ſchützt ſie
nur Minderjährigkeit, nicht die allgemeine Rechtsunwiſſen-
heit des Geſchlechts, ohne Zweifel weil ſie als Mutter zur
äußerſten Sorgfalt durch die Natur aufgefordert war (u).

Der Senator, der eine Freygelaſſene zur Frau nahm,
war mit Strafen bedroht, wenn er es sciens dolo malo
that (v). Dagegen ſchützte ihn natürlich nicht die Unbe-
kanntſchaft mit dem Geſetz, wohl aber der Irrthum über
den Stand der Frau, vorausgeſetzt jedoch daß ſelbſt die-
ſer Irrthum nicht leicht zu vermeiden, alſo nicht tadelns-
werth war (w).

XXII.

Bisher iſt die Beziehung des Irrthums zum Dolus

(2. 2.) „Nec in ea re rusticitati
venia praebeatur, cum naturali
ratione honor hujusmodi per-
sonis debeatur.”
(t) L. 1 C. de interdicto ma-
trim.
(5. 6.).
(u) L. 2 C. si adv. del. (2. 35.),
vgl. L. 8 C. qui pet. (5. 31.).
(v) L. 44 pr. de ritu nupt.
(23. 2.).
(w) L. 6 h. t. Die Beziehung
dieſer Stelle auf das Eheverbot
zwiſchen dem Senator und der
Freygelaſſenen folgt aus der In-
ſcription. Heineccius ad L. Jul.
p. 442.
Aus gleichem Grunde
gehört eben dahin L. 5 h. t.,
welche ſagen will, es komme nur
auf Wiſſen oder Nichtwiſſen des
Senators ſelbſt, nicht auf das
der Frau, bey Beurtheilung ſei-
ner Strafbarkeit an. Vgl. oben
Num. I. Note b.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0407" n="395"/>
          <fw place="top" type="header">Irrthum und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit.</fw><lb/>
          <p>Dem Vormund i&#x017F;t unter Strafe verboten, &#x017F;eine vor-<lb/>
malige Mündel für &#x017F;ich oder &#x017F;einen Sohn zur Ehefrau zu<lb/>
nehmen. Dagegen &#x017F;chützt auch nicht <hi rendition="#aq">imperitia</hi> und <hi rendition="#aq">rusti-<lb/>
citas</hi> <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 <hi rendition="#i">C. de interdicto ma-<lb/>
trim.</hi> (5. 6.).</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Die Frau, die es unterläßt einen Vormund für ihr<lb/>
Kind zu erbitten, wird be&#x017F;traft, und dagegen &#x017F;chützt &#x017F;ie<lb/>
nur Minderjährigkeit, nicht die allgemeine Rechtsunwi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
heit des Ge&#x017F;chlechts, ohne Zweifel weil &#x017F;ie als Mutter zur<lb/>
äußer&#x017F;ten Sorgfalt durch die Natur aufgefordert war <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">C. si adv. del.</hi> (2. 35.),</hi><lb/>
vgl. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 8 <hi rendition="#i">C. qui pet.</hi> (5. 31.).</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Der Senator, der eine Freygela&#x017F;&#x017F;ene zur Frau nahm,<lb/>
war mit Strafen bedroht, wenn er es <hi rendition="#aq">sciens dolo malo</hi><lb/>
that <note place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 44 <hi rendition="#i">pr. de ritu nupt.</hi><lb/>
(23. 2.).</hi></note>. Dagegen &#x017F;chützte ihn natürlich nicht die Unbe-<lb/>
kannt&#x017F;chaft mit dem Ge&#x017F;etz, wohl aber der Irrthum über<lb/>
den Stand der Frau, vorausge&#x017F;etzt jedoch daß &#x017F;elb&#x017F;t die-<lb/>
&#x017F;er Irrthum nicht leicht zu vermeiden, al&#x017F;o nicht tadelns-<lb/>
werth war <note place="foot" n="(w)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 6 <hi rendition="#i">h. t.</hi></hi> Die Beziehung<lb/>
die&#x017F;er Stelle auf das Eheverbot<lb/>
zwi&#x017F;chen dem Senator und der<lb/>
Freygela&#x017F;&#x017F;enen folgt aus der In-<lb/>
&#x017F;cription. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Heineccius</hi> ad L. Jul.<lb/>
p. 442.</hi> Aus gleichem Grunde<lb/>
gehört eben dahin <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5 <hi rendition="#i">h. t.</hi>,</hi><lb/>
welche &#x017F;agen will, es komme nur<lb/>
auf Wi&#x017F;&#x017F;en oder Nichtwi&#x017F;&#x017F;en des<lb/>
Senators &#x017F;elb&#x017F;t, nicht auf das<lb/>
der Frau, bey Beurtheilung &#x017F;ei-<lb/>
ner Strafbarkeit an. Vgl. oben<lb/>
Num. <hi rendition="#aq">I.</hi> Note <hi rendition="#aq">b.</hi></note>.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XXII.</hi> </head><lb/>
          <p>Bisher i&#x017F;t die Beziehung des Irrthums zum Dolus<lb/><note xml:id="seg2pn_69_2" prev="#seg2pn_69_1" place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">(2. 2.) &#x201E;Nec in ea re rusticitati<lb/>
venia praebeatur, cum naturali<lb/>
ratione honor hujusmodi per-<lb/>
sonis debeatur.&#x201D;</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0407] Irrthum und Unwiſſenheit. Dem Vormund iſt unter Strafe verboten, ſeine vor- malige Mündel für ſich oder ſeinen Sohn zur Ehefrau zu nehmen. Dagegen ſchützt auch nicht imperitia und rusti- citas (t). Die Frau, die es unterläßt einen Vormund für ihr Kind zu erbitten, wird beſtraft, und dagegen ſchützt ſie nur Minderjährigkeit, nicht die allgemeine Rechtsunwiſſen- heit des Geſchlechts, ohne Zweifel weil ſie als Mutter zur äußerſten Sorgfalt durch die Natur aufgefordert war (u). Der Senator, der eine Freygelaſſene zur Frau nahm, war mit Strafen bedroht, wenn er es sciens dolo malo that (v). Dagegen ſchützte ihn natürlich nicht die Unbe- kanntſchaft mit dem Geſetz, wohl aber der Irrthum über den Stand der Frau, vorausgeſetzt jedoch daß ſelbſt die- ſer Irrthum nicht leicht zu vermeiden, alſo nicht tadelns- werth war (w). XXII. Bisher iſt die Beziehung des Irrthums zum Dolus (s) (t) L. 1 C. de interdicto ma- trim. (5. 6.). (u) L. 2 C. si adv. del. (2. 35.), vgl. L. 8 C. qui pet. (5. 31.). (v) L. 44 pr. de ritu nupt. (23. 2.). (w) L. 6 h. t. Die Beziehung dieſer Stelle auf das Eheverbot zwiſchen dem Senator und der Freygelaſſenen folgt aus der In- ſcription. Heineccius ad L. Jul. p. 442. Aus gleichem Grunde gehört eben dahin L. 5 h. t., welche ſagen will, es komme nur auf Wiſſen oder Nichtwiſſen des Senators ſelbſt, nicht auf das der Frau, bey Beurtheilung ſei- ner Strafbarkeit an. Vgl. oben Num. I. Note b. (s) (2. 2.) „Nec in ea re rusticitati venia praebeatur, cum naturali ratione honor hujusmodi per- sonis debeatur.”

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/407
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/407>, abgerufen am 25.11.2024.