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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Beylage VIII.
bona fides zu rechtfertigen, sondern auch das Daseyn der-
selben als Thatsache so lange festzustellen, bis der Gegner
die Unredlichkeit beweist (c). Dieses ist bey der Usucapion
der durchgreifende Grund, weshalb der Besitzer seine bona
fides
nicht zu beweisen braucht. Aber auch von diesem
Grunde abgesehen, müssen wir sagen, daß stets Derjenige,
welcher einem Gegner die Unredlichkeit vorwirft, diese als
eine Thatsache zu beweisen hat. Wir verfahren daher am
genauesten, wenn wir die bona fides überhaupt negativ,
als Abwesenheit eines unredlichen Bewußtseyns, aus-
drücken (d).

Die Natur des zur Usucapion tauglichen Titels soll
nunmehr genauer festgestellt werden.

Der Titel besteht in einem solchen Anfang des Besitzes,
welcher zwar kein Eigenthum giebt (denn sonst bedürfte
es keiner ergänzenden Usucapion), wohl aber zu geben
scheint, so daß selbst der Besonnene und Geschäftskundige
glauben kann, es sey Eigenthum schon jetzt vorhanden.
Was darf nun zum ursprünglichen Eigenthumserwerb feh-
len, damit dennoch für diesen gerechtfertigten Glauben
Raum bleibe?


(c) L. 30 C. de evict. (8. 45.).
(d) Diese Auffassung ist dem
Ausdruck der Rechtsquellen ganz
gemäß. L. 109 de V. S. (50.
16.). "Bonae fidei emtor esse
videtur, qui ignoravit eam rem
alienam esse:
aut putavit eum,
qui vendidit, jus vendendi ha-
bere, puta procuratorem, aut
tutorem esse."
Auch ist die in
der Note c angeführte L. 30 C.
de evict.
,
welche den Besitzer vom
Beweise der bona fides entbin-
det, gar nicht auf die Usucapion
eingeschränkt.

Beylage VIII.
bona fides zu rechtfertigen, ſondern auch das Daſeyn der-
ſelben als Thatſache ſo lange feſtzuſtellen, bis der Gegner
die Unredlichkeit beweiſt (c). Dieſes iſt bey der Uſucapion
der durchgreifende Grund, weshalb der Beſitzer ſeine bona
fides
nicht zu beweiſen braucht. Aber auch von dieſem
Grunde abgeſehen, müſſen wir ſagen, daß ſtets Derjenige,
welcher einem Gegner die Unredlichkeit vorwirft, dieſe als
eine Thatſache zu beweiſen hat. Wir verfahren daher am
genaueſten, wenn wir die bona fides überhaupt negativ,
als Abweſenheit eines unredlichen Bewußtſeyns, aus-
drücken (d).

Die Natur des zur Uſucapion tauglichen Titels ſoll
nunmehr genauer feſtgeſtellt werden.

Der Titel beſteht in einem ſolchen Anfang des Beſitzes,
welcher zwar kein Eigenthum giebt (denn ſonſt bedürfte
es keiner ergänzenden Uſucapion), wohl aber zu geben
ſcheint, ſo daß ſelbſt der Beſonnene und Geſchäftskundige
glauben kann, es ſey Eigenthum ſchon jetzt vorhanden.
Was darf nun zum urſprünglichen Eigenthumserwerb feh-
len, damit dennoch für dieſen gerechtfertigten Glauben
Raum bleibe?


(c) L. 30 C. de evict. (8. 45.).
(d) Dieſe Auffaſſung iſt dem
Ausdruck der Rechtsquellen ganz
gemäß. L. 109 de V. S. (50.
16.). „Bonae fidei emtor esse
videtur, qui ignoravit eam rem
alienam esse:
aut putavit eum,
qui vendidit, jus vendendi ha-
bere, puta procuratorem, aut
tutorem esse.”
Auch iſt die in
der Note c angeführte L. 30 C.
de evict.
,
welche den Beſitzer vom
Beweiſe der bona fides entbin-
det, gar nicht auf die Uſucapion
eingeſchränkt.
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[372/0384] Beylage VIII. bona fides zu rechtfertigen, ſondern auch das Daſeyn der- ſelben als Thatſache ſo lange feſtzuſtellen, bis der Gegner die Unredlichkeit beweiſt (c). Dieſes iſt bey der Uſucapion der durchgreifende Grund, weshalb der Beſitzer ſeine bona fides nicht zu beweiſen braucht. Aber auch von dieſem Grunde abgeſehen, müſſen wir ſagen, daß ſtets Derjenige, welcher einem Gegner die Unredlichkeit vorwirft, dieſe als eine Thatſache zu beweiſen hat. Wir verfahren daher am genaueſten, wenn wir die bona fides überhaupt negativ, als Abweſenheit eines unredlichen Bewußtſeyns, aus- drücken (d). Die Natur des zur Uſucapion tauglichen Titels ſoll nunmehr genauer feſtgeſtellt werden. Der Titel beſteht in einem ſolchen Anfang des Beſitzes, welcher zwar kein Eigenthum giebt (denn ſonſt bedürfte es keiner ergänzenden Uſucapion), wohl aber zu geben ſcheint, ſo daß ſelbſt der Beſonnene und Geſchäftskundige glauben kann, es ſey Eigenthum ſchon jetzt vorhanden. Was darf nun zum urſprünglichen Eigenthumserwerb feh- len, damit dennoch für dieſen gerechtfertigten Glauben Raum bleibe? (c) L. 30 C. de evict. (8. 45.). (d) Dieſe Auffaſſung iſt dem Ausdruck der Rechtsquellen ganz gemäß. L. 109 de V. S. (50. 16.). „Bonae fidei emtor esse videtur, qui ignoravit eam rem alienam esse: aut putavit eum, qui vendidit, jus vendendi ha- bere, puta procuratorem, aut tutorem esse.” Auch iſt die in der Note c angeführte L. 30 C. de evict., welche den Beſitzer vom Beweiſe der bona fides entbin- det, gar nicht auf die Uſucapion eingeſchränkt.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/384>, abgerufen am 22.11.2024.