Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. denken, wenn der Testator mündlich testirt, und den Er-ben oder Legatar mit der Hand bezeichnet, dabey aber durch die Schwäche des Gesichts oder die Dunkelheit des Krankenzimmers Personen verwechselt. -- Eben so un- zweifelhaft ist in diesem Fall die Ehe ungültig, selbst wenn im Fall einer solchen Personenverwechslung der kirchliche Segen über das vermeintliche Ehepaar ausgesprochen seyn sollte (c). -- Auf dieselbe Weise muß die Ungültigkeit ei- nes obligatorischen Vertrages behauptet werden, wenn Ein Contrahent durch Verwechslung an einen anderen Contrahenten denkt, als den welcher ihm wirklich gegen- über steht. In manchen Fällen ist dieses so augenschein- lich, daß es nie bezweifelt werden konnte, z. B. wenn ich eine bestimmte Person, die ich nie gesehen habe, beschen- ken will, und wir dafür eine andere Person untergescho- ben wird; eben so wenn ich bey einem bestimmten Künst- ler eine Arbeit bestellen will, ein Anderer aber sich für diesen ausgiebt, und mit mir contrahirt. Allein mit Un- recht haben Manche die Ungültigkeit auf diese Fälle be- schränken wollen, da sie vielmehr allgemein angenommen werden muß (d). Folgende Entscheidungen des Römischen Rechts lassen hieran keinen Zweifel. Wenn ich ein Dar- lehen von Gajus zu empfangen glaube, das in der That Sejus giebt, so entsteht aus dem angegebenen Grund keine (c) Eichhorn II. S. 352. (d) Thibaut Pandekten § 449,
Versuche II. S. 114, Mühlen- bruch § 338, und besonders Ri- chelmann S. 24--32, der diese Frage gründlich behandelt. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. denken, wenn der Teſtator mündlich teſtirt, und den Er-ben oder Legatar mit der Hand bezeichnet, dabey aber durch die Schwäche des Geſichts oder die Dunkelheit des Krankenzimmers Perſonen verwechſelt. — Eben ſo un- zweifelhaft iſt in dieſem Fall die Ehe ungültig, ſelbſt wenn im Fall einer ſolchen Perſonenverwechslung der kirchliche Segen über das vermeintliche Ehepaar ausgeſprochen ſeyn ſollte (c). — Auf dieſelbe Weiſe muß die Ungültigkeit ei- nes obligatoriſchen Vertrages behauptet werden, wenn Ein Contrahent durch Verwechslung an einen anderen Contrahenten denkt, als den welcher ihm wirklich gegen- über ſteht. In manchen Fällen iſt dieſes ſo augenſchein- lich, daß es nie bezweifelt werden konnte, z. B. wenn ich eine beſtimmte Perſon, die ich nie geſehen habe, beſchen- ken will, und wir dafür eine andere Perſon untergeſcho- ben wird; eben ſo wenn ich bey einem beſtimmten Künſt- ler eine Arbeit beſtellen will, ein Anderer aber ſich für dieſen ausgiebt, und mit mir contrahirt. Allein mit Un- recht haben Manche die Ungültigkeit auf dieſe Fälle be- ſchränken wollen, da ſie vielmehr allgemein angenommen werden muß (d). Folgende Entſcheidungen des Römiſchen Rechts laſſen hieran keinen Zweifel. Wenn ich ein Dar- lehen von Gajus zu empfangen glaube, das in der That Sejus giebt, ſo entſteht aus dem angegebenen Grund keine (c) Eichhorn II. S. 352. (d) Thibaut Pandekten § 449,
Verſuche II. S. 114, Mühlen- bruch § 338, und beſonders Ri- chelmann S. 24—32, der dieſe Frage gründlich behandelt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0282" n="270"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> denken, wenn der Teſtator mündlich teſtirt, und den Er-<lb/> ben oder Legatar mit der Hand bezeichnet, dabey aber<lb/> durch die Schwäche des Geſichts oder die Dunkelheit des<lb/> Krankenzimmers Perſonen verwechſelt. — Eben ſo un-<lb/> zweifelhaft iſt in dieſem Fall die Ehe ungültig, ſelbſt wenn<lb/> im Fall einer ſolchen Perſonenverwechslung der kirchliche<lb/> Segen über das vermeintliche Ehepaar ausgeſprochen ſeyn<lb/> ſollte <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#g">Eichhorn</hi><hi rendition="#aq">II.</hi> S. 352.</note>. — Auf dieſelbe Weiſe muß die Ungültigkeit ei-<lb/> nes obligatoriſchen Vertrages behauptet werden, wenn<lb/> Ein Contrahent durch Verwechslung an einen anderen<lb/> Contrahenten denkt, als den welcher ihm wirklich gegen-<lb/> über ſteht. In manchen Fällen iſt dieſes ſo augenſchein-<lb/> lich, daß es nie bezweifelt werden konnte, z. B. wenn ich<lb/> eine beſtimmte Perſon, die ich nie geſehen habe, beſchen-<lb/> ken will, und wir dafür eine andere Perſon untergeſcho-<lb/> ben wird; eben ſo wenn ich bey einem beſtimmten Künſt-<lb/> ler eine Arbeit beſtellen will, ein Anderer aber ſich für<lb/> dieſen ausgiebt, und mit mir contrahirt. Allein mit Un-<lb/> recht haben Manche die Ungültigkeit auf dieſe Fälle be-<lb/> ſchränken wollen, da ſie vielmehr allgemein angenommen<lb/> werden muß <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#g">Thibaut</hi> Pandekten § 449,<lb/> Verſuche <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 114, <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Mühlen-<lb/> bruch</hi></hi> § 338, und beſonders <hi rendition="#g">Ri-<lb/> chelmann</hi> S. 24—32, der dieſe<lb/> Frage gründlich behandelt.</note>. Folgende Entſcheidungen des Römiſchen<lb/> Rechts laſſen hieran keinen Zweifel. Wenn ich ein Dar-<lb/> lehen von Gajus zu empfangen glaube, das in der That<lb/> Sejus giebt, ſo entſteht aus dem angegebenen Grund keine<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0282]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
denken, wenn der Teſtator mündlich teſtirt, und den Er-
ben oder Legatar mit der Hand bezeichnet, dabey aber
durch die Schwäche des Geſichts oder die Dunkelheit des
Krankenzimmers Perſonen verwechſelt. — Eben ſo un-
zweifelhaft iſt in dieſem Fall die Ehe ungültig, ſelbſt wenn
im Fall einer ſolchen Perſonenverwechslung der kirchliche
Segen über das vermeintliche Ehepaar ausgeſprochen ſeyn
ſollte (c). — Auf dieſelbe Weiſe muß die Ungültigkeit ei-
nes obligatoriſchen Vertrages behauptet werden, wenn
Ein Contrahent durch Verwechslung an einen anderen
Contrahenten denkt, als den welcher ihm wirklich gegen-
über ſteht. In manchen Fällen iſt dieſes ſo augenſchein-
lich, daß es nie bezweifelt werden konnte, z. B. wenn ich
eine beſtimmte Perſon, die ich nie geſehen habe, beſchen-
ken will, und wir dafür eine andere Perſon untergeſcho-
ben wird; eben ſo wenn ich bey einem beſtimmten Künſt-
ler eine Arbeit beſtellen will, ein Anderer aber ſich für
dieſen ausgiebt, und mit mir contrahirt. Allein mit Un-
recht haben Manche die Ungültigkeit auf dieſe Fälle be-
ſchränken wollen, da ſie vielmehr allgemein angenommen
werden muß (d). Folgende Entſcheidungen des Römiſchen
Rechts laſſen hieran keinen Zweifel. Wenn ich ein Dar-
lehen von Gajus zu empfangen glaube, das in der That
Sejus giebt, ſo entſteht aus dem angegebenen Grund keine
(c) Eichhorn II. S. 352.
(d) Thibaut Pandekten § 449,
Verſuche II. S. 114, Mühlen-
bruch § 338, und beſonders Ri-
chelmann S. 24—32, der dieſe
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/282>, abgerufen am 24.07.2024. |