beziehen sich sowohl auf das irrende Subject, als auf den Gegenstand des Irrthums.
Was das irrende Subject betrifft, so sind zwey Haupt- fälle möglich:
A. Der Wille eines Einzelnen steht im Widerspruch mit der Erklärung desselben Einzelnen.
Dieses kann ferner vorkommen bey einer einseitigen Willenserklärung; wenn z. B. der Testator, durch Ver- wechslung von Personen, einen Erben oder Legatar ernennt, den er nicht will, oder, durch Verwechslung von Sachen, eine Sache legirt, anstatt daß er eine andere Sache legi- ren wollte.
Eben so aber auch bey einer gegenseitigen Willenser- klärung; entweder so, daß der Eine allein irrt (e), oder auch so daß Jeder derselben irrt (f).
B. Der Wille jedes Einzelnen stimmt mit dessen Erklä- rung überein, so daß also Jeder für sich etwas Bestimm- tes und Wahres denkt und erklärt, aber etwas von dem Gedanken des Andern Verschiedenes. Hier irrt also jeder Einzelne blos über den Willen und die Erklärung des Andern, und nur wenn wir Beide als ein gemeinschaftlich wollendes Subject künstlich zusammenfassen, können wir
(e) So z. B. es kauft Jemand ein vergoldetes Gefäß, das er für ein goldnes hält, während der Verkäufer weiß, daß es nur ver- goldet ist. Hier ist ferner mög- lich, daß der Verkäufer den Irr- thum des Käufers kennt, oder daß er ihn nicht kennt.
(f) So z. B. wenn der Käu- fer und Verkäufer zugleich das vergoldete Gefäß für ein goldnes halten.
§. 135. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche.
beziehen ſich ſowohl auf das irrende Subject, als auf den Gegenſtand des Irrthums.
Was das irrende Subject betrifft, ſo ſind zwey Haupt- fälle möglich:
A. Der Wille eines Einzelnen ſteht im Widerſpruch mit der Erklärung deſſelben Einzelnen.
Dieſes kann ferner vorkommen bey einer einſeitigen Willenserklärung; wenn z. B. der Teſtator, durch Ver- wechslung von Perſonen, einen Erben oder Legatar ernennt, den er nicht will, oder, durch Verwechslung von Sachen, eine Sache legirt, anſtatt daß er eine andere Sache legi- ren wollte.
Eben ſo aber auch bey einer gegenſeitigen Willenser- klärung; entweder ſo, daß der Eine allein irrt (e), oder auch ſo daß Jeder derſelben irrt (f).
B. Der Wille jedes Einzelnen ſtimmt mit deſſen Erklä- rung überein, ſo daß alſo Jeder für ſich etwas Beſtimm- tes und Wahres denkt und erklärt, aber etwas von dem Gedanken des Andern Verſchiedenes. Hier irrt alſo jeder Einzelne blos über den Willen und die Erklärung des Andern, und nur wenn wir Beide als ein gemeinſchaftlich wollendes Subject künſtlich zuſammenfaſſen, können wir
(e) So z. B. es kauft Jemand ein vergoldetes Gefäß, das er für ein goldnes hält, während der Verkäufer weiß, daß es nur ver- goldet iſt. Hier iſt ferner mög- lich, daß der Verkäufer den Irr- thum des Käufers kennt, oder daß er ihn nicht kennt.
(f) So z. B. wenn der Käu- fer und Verkäufer zugleich das vergoldete Gefäß für ein goldnes halten.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0277"n="265"/><fwplace="top"type="header">§. 135. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche.</fw><lb/>
beziehen ſich ſowohl auf das irrende Subject, als auf den<lb/>
Gegenſtand des Irrthums.</p><lb/><p>Was das irrende Subject betrifft, ſo ſind zwey Haupt-<lb/>
fälle möglich:</p><lb/><p><hirendition="#aq">A.</hi> Der Wille eines Einzelnen ſteht im Widerſpruch<lb/>
mit der Erklärung deſſelben Einzelnen.</p><lb/><p>Dieſes kann ferner vorkommen bey einer einſeitigen<lb/>
Willenserklärung; wenn z. B. der Teſtator, durch Ver-<lb/>
wechslung von Perſonen, einen Erben oder Legatar ernennt,<lb/>
den er nicht will, oder, durch Verwechslung von Sachen,<lb/>
eine Sache legirt, anſtatt daß er eine andere Sache legi-<lb/>
ren wollte.</p><lb/><p>Eben ſo aber auch bey einer gegenſeitigen Willenser-<lb/>
klärung; entweder ſo, daß der Eine allein irrt <noteplace="foot"n="(e)">So z. B. es kauft Jemand<lb/>
ein vergoldetes Gefäß, das er für<lb/>
ein goldnes hält, während der<lb/>
Verkäufer weiß, daß es nur ver-<lb/>
goldet iſt. Hier iſt ferner mög-<lb/>
lich, daß der Verkäufer den Irr-<lb/>
thum des Käufers kennt, oder<lb/>
daß er ihn nicht kennt.</note>, oder<lb/>
auch ſo daß Jeder derſelben irrt <noteplace="foot"n="(f)">So z. B. wenn der Käu-<lb/>
fer und Verkäufer zugleich das<lb/>
vergoldete Gefäß für ein goldnes<lb/>
halten.</note>.</p><lb/><p><hirendition="#aq">B.</hi> Der Wille jedes Einzelnen ſtimmt mit deſſen Erklä-<lb/>
rung überein, ſo daß alſo Jeder für ſich etwas Beſtimm-<lb/>
tes und Wahres denkt und erklärt, aber etwas von dem<lb/>
Gedanken des Andern Verſchiedenes. Hier irrt alſo jeder<lb/>
Einzelne blos über den Willen und die Erklärung des<lb/>
Andern, und nur wenn wir Beide als ein gemeinſchaftlich<lb/>
wollendes Subject künſtlich zuſammenfaſſen, können wir<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[265/0277]
§. 135. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche.
beziehen ſich ſowohl auf das irrende Subject, als auf den
Gegenſtand des Irrthums.
Was das irrende Subject betrifft, ſo ſind zwey Haupt-
fälle möglich:
A. Der Wille eines Einzelnen ſteht im Widerſpruch
mit der Erklärung deſſelben Einzelnen.
Dieſes kann ferner vorkommen bey einer einſeitigen
Willenserklärung; wenn z. B. der Teſtator, durch Ver-
wechslung von Perſonen, einen Erben oder Legatar ernennt,
den er nicht will, oder, durch Verwechslung von Sachen,
eine Sache legirt, anſtatt daß er eine andere Sache legi-
ren wollte.
Eben ſo aber auch bey einer gegenſeitigen Willenser-
klärung; entweder ſo, daß der Eine allein irrt (e), oder
auch ſo daß Jeder derſelben irrt (f).
B. Der Wille jedes Einzelnen ſtimmt mit deſſen Erklä-
rung überein, ſo daß alſo Jeder für ſich etwas Beſtimm-
tes und Wahres denkt und erklärt, aber etwas von dem
Gedanken des Andern Verſchiedenes. Hier irrt alſo jeder
Einzelne blos über den Willen und die Erklärung des
Andern, und nur wenn wir Beide als ein gemeinſchaftlich
wollendes Subject künſtlich zuſammenfaſſen, können wir
(e) So z. B. es kauft Jemand
ein vergoldetes Gefäß, das er für
ein goldnes hält, während der
Verkäufer weiß, daß es nur ver-
goldet iſt. Hier iſt ferner mög-
lich, daß der Verkäufer den Irr-
thum des Käufers kennt, oder
daß er ihn nicht kennt.
(f) So z. B. wenn der Käu-
fer und Verkäufer zugleich das
vergoldete Gefäß für ein goldnes
halten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/277>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.