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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 130. Erklärung des Willens. Förmliche.
allmälig und unmerklich sind, und dessen Unterscheidung
von dem vollendeten Wollen eben so schwierig seyn kann,
als sie für den später urtheilenden Richter unentbehrlich
ist. Jene symbolische Form nun dient als untrügliches
Kennzeichen des reifen Entschlusses. Dazu kommen, als
untergeordnete Vortheile, die Sicherung des Beweises für
den Fall eines künftigen Rechtsstreites, so wie die Öffent-
lichkeit, die das neue Rechtsverhältniß durch die symbolische
Form erhält, und die in vielen Fällen wünschenswerth
und wichtig seyn kann. Nicht als ob Römische Gesetzge-
ber (wie etwa der Alles ordnende Romulus) durch die
Erwägung dieser Vortheile bewogen worden wären, die
symbolischen Handlungen willkührlich zu erfinden und vor-
zuschreiben. Wollte ein Gesetzgeber dieses versuchen, so
würde er doch nur die ungeschickte Darstellung eines Schau-
spiels erzwingen, und jene Vortheile würden ihm unter
den Händen meist verschwinden, da sie gerade davon ab-
hängen, daß der Handelnde selbst von dem Werth und
der Bedeutung der Handlung durchdrungen ist. Vielmehr
entstehen solche Formen durch den einer Nation inwohnen-
den bewußtlosen Bildungstrieb, in welchem aber das Be-
dürfniß der oben beschriebenen heilsamen Folgen wirksam ist.

Auch würde es ein großer Irrthum seyn, wenn man
das Daseyn solcher symbolischen Handlungen ausschließend
im Römischen Recht anerkennen wollte. Dieselben zeigen
sich vielmehr bey den verschiedensten Völkerstämmen, und
besonders im alten germanischen Recht nehmen sie eine

§. 130. Erklärung des Willens. Förmliche.
allmälig und unmerklich ſind, und deſſen Unterſcheidung
von dem vollendeten Wollen eben ſo ſchwierig ſeyn kann,
als ſie für den ſpäter urtheilenden Richter unentbehrlich
iſt. Jene ſymboliſche Form nun dient als untrügliches
Kennzeichen des reifen Entſchluſſes. Dazu kommen, als
untergeordnete Vortheile, die Sicherung des Beweiſes für
den Fall eines künftigen Rechtsſtreites, ſo wie die Öffent-
lichkeit, die das neue Rechtsverhältniß durch die ſymboliſche
Form erhält, und die in vielen Fällen wünſchenswerth
und wichtig ſeyn kann. Nicht als ob Römiſche Geſetzge-
ber (wie etwa der Alles ordnende Romulus) durch die
Erwägung dieſer Vortheile bewogen worden wären, die
ſymboliſchen Handlungen willkührlich zu erfinden und vor-
zuſchreiben. Wollte ein Geſetzgeber dieſes verſuchen, ſo
würde er doch nur die ungeſchickte Darſtellung eines Schau-
ſpiels erzwingen, und jene Vortheile würden ihm unter
den Händen meiſt verſchwinden, da ſie gerade davon ab-
hängen, daß der Handelnde ſelbſt von dem Werth und
der Bedeutung der Handlung durchdrungen iſt. Vielmehr
entſtehen ſolche Formen durch den einer Nation inwohnen-
den bewußtloſen Bildungstrieb, in welchem aber das Be-
dürfniß der oben beſchriebenen heilſamen Folgen wirkſam iſt.

Auch würde es ein großer Irrthum ſeyn, wenn man
das Daſeyn ſolcher ſymboliſchen Handlungen ausſchließend
im Römiſchen Recht anerkennen wollte. Dieſelben zeigen
ſich vielmehr bey den verſchiedenſten Völkerſtämmen, und
beſonders im alten germaniſchen Recht nehmen ſie eine

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[239/0251] §. 130. Erklärung des Willens. Förmliche. allmälig und unmerklich ſind, und deſſen Unterſcheidung von dem vollendeten Wollen eben ſo ſchwierig ſeyn kann, als ſie für den ſpäter urtheilenden Richter unentbehrlich iſt. Jene ſymboliſche Form nun dient als untrügliches Kennzeichen des reifen Entſchluſſes. Dazu kommen, als untergeordnete Vortheile, die Sicherung des Beweiſes für den Fall eines künftigen Rechtsſtreites, ſo wie die Öffent- lichkeit, die das neue Rechtsverhältniß durch die ſymboliſche Form erhält, und die in vielen Fällen wünſchenswerth und wichtig ſeyn kann. Nicht als ob Römiſche Geſetzge- ber (wie etwa der Alles ordnende Romulus) durch die Erwägung dieſer Vortheile bewogen worden wären, die ſymboliſchen Handlungen willkührlich zu erfinden und vor- zuſchreiben. Wollte ein Geſetzgeber dieſes verſuchen, ſo würde er doch nur die ungeſchickte Darſtellung eines Schau- ſpiels erzwingen, und jene Vortheile würden ihm unter den Händen meiſt verſchwinden, da ſie gerade davon ab- hängen, daß der Handelnde ſelbſt von dem Werth und der Bedeutung der Handlung durchdrungen iſt. Vielmehr entſtehen ſolche Formen durch den einer Nation inwohnen- den bewußtloſen Bildungstrieb, in welchem aber das Be- dürfniß der oben beſchriebenen heilſamen Folgen wirkſam iſt. Auch würde es ein großer Irrthum ſeyn, wenn man das Daſeyn ſolcher ſymboliſchen Handlungen ausſchließend im Römiſchen Recht anerkennen wollte. Dieſelben zeigen ſich vielmehr bey den verſchiedenſten Völkerſtämmen, und beſonders im alten germaniſchen Recht nehmen ſie eine

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/251>, abgerufen am 22.11.2024.