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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 123. Bedingung. Unsittliche. (Fortsetzung.)
Wahl eines Ehegatten, als Bedingung eines Vermögens-
vortheils (c).

D. Conventionalstrafe, wodurch auf irgend eine Weise
der freye Wille in Ehesachen gefährdet wird. Also Strafe
für den Fall der Unterlassung einer bestimmten Ehe (d),
eben so aber auch Strafe für den Fall der Scheidung (e).

Nach dem Ausdruck mancher der hier angeführten
Stellen könnte man glauben, es wäre jede Bedingung
unsittlich, wodurch irgend ein Einfluß des Eigennutzes auf
solche Entschlüsse herbeygeführt werden könnte; so ist es
jedoch nicht. Vielmehr werden folgende Bedingungen aus-
drücklich als gültig und wirksam anerkannt. Am unbe-
denklichsten gültig ist die Erbeinsetzung oder das Legat un-
ter der Bedingung, wenn der Honorirte überhaupt heu-
rathe (f). Aber es gilt auch die Bedingung, eine be-

(c) L. 28 pr., L. 72 § 4 de
cond.
(35. 1.),
und zwar, nach
dieser letzten Stelle, hauptsächlich
deswegen, weil dieses zu gänzli-
cher Ehelosigkeit führen konnte:
"eamque legis sententiam vi-
deri, ne quod omnino nuptiis
impedimentum inferatur."
Vgl.
oben § 119. t.
(d) L. 71 § 1 de cond. (35.
1.), L. 134 pr. de verb. oblig.
(45. 1.). "... quia inhonestum
visum est, vinculo poenae ma-
trimonia obstringi, sive futu-
ra, sive jam contracta."
In dem
Fall der letzten Stelle sollte nicht
einmal von der Frau selbst, die
nicht heurathen wollte, sondern
von den Erben ihres Vaters, der
den Vertrag geschlossen hatte, die
Strafe bezahlt werden; selbst diese
Bestimmung des Vertrags wird
für ungültig erklärt.
(e) L. 2 C. de inut. stip. (8.
39.) (der Grund ist: "Libera ma-
trimonia esse antiquitus pla-
cuit"). L. 134 pr. de verb. oblig.
(45. 1.) verb. "sive jam con-
tracta"
(Note d). L. 19 eod.
(s. § 122. g).
(f) Sell S. 162. Die Zu-
lässigkeit folgt ohnehin schon aus
der folgenden Bedingung, worin
auch diese mit enthalten ist, nur
mit weit größerer Beschränkung
der Freyheit.

§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)
Wahl eines Ehegatten, als Bedingung eines Vermoͤgens-
vortheils (c).

D. Conventionalſtrafe, wodurch auf irgend eine Weiſe
der freye Wille in Eheſachen gefährdet wird. Alſo Strafe
für den Fall der Unterlaſſung einer beſtimmten Ehe (d),
eben ſo aber auch Strafe für den Fall der Scheidung (e).

Nach dem Ausdruck mancher der hier angeführten
Stellen könnte man glauben, es wäre jede Bedingung
unſittlich, wodurch irgend ein Einfluß des Eigennutzes auf
ſolche Entſchlüſſe herbeygeführt werden koͤnnte; ſo iſt es
jedoch nicht. Vielmehr werden folgende Bedingungen aus-
drücklich als gültig und wirkſam anerkannt. Am unbe-
denklichſten gültig iſt die Erbeinſetzung oder das Legat un-
ter der Bedingung, wenn der Honorirte überhaupt heu-
rathe (f). Aber es gilt auch die Bedingung, eine be-

(c) L. 28 pr., L. 72 § 4 de
cond.
(35. 1.),
und zwar, nach
dieſer letzten Stelle, hauptſächlich
deswegen, weil dieſes zu gänzli-
cher Eheloſigkeit führen konnte:
„eamque legis sententiam vi-
deri, ne quod omnino nuptiis
impedimentum inferatur.”
Vgl.
oben § 119. t.
(d) L. 71 § 1 de cond. (35.
1.), L. 134 pr. de verb. oblig.
(45. 1.). „… quia inhonestum
visum est, vinculo poenae ma-
trimonia obstringi, sive futu-
ra, sive jam contracta.”
In dem
Fall der letzten Stelle ſollte nicht
einmal von der Frau ſelbſt, die
nicht heurathen wollte, ſondern
von den Erben ihres Vaters, der
den Vertrag geſchloſſen hatte, die
Strafe bezahlt werden; ſelbſt dieſe
Beſtimmung des Vertrags wird
für ungültig erklärt.
(e) L. 2 C. de inut. stip. (8.
39.) (der Grund iſt: „Libera ma-
trimonia esse antiquitus pla-
cuit”). L. 134 pr. de verb. oblig.
(45. 1.) verb. „sive jam con-
tracta”
(Note d). L. 19 eod.
(ſ. § 122. g).
(f) Sell S. 162. Die Zu-
läſſigkeit folgt ohnehin ſchon aus
der folgenden Bedingung, worin
auch dieſe mit enthalten iſt, nur
mit weit größerer Beſchränkung
der Freyheit.
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[181/0193] §. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.) Wahl eines Ehegatten, als Bedingung eines Vermoͤgens- vortheils (c). D. Conventionalſtrafe, wodurch auf irgend eine Weiſe der freye Wille in Eheſachen gefährdet wird. Alſo Strafe für den Fall der Unterlaſſung einer beſtimmten Ehe (d), eben ſo aber auch Strafe für den Fall der Scheidung (e). Nach dem Ausdruck mancher der hier angeführten Stellen könnte man glauben, es wäre jede Bedingung unſittlich, wodurch irgend ein Einfluß des Eigennutzes auf ſolche Entſchlüſſe herbeygeführt werden koͤnnte; ſo iſt es jedoch nicht. Vielmehr werden folgende Bedingungen aus- drücklich als gültig und wirkſam anerkannt. Am unbe- denklichſten gültig iſt die Erbeinſetzung oder das Legat un- ter der Bedingung, wenn der Honorirte überhaupt heu- rathe (f). Aber es gilt auch die Bedingung, eine be- (c) L. 28 pr., L. 72 § 4 de cond. (35. 1.), und zwar, nach dieſer letzten Stelle, hauptſächlich deswegen, weil dieſes zu gänzli- cher Eheloſigkeit führen konnte: „eamque legis sententiam vi- deri, ne quod omnino nuptiis impedimentum inferatur.” Vgl. oben § 119. t. (d) L. 71 § 1 de cond. (35. 1.), L. 134 pr. de verb. oblig. (45. 1.). „… quia inhonestum visum est, vinculo poenae ma- trimonia obstringi, sive futu- ra, sive jam contracta.” In dem Fall der letzten Stelle ſollte nicht einmal von der Frau ſelbſt, die nicht heurathen wollte, ſondern von den Erben ihres Vaters, der den Vertrag geſchloſſen hatte, die Strafe bezahlt werden; ſelbſt dieſe Beſtimmung des Vertrags wird für ungültig erklärt. (e) L. 2 C. de inut. stip. (8. 39.) (der Grund iſt: „Libera ma- trimonia esse antiquitus pla- cuit”). L. 134 pr. de verb. oblig. (45. 1.) verb. „sive jam con- tracta” (Note d). L. 19 eod. (ſ. § 122. g). (f) Sell S. 162. Die Zu- läſſigkeit folgt ohnehin ſchon aus der folgenden Bedingung, worin auch dieſe mit enthalten iſt, nur mit weit größerer Beſchränkung der Freyheit.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/193>, abgerufen am 06.05.2024.