Allein es folgt zugleich aus dieser Zusammenstellung, daß überall die Ungültigkeit nur insoweit behauptet wer- den kann, als dabey Derjenige, welcher gab oder versprach, durch Furcht oder Hoffnung bestimmt seyn konnte. Auch beziehen sich alle angeführte Stellen (Note k. m. n.) auf solche Fälle, worin ein eigenes Interesse des Gebers ent- weder augenscheinlich ist, oder als vorausgesetzt leicht hin- zugedacht werden kann. Wenn dagegen Jemand einem Trunkenbold, um dessen Besserung zu befördern, eine Geld- summe verspricht unter der Bedingung, daß derselbe ein ganzes Jahr lang die Trunkenheit vermeide, so ist das Versprechen gültig, weil der Versprechende kein persön- liches Interesse bey Erfüllung der Bedingung hat, also auch nicht zu befürchten ist, daß der Andere durch die Drohung, das Laster fortzusetzen, in unzulässiger Weise auf den Willen des Versprechenden einwirken werde.
Bisher war von solchen Bedingungen die Rede, deren Gegenstand eine an sich selbst unsittliche Handlung ist. Es giebt aber auch mehrere Fälle, in welchen die an sich tadellose Handlung nur dadurch einen unsittlichen Cha- racter annimmt, daß sie eben zur Bedingung eines Rechts-
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§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)
Allein es folgt zugleich aus dieſer Zuſammenſtellung, daß überall die Ungültigkeit nur inſoweit behauptet wer- den kann, als dabey Derjenige, welcher gab oder verſprach, durch Furcht oder Hoffnung beſtimmt ſeyn konnte. Auch beziehen ſich alle angeführte Stellen (Note k. m. n.) auf ſolche Fälle, worin ein eigenes Intereſſe des Gebers ent- weder augenſcheinlich iſt, oder als vorausgeſetzt leicht hin- zugedacht werden kann. Wenn dagegen Jemand einem Trunkenbold, um deſſen Beſſerung zu befördern, eine Geld- ſumme verſpricht unter der Bedingung, daß derſelbe ein ganzes Jahr lang die Trunkenheit vermeide, ſo iſt das Verſprechen gültig, weil der Verſprechende kein perſön- liches Intereſſe bey Erfüllung der Bedingung hat, alſo auch nicht zu befürchten iſt, daß der Andere durch die Drohung, das Laſter fortzuſetzen, in unzuläſſiger Weiſe auf den Willen des Verſprechenden einwirken werde.
Bisher war von ſolchen Bedingungen die Rede, deren Gegenſtand eine an ſich ſelbſt unſittliche Handlung iſt. Es giebt aber auch mehrere Fälle, in welchen die an ſich tadelloſe Handlung nur dadurch einen unſittlichen Cha- racter annimmt, daß ſie eben zur Bedingung eines Rechts-
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§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)
Allein es folgt zugleich aus dieſer Zuſammenſtellung,
daß überall die Ungültigkeit nur inſoweit behauptet wer-
den kann, als dabey Derjenige, welcher gab oder verſprach,
durch Furcht oder Hoffnung beſtimmt ſeyn konnte. Auch
beziehen ſich alle angeführte Stellen (Note k. m. n.) auf
ſolche Fälle, worin ein eigenes Intereſſe des Gebers ent-
weder augenſcheinlich iſt, oder als vorausgeſetzt leicht hin-
zugedacht werden kann. Wenn dagegen Jemand einem
Trunkenbold, um deſſen Beſſerung zu befördern, eine Geld-
ſumme verſpricht unter der Bedingung, daß derſelbe ein
ganzes Jahr lang die Trunkenheit vermeide, ſo iſt das
Verſprechen gültig, weil der Verſprechende kein perſön-
liches Intereſſe bey Erfüllung der Bedingung hat, alſo
auch nicht zu befürchten iſt, daß der Andere durch die
Drohung, das Laſter fortzuſetzen, in unzuläſſiger Weiſe
auf den Willen des Verſprechenden einwirken werde.
§. 123.
III. Willenserklärungen. — Bedingung. Unſittliche.
(Fortſetzung.)
Bisher war von ſolchen Bedingungen die Rede, deren
Gegenſtand eine an ſich ſelbſt unſittliche Handlung iſt.
Es giebt aber auch mehrere Fälle, in welchen die an ſich
tadelloſe Handlung nur dadurch einen unſittlichen Cha-
racter annimmt, daß ſie eben zur Bedingung eines Rechts-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/191>, abgerufen am 21.11.2024.
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