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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 121. Bedingung. Nothwendige und unmögliche
Rechtsgeschäfts unmögliche Bedingung, wenn die Unmög-
lichkeit eine veränderliche Natur hat, als wahre und gül-
tige Bedingung behandelt, bey deren Hinzufügung der Ur-
heber gerade an die vielleicht später eintretende Möglichkeit
gedacht haben wird. So z. B. ist gültig das einer Skla-
vin unter der Bedingung ihrer künftigen Ehe hinterlassene
Legat, obgleich sie zur Zeit des Testaments als Sklavin
einer Ehe unfähig ist; man muß nämlich abwarten, ob sie
künftig freygelassen werde, und dann eine Ehe schließe (v).
Nur muß freylich die Veränderung, wodurch die Möglich-
keit herbeygeführt werden kann, von der Art seyn, daß
man sie als ein gewöhnliches und nicht unwahrscheinliches
Ereigniß wohl erwarten kann (wie z. B. die Freylassung
eines Sklaven); außerdem wäre die Rücksicht auf sie nicht
natürlich, nach Umständen sogar tadelnswerth, und die
Bedingung müßte als eine schlechthin unmögliche behandelt
werden. Dahin gehören z. B. die Bedingungen, wenn ein
freyer Mensch Sklave werden, oder wenn eine res sacra
zur profana gemacht werden sollte (w). -- Aber ganz das-
selbe muß auch bey Verträgen gelten. Wenn also Einer

(v) L. 58 de cond. (35. 1.).
(w) L. 83 § 5 de verb. oblig.
(45. 1.). "... ut ne haec qui-
dem stipulatio de homine li-
bero probanda sit: illum cum
servus erit dare spondes? item:
eum locum, cum ex sacro re-
ligiosove profanus esse coepe-
rit, dari? quia .. ea duntaxat,
quae natura sui possibilia sunt,
deducuntur in obligationem ...
et casum adversamque fortu-
nam spectari hominis liberi,
neque civile, neque naturale
est." ... L.
34 § 1 de contr. emt.
(18. 1.) "nec enim fas est, ejus-
modi casus exspectare."
Vgl.
§ 2 J. de inut. stip. (3. 20.). --
Eben so gilt es als etwas Na-
türliches und Gewöhnliches, daß

§. 121. Bedingung. Nothwendige und unmögliche
Rechtsgeſchäfts unmögliche Bedingung, wenn die Unmoͤg-
lichkeit eine veränderliche Natur hat, als wahre und gül-
tige Bedingung behandelt, bey deren Hinzufügung der Ur-
heber gerade an die vielleicht ſpäter eintretende Möglichkeit
gedacht haben wird. So z. B. iſt gültig das einer Skla-
vin unter der Bedingung ihrer künftigen Ehe hinterlaſſene
Legat, obgleich ſie zur Zeit des Teſtaments als Sklavin
einer Ehe unfähig iſt; man muß nämlich abwarten, ob ſie
künftig freygelaſſen werde, und dann eine Ehe ſchließe (v).
Nur muß freylich die Veränderung, wodurch die Möglich-
keit herbeygeführt werden kann, von der Art ſeyn, daß
man ſie als ein gewöhnliches und nicht unwahrſcheinliches
Ereigniß wohl erwarten kann (wie z. B. die Freylaſſung
eines Sklaven); außerdem wäre die Rückſicht auf ſie nicht
natürlich, nach Umſtänden ſogar tadelnswerth, und die
Bedingung müßte als eine ſchlechthin unmögliche behandelt
werden. Dahin gehören z. B. die Bedingungen, wenn ein
freyer Menſch Sklave werden, oder wenn eine res sacra
zur profana gemacht werden ſollte (w). — Aber ganz daſ-
ſelbe muß auch bey Verträgen gelten. Wenn alſo Einer

(v) L. 58 de cond. (35. 1.).
(w) L. 83 § 5 de verb. oblig.
(45. 1.). „… ut ne haec qui-
dem stipulatio de homine li-
bero probanda sit: illum cum
servus erit dare spondes? item:
eum locum, cum ex sacro re-
ligiosove profanus esse coepe-
rit, dari? quia .. ea duntaxat,
quae natura sui possibilia sunt,
deducuntur in obligationem …
et casum adversamque fortu-
nam spectari hominis liberi,
neque civile, neque naturale
est.” … L.
34 § 1 de contr. emt.
(18. 1.) „nec enim fas est, ejus-
modi casus exspectare.”
Vgl.
§ 2 J. de inut. stip. (3. 20.). —
Eben ſo gilt es als etwas Na-
türliches und Gewöhnliches, daß
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[167/0179] §. 121. Bedingung. Nothwendige und unmögliche Rechtsgeſchäfts unmögliche Bedingung, wenn die Unmoͤg- lichkeit eine veränderliche Natur hat, als wahre und gül- tige Bedingung behandelt, bey deren Hinzufügung der Ur- heber gerade an die vielleicht ſpäter eintretende Möglichkeit gedacht haben wird. So z. B. iſt gültig das einer Skla- vin unter der Bedingung ihrer künftigen Ehe hinterlaſſene Legat, obgleich ſie zur Zeit des Teſtaments als Sklavin einer Ehe unfähig iſt; man muß nämlich abwarten, ob ſie künftig freygelaſſen werde, und dann eine Ehe ſchließe (v). Nur muß freylich die Veränderung, wodurch die Möglich- keit herbeygeführt werden kann, von der Art ſeyn, daß man ſie als ein gewöhnliches und nicht unwahrſcheinliches Ereigniß wohl erwarten kann (wie z. B. die Freylaſſung eines Sklaven); außerdem wäre die Rückſicht auf ſie nicht natürlich, nach Umſtänden ſogar tadelnswerth, und die Bedingung müßte als eine ſchlechthin unmögliche behandelt werden. Dahin gehören z. B. die Bedingungen, wenn ein freyer Menſch Sklave werden, oder wenn eine res sacra zur profana gemacht werden ſollte (w). — Aber ganz daſ- ſelbe muß auch bey Verträgen gelten. Wenn alſo Einer (v) L. 58 de cond. (35. 1.). (w) L. 83 § 5 de verb. oblig. (45. 1.). „… ut ne haec qui- dem stipulatio de homine li- bero probanda sit: illum cum servus erit dare spondes? item: eum locum, cum ex sacro re- ligiosove profanus esse coepe- rit, dari? quia .. ea duntaxat, quae natura sui possibilia sunt, deducuntur in obligationem … et casum adversamque fortu- nam spectari hominis liberi, neque civile, neque naturale est.” … L. 34 § 1 de contr. emt. (18. 1.) „nec enim fas est, ejus- modi casus exspectare.” Vgl. § 2 J. de inut. stip. (3. 20.). — Eben ſo gilt es als etwas Na- türliches und Gewöhnliches, daß

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/179>, abgerufen am 06.05.2024.