Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.§. 115. Zwang und Irrthum. (Fortsetzung.) naue Darstellung der dagegen geltenden Rechtsmittel nurin dem speciellen Theil des Rechtssystems ihre Stelle fin- den. Im Allgemeinen lassen sich diese Rechtsmittel auf dieselben Klassen, wie oben bey dem Zwang, zurückführen: dem Betrogenen wird nach Umständen durch Klage, Ex- ception, oder Restitution geholfen, wie er es gerade be- darf (f). Der durchgreifendste Unterschied zwischen Zwang und Betrug liegt darin, daß die dem Gezwungenen ge- währte Hülfe auch gegen fremde, schuldlose Personen wirkt (in rem), die des Betrogenen nur gegen den Be- trüger und dessen Successoren (in personam) (g). Dabey liegt also die Ansicht zum Grunde, daß in dem Zwang die schlimmere, gefährlichere Störung des Rechtszustandes enthalten ist, vergleichungsweise mit dem Betrug. So wie es oben (§ 114) bey dem Zwang geschehen Der Ausdruck dolus bezeichnet überall eine unsittliche (f) Bey der Ehe gilt für den Betrug wesentlich dasselbe, was oben (§ 114. g) für den Zwang bemerkt worden ist, nur mit dem Unterschied, daß in jedem Fall der wesentliche Betrug vom un- wesentlichen unterschieden werden muß, so daß nur der wesentliche die Ehe vernichtet. Vergl. G. L. Böhmer jus can. § 348. Eich- horn Kirchenrecht II. S. 355. Pufendorf I. obs. 161. (g) Nämlich gegen die Erben
allgemein, gegen die Singular- successoren nur mit Einschrän- kung. Dieses gehört zur genaue- ren Ausführung. §. 115. Zwang und Irrthum. (Fortſetzung.) naue Darſtellung der dagegen geltenden Rechtsmittel nurin dem ſpeciellen Theil des Rechtsſyſtems ihre Stelle fin- den. Im Allgemeinen laſſen ſich dieſe Rechtsmittel auf dieſelben Klaſſen, wie oben bey dem Zwang, zurückführen: dem Betrogenen wird nach Umſtaͤnden durch Klage, Ex- ception, oder Reſtitution geholfen, wie er es gerade be- darf (f). Der durchgreifendſte Unterſchied zwiſchen Zwang und Betrug liegt darin, daß die dem Gezwungenen ge- währte Hülfe auch gegen fremde, ſchuldloſe Perſonen wirkt (in rem), die des Betrogenen nur gegen den Be- trüger und deſſen Succeſſoren (in personam) (g). Dabey liegt alſo die Anſicht zum Grunde, daß in dem Zwang die ſchlimmere, gefährlichere Störung des Rechtszuſtandes enthalten iſt, vergleichungsweiſe mit dem Betrug. So wie es oben (§ 114) bey dem Zwang geſchehen Der Ausdruck dolus bezeichnet überall eine unſittliche (f) Bey der Ehe gilt für den Betrug weſentlich daſſelbe, was oben (§ 114. g) für den Zwang bemerkt worden iſt, nur mit dem Unterſchied, daß in jedem Fall der weſentliche Betrug vom un- weſentlichen unterſchieden werden muß, ſo daß nur der weſentliche die Ehe vernichtet. Vergl. G. L. Böhmer jus can. § 348. Eich- horn Kirchenrecht II. S. 355. Pufendorf I. obs. 161. (g) Nämlich gegen die Erben
allgemein, gegen die Singular- ſucceſſoren nur mit Einſchrän- kung. Dieſes gehört zur genaue- ren Ausführung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0129" n="117"/><fw place="top" type="header">§. 115. Zwang und Irrthum. (Fortſetzung.)</fw><lb/> naue Darſtellung der dagegen geltenden Rechtsmittel nur<lb/> in dem ſpeciellen Theil des Rechtsſyſtems ihre Stelle fin-<lb/> den. Im Allgemeinen laſſen ſich dieſe Rechtsmittel auf<lb/> dieſelben Klaſſen, wie oben bey dem Zwang, zurückführen:<lb/> dem Betrogenen wird nach Umſtaͤnden durch Klage, Ex-<lb/> ception, oder Reſtitution geholfen, wie er es gerade be-<lb/> darf <note place="foot" n="(f)">Bey der Ehe gilt für den<lb/> Betrug weſentlich daſſelbe, was<lb/> oben (§ 114. <hi rendition="#aq">g</hi>) für den Zwang<lb/> bemerkt worden iſt, nur mit dem<lb/> Unterſchied, daß in jedem Fall<lb/> der weſentliche Betrug vom un-<lb/> weſentlichen unterſchieden werden<lb/> muß, ſo daß nur der weſentliche<lb/> die Ehe vernichtet. Vergl. <hi rendition="#aq">G. L.<lb/><hi rendition="#k">Böhmer</hi> jus can.</hi> § 348. <hi rendition="#g">Eich-<lb/> horn</hi> Kirchenrecht <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 355.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Pufendorf</hi> I. obs.</hi> 161.</note>. Der durchgreifendſte Unterſchied zwiſchen Zwang<lb/> und Betrug liegt darin, daß die dem Gezwungenen ge-<lb/> währte Hülfe auch gegen fremde, ſchuldloſe Perſonen<lb/> wirkt <hi rendition="#aq">(in rem)</hi>, die des Betrogenen nur gegen den Be-<lb/> trüger und deſſen Succeſſoren <hi rendition="#aq">(in personam)</hi> <note place="foot" n="(g)">Nämlich gegen die Erben<lb/> allgemein, gegen die Singular-<lb/> ſucceſſoren nur mit Einſchrän-<lb/> kung. Dieſes gehört zur genaue-<lb/> ren Ausführung.</note>. Dabey<lb/> liegt alſo die Anſicht zum Grunde, daß in dem Zwang<lb/> die ſchlimmere, gefährlichere Störung des Rechtszuſtandes<lb/> enthalten iſt, vergleichungsweiſe mit dem Betrug.</p><lb/> <p>So wie es oben (§ 114) bey dem Zwang geſchehen<lb/> iſt, müſſen auch bey dem Betrug die Bedingungen gleich<lb/> hier angegeben werden, unter welchen er dem Irrenden<lb/> Anſpruch auf Schutz gegen die Folgen der Willenserklä-<lb/> rung geben kann.</p><lb/> <p>Der Ausdruck <hi rendition="#aq">dolus</hi> bezeichnet überall eine unſittliche<lb/> Verletzung desjenigen Zutrauens, worauf aller menſchliche<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0129]
§. 115. Zwang und Irrthum. (Fortſetzung.)
naue Darſtellung der dagegen geltenden Rechtsmittel nur
in dem ſpeciellen Theil des Rechtsſyſtems ihre Stelle fin-
den. Im Allgemeinen laſſen ſich dieſe Rechtsmittel auf
dieſelben Klaſſen, wie oben bey dem Zwang, zurückführen:
dem Betrogenen wird nach Umſtaͤnden durch Klage, Ex-
ception, oder Reſtitution geholfen, wie er es gerade be-
darf (f). Der durchgreifendſte Unterſchied zwiſchen Zwang
und Betrug liegt darin, daß die dem Gezwungenen ge-
währte Hülfe auch gegen fremde, ſchuldloſe Perſonen
wirkt (in rem), die des Betrogenen nur gegen den Be-
trüger und deſſen Succeſſoren (in personam) (g). Dabey
liegt alſo die Anſicht zum Grunde, daß in dem Zwang
die ſchlimmere, gefährlichere Störung des Rechtszuſtandes
enthalten iſt, vergleichungsweiſe mit dem Betrug.
So wie es oben (§ 114) bey dem Zwang geſchehen
iſt, müſſen auch bey dem Betrug die Bedingungen gleich
hier angegeben werden, unter welchen er dem Irrenden
Anſpruch auf Schutz gegen die Folgen der Willenserklä-
rung geben kann.
Der Ausdruck dolus bezeichnet überall eine unſittliche
Verletzung desjenigen Zutrauens, worauf aller menſchliche
(f) Bey der Ehe gilt für den
Betrug weſentlich daſſelbe, was
oben (§ 114. g) für den Zwang
bemerkt worden iſt, nur mit dem
Unterſchied, daß in jedem Fall
der weſentliche Betrug vom un-
weſentlichen unterſchieden werden
muß, ſo daß nur der weſentliche
die Ehe vernichtet. Vergl. G. L.
Böhmer jus can. § 348. Eich-
horn Kirchenrecht II. S. 355.
Pufendorf I. obs. 161.
(g) Nämlich gegen die Erben
allgemein, gegen die Singular-
ſucceſſoren nur mit Einſchrän-
kung. Dieſes gehört zur genaue-
ren Ausführung.
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