heit dieses Gewerbes mit dem der eigenen Unzucht (b). Jetzt wurde wahrscheinlich auch dieser Fall in das Edict über die Infamen aufgenommen.
Auf diesen Fall bezieht sich eine Erzählung aus der Zeit des Tiberius, die von der äußersten Versunkenheit des Zeitalters Zeugniß giebt (c). Vornehme Frauen un- ternahmen förmlich die Kuppeley als Gewerbe "ut ad evi- tandas legum poenas jure ac dignitate matronali exsol- verentur." Welche Vortheile konnten sie von dieser Schänd- lichkeit erwarten? Zuerst machten sie sich fähig, freyge- lassene Sklaven, die ihnen gefielen, zu heurathen, was ihnen außerdem die von der Lex Julia mit einer in ihrem Sinn gültigen Ehe verknüpften Vortheile nicht hätte ver- schaffen können (d); allein das heißt nicht ad evitandas le- gum poenas. Zweytens wurden die unverheuratheten Frauen dadurch sicher, für eigene Unzucht nicht nach der Lex Julia de adulteriis bestraft werden zu können, denn das Verbrechen des stuprum (auch wohl adulterium ge- nannt) bezog sich nur auf solche Frauen, die bis zu die- ser Handlung ihre Matronenehre nicht verwirkt hatten (e); dieser Fall war ohne Zweifel gemeynt, denn man fand es nöthig, durch ein besonderes Senatusconsult dem Verbre-
(b) Vgl. Num. XII. b.
(c)Suetonius, Tiber. C. 35.
(d) Daß die Tochter eines Se- nators, wenn sie sich selbst ehr- los machte, dadurch zur Ehe mit einem Freygelassenen fähig wurde, sagt ausdrücklich L. 47 de ritu nupt. (23. 2.); "impune liber- tino nubit," d. h. sie wird dadurch frey von den gesetzlichen Strafen des Cölibats.
(e)L. 13 pr. § 2 ad L. Jul. de adult. (48. 5.).
Beylage VII.
heit dieſes Gewerbes mit dem der eigenen Unzucht (b). Jetzt wurde wahrſcheinlich auch dieſer Fall in das Edict über die Infamen aufgenommen.
Auf dieſen Fall bezieht ſich eine Erzählung aus der Zeit des Tiberius, die von der äußerſten Verſunkenheit des Zeitalters Zeugniß giebt (c). Vornehme Frauen un- ternahmen förmlich die Kuppeley als Gewerbe „ut ad evi- tandas legum poenas jure ac dignitate matronali exsol- verentur.” Welche Vortheile konnten ſie von dieſer Schänd- lichkeit erwarten? Zuerſt machten ſie ſich fähig, freyge- laſſene Sklaven, die ihnen gefielen, zu heurathen, was ihnen außerdem die von der Lex Julia mit einer in ihrem Sinn gültigen Ehe verknüpften Vortheile nicht hätte ver- ſchaffen können (d); allein das heißt nicht ad evitandas le- gum poenas. Zweytens wurden die unverheuratheten Frauen dadurch ſicher, für eigene Unzucht nicht nach der Lex Julia de adulteriis beſtraft werden zu können, denn das Verbrechen des stuprum (auch wohl adulterium ge- nannt) bezog ſich nur auf ſolche Frauen, die bis zu die- ſer Handlung ihre Matronenehre nicht verwirkt hatten (e); dieſer Fall war ohne Zweifel gemeynt, denn man fand es noͤthig, durch ein beſonderes Senatusconſult dem Verbre-
(b) Vgl. Num. XII. b.
(c)Suetonius, Tiber. C. 35.
(d) Daß die Tochter eines Se- nators, wenn ſie ſich ſelbſt ehr- los machte, dadurch zur Ehe mit einem Freygelaſſenen fähig wurde, ſagt ausdrücklich L. 47 de ritu nupt. (23. 2.); „impune liber- tino nubit,” d. h. ſie wird dadurch frey von den geſetzlichen Strafen des Cölibats.
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Beylage VII.
heit dieſes Gewerbes mit dem der eigenen Unzucht (b).
Jetzt wurde wahrſcheinlich auch dieſer Fall in das Edict
über die Infamen aufgenommen.
Auf dieſen Fall bezieht ſich eine Erzählung aus der
Zeit des Tiberius, die von der äußerſten Verſunkenheit
des Zeitalters Zeugniß giebt (c). Vornehme Frauen un-
ternahmen förmlich die Kuppeley als Gewerbe „ut ad evi-
tandas legum poenas jure ac dignitate matronali exsol-
verentur.” Welche Vortheile konnten ſie von dieſer Schänd-
lichkeit erwarten? Zuerſt machten ſie ſich fähig, freyge-
laſſene Sklaven, die ihnen gefielen, zu heurathen, was
ihnen außerdem die von der Lex Julia mit einer in ihrem
Sinn gültigen Ehe verknüpften Vortheile nicht hätte ver-
ſchaffen können (d); allein das heißt nicht ad evitandas le-
gum poenas. Zweytens wurden die unverheuratheten
Frauen dadurch ſicher, für eigene Unzucht nicht nach der
Lex Julia de adulteriis beſtraft werden zu können, denn
das Verbrechen des stuprum (auch wohl adulterium ge-
nannt) bezog ſich nur auf ſolche Frauen, die bis zu die-
ſer Handlung ihre Matronenehre nicht verwirkt hatten (e);
dieſer Fall war ohne Zweifel gemeynt, denn man fand es
noͤthig, durch ein beſonderes Senatusconſult dem Verbre-
(b) Vgl. Num. XII. b.
(c) Suetonius, Tiber. C. 35.
(d) Daß die Tochter eines Se-
nators, wenn ſie ſich ſelbſt ehr-
los machte, dadurch zur Ehe mit
einem Freygelaſſenen fähig wurde,
ſagt ausdrücklich L. 47 de ritu
nupt. (23. 2.); „impune liber-
tino nubit,” d. h. ſie wird dadurch
frey von den geſetzlichen Strafen
des Cölibats.
(e) L. 13 pr. § 2 ad L. Jul.
de adult. (48. 5.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/570>, abgerufen am 16.07.2024.
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