Jede Capitis deminutio erscheint uns nun als Degrada- tion in Beziehung auf einen der drey Status. Und so zeigt sich jetzt nach allen Seiten hin ein völlig befriedi- gender innerer Zusammenhang, anstatt der bey der ande- ren Erklärungsweise wahrgenommenen Willkührlichkeit und Inconsequenz.
Indessen kann dieser innere Zusammenhang doch nur als negative Rechtfertigung der zuletzt versuchten Erklä- rungsweise gelten. Das Unlogische kann allerdings nicht geduldet werden, aber das logisch Tadellose ist darum noch nicht historisch wahr. Und so wird es sich in der That durch die nachfolgende Untersuchung ergeben, daß auch diese letzte Erklärungsweise, ungeachtet ihrer formalen Ta- dellosigkeit, dennoch aufgegeben werden muß.
IV.
Hugo hat, im richtigen Gefühl der Mangelhaftigkeit der gewöhnlichen Lehre vom Status, nicht blos die drey Status verworfen, sondern auch dem Ausdruck Status jede technische Bedeutung abgesprochen. Nach ihm heißt Sta- tus, und eben so conditio, so viel als Zustand oder Be- schaffenheit überhaupt, es wird von Juristen so wie jedes andere Wort aus dem gemeinen Leben gelegentlich ge- braucht, ist aber durchaus kein juristisches Kunstwort (a).
Und in der That findet sich dieser unbestimmte, nicht- technische Gebrauch des Worts sehr häufig, sowohl bey
(a)Hugo Rechtsgeschichte Ausg. 11. S. 118.
Beylage VI.
Jede Capitis deminutio erſcheint uns nun als Degrada- tion in Beziehung auf einen der drey Status. Und ſo zeigt ſich jetzt nach allen Seiten hin ein völlig befriedi- gender innerer Zuſammenhang, anſtatt der bey der ande- ren Erklärungsweiſe wahrgenommenen Willkührlichkeit und Inconſequenz.
Indeſſen kann dieſer innere Zuſammenhang doch nur als negative Rechtfertigung der zuletzt verſuchten Erklä- rungsweiſe gelten. Das Unlogiſche kann allerdings nicht geduldet werden, aber das logiſch Tadelloſe iſt darum noch nicht hiſtoriſch wahr. Und ſo wird es ſich in der That durch die nachfolgende Unterſuchung ergeben, daß auch dieſe letzte Erklärungsweiſe, ungeachtet ihrer formalen Ta- delloſigkeit, dennoch aufgegeben werden muß.
IV.
Hugo hat, im richtigen Gefühl der Mangelhaftigkeit der gewöhnlichen Lehre vom Status, nicht blos die drey Status verworfen, ſondern auch dem Ausdruck Status jede techniſche Bedeutung abgeſprochen. Nach ihm heißt Sta- tus, und eben ſo conditio, ſo viel als Zuſtand oder Be- ſchaffenheit überhaupt, es wird von Juriſten ſo wie jedes andere Wort aus dem gemeinen Leben gelegentlich ge- braucht, iſt aber durchaus kein juriſtiſches Kunſtwort (a).
Und in der That findet ſich dieſer unbeſtimmte, nicht- techniſche Gebrauch des Worts ſehr häufig, ſowohl bey
(a)Hugo Rechtsgeſchichte Ausg. 11. S. 118.
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Beylage VI.
Jede Capitis deminutio erſcheint uns nun als Degrada-
tion in Beziehung auf einen der drey Status. Und ſo
zeigt ſich jetzt nach allen Seiten hin ein völlig befriedi-
gender innerer Zuſammenhang, anſtatt der bey der ande-
ren Erklärungsweiſe wahrgenommenen Willkührlichkeit und
Inconſequenz.
Indeſſen kann dieſer innere Zuſammenhang doch nur
als negative Rechtfertigung der zuletzt verſuchten Erklä-
rungsweiſe gelten. Das Unlogiſche kann allerdings nicht
geduldet werden, aber das logiſch Tadelloſe iſt darum noch
nicht hiſtoriſch wahr. Und ſo wird es ſich in der That
durch die nachfolgende Unterſuchung ergeben, daß auch
dieſe letzte Erklärungsweiſe, ungeachtet ihrer formalen Ta-
delloſigkeit, dennoch aufgegeben werden muß.
IV.
Hugo hat, im richtigen Gefühl der Mangelhaftigkeit
der gewöhnlichen Lehre vom Status, nicht blos die drey
Status verworfen, ſondern auch dem Ausdruck Status jede
techniſche Bedeutung abgeſprochen. Nach ihm heißt Sta-
tus, und eben ſo conditio, ſo viel als Zuſtand oder Be-
ſchaffenheit überhaupt, es wird von Juriſten ſo wie jedes
andere Wort aus dem gemeinen Leben gelegentlich ge-
braucht, iſt aber durchaus kein juriſtiſches Kunſtwort (a).
Und in der That findet ſich dieſer unbeſtimmte, nicht-
techniſche Gebrauch des Worts ſehr häufig, ſowohl bey
(a) Hugo Rechtsgeſchichte Ausg. 11. S. 118.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/464>, abgerufen am 25.11.2024.
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