Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 100. Juristische Personen. Verfassung. (Fortsetzung.)
die oben dargestellten wichtigeren Geschäfte nur zum größ-
ten Vortheil der Corporationen gereichen können; sie wird
nicht nur das Interesse der Nachkommen wahrnehmen,
sondern auch das der Einzelnen, die durch den eigennützi-
gen Willen der Mehrheit verletzt werden könnten; sie wird
zwar bey allen Gemeinden, also auch den städtischen, statt
finden (d), jedoch am häufigsten und sichtbarsten bey den-
jenigen, die wie die Dorfgemeinden keine ausgebildete Ver-
fassung haben, und bey welchen daher das Interesse der
Corporation mit dem Eigennutz der Einzelnen in die un-
mittelbarste Collision kommt.

Unter allen oben angegebenen Geschäften, worauf eine
Einwirkung des Staats räthlich seyn kann, ist keines, das
durch häufiges und gleichförmiges Vorkommen eine solche
Wichtigkeit hätte, wie die Gemeinheitstheilung, das
heißt die Vertheilung solcher Corporationsgrundstücke an
die Einzelnen, welche auch bisher schon von den Einzel-
nen benutzt wurden (§ 98 Num. 4. B); mehrere der oben
angeführten allgemeineren Schriften sind zunächst durch
das wichtige Interesse dieses Gegenstandes veranlaßt. Die
unbedingte Macht der Majorität kann hier, wie in ande-
ren Fällen, zu der schreyendsten Ungerechtigkeit führen;

(d) In der Preußischen revi-
dirten Städteordnung von 1831
§ 117 -- 123 wird zu folgenden
Geschäften der Städte die Ein-
willigung der vorgesetzten Staats-
behörde erfordert: Veräußerung
von Grundstücken, Gemeinheits-
theilungen, Veräußerung von
Sammlungen, Anleihen, Ankauf
von Grundstücken, Auflagen, Ver-
wandlung von Bürgervermögen
in Kämmereyvermögen. Gesetz-
sammlung 1831 S. 28--30.
23*

§. 100. Juriſtiſche Perſonen. Verfaſſung. (Fortſetzung.)
die oben dargeſtellten wichtigeren Geſchäfte nur zum größ-
ten Vortheil der Corporationen gereichen können; ſie wird
nicht nur das Intereſſe der Nachkommen wahrnehmen,
ſondern auch das der Einzelnen, die durch den eigennützi-
gen Willen der Mehrheit verletzt werden könnten; ſie wird
zwar bey allen Gemeinden, alſo auch den ſtädtiſchen, ſtatt
finden (d), jedoch am häufigſten und ſichtbarſten bey den-
jenigen, die wie die Dorfgemeinden keine ausgebildete Ver-
faſſung haben, und bey welchen daher das Intereſſe der
Corporation mit dem Eigennutz der Einzelnen in die un-
mittelbarſte Colliſion kommt.

Unter allen oben angegebenen Geſchäften, worauf eine
Einwirkung des Staats räthlich ſeyn kann, iſt keines, das
durch häufiges und gleichförmiges Vorkommen eine ſolche
Wichtigkeit hätte, wie die Gemeinheitstheilung, das
heißt die Vertheilung ſolcher Corporationsgrundſtücke an
die Einzelnen, welche auch bisher ſchon von den Einzel-
nen benutzt wurden (§ 98 Num. 4. B); mehrere der oben
angeführten allgemeineren Schriften ſind zunächſt durch
das wichtige Intereſſe dieſes Gegenſtandes veranlaßt. Die
unbedingte Macht der Majorität kann hier, wie in ande-
ren Fällen, zu der ſchreyendſten Ungerechtigkeit führen;

(d) In der Preußiſchen revi-
dirten Städteordnung von 1831
§ 117 — 123 wird zu folgenden
Geſchäften der Städte die Ein-
willigung der vorgeſetzten Staats-
behörde erfordert: Veräußerung
von Grundſtücken, Gemeinheits-
theilungen, Veräußerung von
Sammlungen, Anleihen, Ankauf
von Grundſtücken, Auflagen, Ver-
wandlung von Bürgervermögen
in Kämmereyvermögen. Geſetz-
ſammlung 1831 S. 28—30.
23*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0369" n="355"/><fw place="top" type="header">§. 100. Juri&#x017F;ti&#x017F;che Per&#x017F;onen. Verfa&#x017F;&#x017F;ung. (Fort&#x017F;etzung.)</fw><lb/>
die oben darge&#x017F;tellten wichtigeren Ge&#x017F;chäfte nur zum größ-<lb/>
ten Vortheil der Corporationen gereichen können; &#x017F;ie wird<lb/>
nicht nur das Intere&#x017F;&#x017F;e der Nachkommen wahrnehmen,<lb/>
&#x017F;ondern auch das der Einzelnen, die durch den eigennützi-<lb/>
gen Willen der Mehrheit verletzt werden könnten; &#x017F;ie wird<lb/>
zwar bey allen Gemeinden, al&#x017F;o auch den &#x017F;tädti&#x017F;chen, &#x017F;tatt<lb/>
finden <note place="foot" n="(d)">In der Preußi&#x017F;chen revi-<lb/>
dirten Städteordnung von 1831<lb/>
§ 117 &#x2014; 123 wird zu folgenden<lb/>
Ge&#x017F;chäften der Städte die Ein-<lb/>
willigung der vorge&#x017F;etzten Staats-<lb/>
behörde erfordert: Veräußerung<lb/>
von Grund&#x017F;tücken, Gemeinheits-<lb/>
theilungen, Veräußerung von<lb/>
Sammlungen, Anleihen, Ankauf<lb/>
von Grund&#x017F;tücken, Auflagen, Ver-<lb/>
wandlung von Bürgervermögen<lb/>
in Kämmereyvermögen. Ge&#x017F;etz-<lb/>
&#x017F;ammlung 1831 S. 28&#x2014;30.</note>, jedoch am häufig&#x017F;ten und &#x017F;ichtbar&#x017F;ten bey den-<lb/>
jenigen, die wie die Dorfgemeinden keine ausgebildete Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung haben, und bey welchen daher das Intere&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Corporation mit dem Eigennutz der Einzelnen in die un-<lb/>
mittelbar&#x017F;te Colli&#x017F;ion kommt.</p><lb/>
            <p>Unter allen oben angegebenen Ge&#x017F;chäften, worauf eine<lb/>
Einwirkung des Staats räthlich &#x017F;eyn kann, i&#x017F;t keines, das<lb/>
durch häufiges und gleichförmiges Vorkommen eine &#x017F;olche<lb/>
Wichtigkeit hätte, wie die <hi rendition="#g">Gemeinheitstheilung</hi>, das<lb/>
heißt die Vertheilung &#x017F;olcher Corporationsgrund&#x017F;tücke an<lb/>
die Einzelnen, welche auch bisher &#x017F;chon von den Einzel-<lb/>
nen benutzt wurden (§ 98 Num. 4. <hi rendition="#aq">B</hi>); mehrere der oben<lb/>
angeführten allgemeineren Schriften &#x017F;ind zunäch&#x017F;t durch<lb/>
das wichtige Intere&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;es Gegen&#x017F;tandes veranlaßt. Die<lb/>
unbedingte Macht der Majorität kann hier, wie in ande-<lb/>
ren Fällen, zu der &#x017F;chreyend&#x017F;ten Ungerechtigkeit führen;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">23*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0369] §. 100. Juriſtiſche Perſonen. Verfaſſung. (Fortſetzung.) die oben dargeſtellten wichtigeren Geſchäfte nur zum größ- ten Vortheil der Corporationen gereichen können; ſie wird nicht nur das Intereſſe der Nachkommen wahrnehmen, ſondern auch das der Einzelnen, die durch den eigennützi- gen Willen der Mehrheit verletzt werden könnten; ſie wird zwar bey allen Gemeinden, alſo auch den ſtädtiſchen, ſtatt finden (d), jedoch am häufigſten und ſichtbarſten bey den- jenigen, die wie die Dorfgemeinden keine ausgebildete Ver- faſſung haben, und bey welchen daher das Intereſſe der Corporation mit dem Eigennutz der Einzelnen in die un- mittelbarſte Colliſion kommt. Unter allen oben angegebenen Geſchäften, worauf eine Einwirkung des Staats räthlich ſeyn kann, iſt keines, das durch häufiges und gleichförmiges Vorkommen eine ſolche Wichtigkeit hätte, wie die Gemeinheitstheilung, das heißt die Vertheilung ſolcher Corporationsgrundſtücke an die Einzelnen, welche auch bisher ſchon von den Einzel- nen benutzt wurden (§ 98 Num. 4. B); mehrere der oben angeführten allgemeineren Schriften ſind zunächſt durch das wichtige Intereſſe dieſes Gegenſtandes veranlaßt. Die unbedingte Macht der Majorität kann hier, wie in ande- ren Fällen, zu der ſchreyendſten Ungerechtigkeit führen; (d) In der Preußiſchen revi- dirten Städteordnung von 1831 § 117 — 123 wird zu folgenden Geſchäften der Städte die Ein- willigung der vorgeſetzten Staats- behörde erfordert: Veräußerung von Grundſtücken, Gemeinheits- theilungen, Veräußerung von Sammlungen, Anleihen, Ankauf von Grundſtücken, Auflagen, Ver- wandlung von Bürgervermögen in Kämmereyvermögen. Geſetz- ſammlung 1831 S. 28—30. 23*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/369
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/369>, abgerufen am 24.11.2024.