Zeugen abgehört werden (welches bey Sklaven stets auf der Folter geschah). War nun der Bürger einer Stadt- gemeinde in Criminaluntersuchung, so durften die der Stadt zugehörenden Sklaven gegen ihn als Zeugen gebraucht wer- den, weil er an diesen nicht den geringsten Antheil hatte (d).
Bezog sich das Eigenthum auf Sklaven, so konnten diese, wie alle andere Sklaven, freygelassen werden, und die juristische Person erwarb dadurch volles Patronats- recht, namentlich auch das patronatische Erbrecht. Diese Sätze sind für die Zeit der ausgebildeten Rechtswissenschaft unzweifelhaft, und zwar in Anwendung sowohl auf Stadt- gemeinden, als auf alle andere Arten juristischer Personen (e). Die Geschichte derselben ist weniger klar. Aus der Zeit von Trajan wird eine Lex vectibulici angeführt, welche den Italischen Städten die Freylassung ihrer Sklaven ge- stattet haben soll: ein Senatusconsult unter Hadrian dehnte dieselbe auf die Provinzialstädte aus (f). Marc Aurel ge- stattete endlich auch den Collegien die Freylassung ihrer Sklaven und die Erwerbung des Patronats (g). Nach diesen Angaben könnte man glauben, vor Trajan hätten juristische Personen gar nicht manumittiren können. Allein schon Varro erwähnt Freygelassene des Römischen Staats, der Municipien, der Societates, und der fana, als etwas
(d)L. 1 § 7 de quaest. (48. 18.) (s. o. § 87. c).
(e)L. 1. 2. 3 de manumission. quae servis (40. 3.), L. un. de libertis univ. (38. 3.), L. 10 § 4 de in j. voc. (2. 4.), L. 25 § 2 de adquir. vel om. her. (29. 2.).
(f)L. 3 C. de servis reipub. (7. 9.). -- Bach Trajanus p. 152, Bach hist. juris p. 380 ed. 6.
(g)L. 1. 2 de manumission. quae servis (40. 3.).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
Zeugen abgehört werden (welches bey Sklaven ſtets auf der Folter geſchah). War nun der Bürger einer Stadt- gemeinde in Criminalunterſuchung, ſo durften die der Stadt zugehörenden Sklaven gegen ihn als Zeugen gebraucht wer- den, weil er an dieſen nicht den geringſten Antheil hatte (d).
Bezog ſich das Eigenthum auf Sklaven, ſo konnten dieſe, wie alle andere Sklaven, freygelaſſen werden, und die juriſtiſche Perſon erwarb dadurch volles Patronats- recht, namentlich auch das patronatiſche Erbrecht. Dieſe Sätze ſind für die Zeit der ausgebildeten Rechtswiſſenſchaft unzweifelhaft, und zwar in Anwendung ſowohl auf Stadt- gemeinden, als auf alle andere Arten juriſtiſcher Perſonen (e). Die Geſchichte derſelben iſt weniger klar. Aus der Zeit von Trajan wird eine Lex vectibulici angeführt, welche den Italiſchen Städten die Freylaſſung ihrer Sklaven ge- ſtattet haben ſoll: ein Senatusconſult unter Hadrian dehnte dieſelbe auf die Provinzialſtädte aus (f). Marc Aurel ge- ſtattete endlich auch den Collegien die Freylaſſung ihrer Sklaven und die Erwerbung des Patronats (g). Nach dieſen Angaben könnte man glauben, vor Trajan hätten juriſtiſche Perſonen gar nicht manumittiren können. Allein ſchon Varro erwähnt Freygelaſſene des Römiſchen Staats, der Municipien, der Societates, und der fana, als etwas
(d)L. 1 § 7 de quaest. (48. 18.) (ſ. o. § 87. c).
(e)L. 1. 2. 3 de manumission. quae servis (40. 3.), L. un. de libertis univ. (38. 3.), L. 10 § 4 de in j. voc. (2. 4.), L. 25 § 2 de adquir. vel om. her. (29. 2.).
(f)L. 3 C. de servis reipub. (7. 9.). — Bach Trajanus p. 152, Bach hist. juris p. 380 ed. 6.
(g)L. 1. 2 de manumission. quae servis (40. 3.).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0300"n="286"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/>
Zeugen abgehört werden (welches bey Sklaven ſtets auf<lb/>
der Folter geſchah). War nun der Bürger einer Stadt-<lb/>
gemeinde in Criminalunterſuchung, ſo durften die der Stadt<lb/>
zugehörenden Sklaven gegen ihn als Zeugen gebraucht wer-<lb/>
den, weil er an dieſen nicht den geringſten Antheil hatte <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L</hi>. 1 § 7 <hirendition="#i">de quaest</hi>.</hi> (48. 18.)<lb/>
(ſ. o. § 87. <hirendition="#aq">c</hi>).</note>.</p><lb/><p>Bezog ſich das Eigenthum auf Sklaven, ſo konnten<lb/>
dieſe, wie alle andere Sklaven, freygelaſſen werden, und<lb/>
die juriſtiſche Perſon erwarb dadurch volles Patronats-<lb/>
recht, namentlich auch das patronatiſche Erbrecht. Dieſe<lb/>
Sätze ſind für die Zeit der ausgebildeten Rechtswiſſenſchaft<lb/>
unzweifelhaft, und zwar in Anwendung ſowohl auf Stadt-<lb/>
gemeinden, als auf alle andere Arten juriſtiſcher Perſonen <noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L</hi>. 1. 2. 3 <hirendition="#i">de manumission.<lb/>
quae servis</hi> (40. 3.), <hirendition="#i">L. un. de<lb/>
libertis univ</hi>. (38. 3.), <hirendition="#i">L</hi>. 10 § 4<lb/><hirendition="#i">de in j. voc</hi>. (2. 4.), <hirendition="#i">L</hi>. 25 § 2<lb/><hirendition="#i">de adquir. vel om. her</hi>. (29. 2.).</hi></note>.<lb/>
Die Geſchichte derſelben iſt weniger klar. Aus der Zeit<lb/>
von Trajan wird eine <hirendition="#aq">Lex vectibulici</hi> angeführt, welche<lb/>
den Italiſchen Städten die Freylaſſung ihrer Sklaven ge-<lb/>ſtattet haben ſoll: ein Senatusconſult unter Hadrian dehnte<lb/>
dieſelbe auf die Provinzialſtädte aus <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L</hi>. 3 <hirendition="#i">C. de servis reipub</hi>.<lb/>
(7. 9.). —<hirendition="#k">Bach</hi> Trajanus p. 152,<lb/><hirendition="#k">Bach</hi> hist. juris p. 380 ed. 6.</hi></note>. Marc Aurel ge-<lb/>ſtattete endlich auch den Collegien die Freylaſſung ihrer<lb/>
Sklaven und die Erwerbung des Patronats <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L</hi>. 1. 2 <hirendition="#i">de manumission.<lb/>
quae servis</hi> (40. 3.).</hi></note>. Nach<lb/>
dieſen Angaben könnte man glauben, vor Trajan hätten<lb/>
juriſtiſche Perſonen gar nicht manumittiren können. Allein<lb/>ſchon Varro erwähnt Freygelaſſene des Römiſchen Staats,<lb/>
der Municipien, der <hirendition="#aq">Societates,</hi> und der <hirendition="#aq">fana,</hi> als etwas<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[286/0300]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
Zeugen abgehört werden (welches bey Sklaven ſtets auf
der Folter geſchah). War nun der Bürger einer Stadt-
gemeinde in Criminalunterſuchung, ſo durften die der Stadt
zugehörenden Sklaven gegen ihn als Zeugen gebraucht wer-
den, weil er an dieſen nicht den geringſten Antheil hatte (d).
Bezog ſich das Eigenthum auf Sklaven, ſo konnten
dieſe, wie alle andere Sklaven, freygelaſſen werden, und
die juriſtiſche Perſon erwarb dadurch volles Patronats-
recht, namentlich auch das patronatiſche Erbrecht. Dieſe
Sätze ſind für die Zeit der ausgebildeten Rechtswiſſenſchaft
unzweifelhaft, und zwar in Anwendung ſowohl auf Stadt-
gemeinden, als auf alle andere Arten juriſtiſcher Perſonen (e).
Die Geſchichte derſelben iſt weniger klar. Aus der Zeit
von Trajan wird eine Lex vectibulici angeführt, welche
den Italiſchen Städten die Freylaſſung ihrer Sklaven ge-
ſtattet haben ſoll: ein Senatusconſult unter Hadrian dehnte
dieſelbe auf die Provinzialſtädte aus (f). Marc Aurel ge-
ſtattete endlich auch den Collegien die Freylaſſung ihrer
Sklaven und die Erwerbung des Patronats (g). Nach
dieſen Angaben könnte man glauben, vor Trajan hätten
juriſtiſche Perſonen gar nicht manumittiren können. Allein
ſchon Varro erwähnt Freygelaſſene des Römiſchen Staats,
der Municipien, der Societates, und der fana, als etwas
(d) L. 1 § 7 de quaest. (48. 18.)
(ſ. o. § 87. c).
(e) L. 1. 2. 3 de manumission.
quae servis (40. 3.), L. un. de
libertis univ. (38. 3.), L. 10 § 4
de in j. voc. (2. 4.), L. 25 § 2
de adquir. vel om. her. (29. 2.).
(f) L. 3 C. de servis reipub.
(7. 9.). — Bach Trajanus p. 152,
Bach hist. juris p. 380 ed. 6.
(g) L. 1. 2 de manumission.
quae servis (40. 3.).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/300>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.